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Context Nr. 5 / Mai 2013 - Zeitmanagement (PDF ... - KV Schweiz

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schnell. Und vor allem im Rückblick ist alles anders.» Er erzählt<br />

von den langen Tagen in der Rekrutenschule, dem Warten, dem<br />

trägen Vorbeiziehen der Stunden. Und doch denkt er nun, wo er<br />

alles hinter sich hat: Es war eine kurze Zeit.<br />

Und wie sieht er die Zukunft? Wie wird die Zeit da sein? Als<br />

Kind und Jugendlicher liegt eine Unendlichkeit vor einem. Vieles<br />

ist sehr offen und ungewiss, und das Leben scheint endlos.<br />

Mit dem Fortschreiten der Jahre wird es konkreter und die Zeit<br />

anders wahrgenommen. Sven Sprenger sagt: «Ja, ich habe das<br />

Gefühl, die Zeit wird schnell vergehen bis 40, weil vieles mehr<br />

oder weniger bestimmt ist: das Bachelorstudium, der Master,<br />

den ich anhängen will, andere Weiterbildungen, die berufliche<br />

Laufbahn, Reisen, vielleicht eine Familie. Ich habe so viel Pläne<br />

für diese Zeit, das macht sie wohl schnell.»<br />

Oft fremdbestimmt<br />

Katja Seifried hat Familie. Die Mutter von dreijährigen Zwillingen,<br />

die sie gemeinsam mit ihrem Mann betreut, ist selbstständige<br />

Texterin und Dozentin an der Hochschule für Wirtschaft<br />

Zürich. «Seit ich Kinder habe, ist meine Zeit stark fremdbestimmt.<br />

Es braucht sehr viel Koordination, um alles zu vereinbaren»,<br />

sagt sie. Dies gelinge ihr auch, weil sie als Freelance ihre<br />

Zeit selber einteilen könne. Sie sei daher froh, habe sie keine fixen<br />

Arbeitszeiten. Und doch: Trotz Selbstbestimmung muss<br />

Katja Seifried genau planen. Die Kinder müssen pünktlich von<br />

der Krippe abgeholt, die Betreuungszeiten eingehalten und die<br />

Aufträge termingerecht erfüllt werden. «Irgendwie geht es<br />

immer, aber manchmal ächzt es im Gebälk.» Katja Seifried hat<br />

viel Energie und ist stresserprobt. Sie weiss aber auch, wie es sich<br />

anfühlt, wenn die Batterien leer sind, weil die Belastung durch<br />

Familie und Beruf das Erträgliche übersteigt. Sie hat gelernt,<br />

bewusst mit ihrer Zeit umzugehen. «Die ruhigeren Zeiten mit<br />

weniger Aufträgen geniesse ich unterdessen, ohne mir gleich<br />

etwas Neues aufzuladen. Vor allem habe ich gelernt, dabei kein<br />

schlechtes Gewissen zu haben.» Als Selbstständigerwerbende<br />

sei dies nicht immer einfach.<br />

Einfach da<br />

Was ist also die Zeit? Auf jeden Fall ist sie schwierig zu begreifen.<br />

Christina Ochsner Canak, Redaktorin und Inhaberin eines Geschäftes<br />

für türkisches Kunsthandwerk, sagt: «Zeit ist für mich<br />

ein abstraktes und gleichzeitig stark präsentes Mittel, um Ereignisse<br />

in ihrer Dauer zu messen und in ihrer Abfolge zu ordnen.<br />

Sie strukturiert mein Leben in Vergangenes und Gegenwärtiges<br />

und verspricht Zukünftiges. Zeit ist irgendwie einfach da und<br />

andererseits – vor allem durch die<br />

«Die Zeit ist allumfassend,<br />

ewiggültig und unerschöpflich.»<br />

Christina Ochsner<br />

Einteilung in Tag, Stunde, Minute,<br />

Sekunde – auch menschengemacht.<br />

Sie ist allumfassend, ewiggültig,<br />

unerschöpflich und gleichzeitig<br />

stresst sie uns durch ihr unerbittliches Zerrinnen oder ihr<br />

Stehenbleiben. Objektiv erfassbar und subjektiv erlebt.»<br />

Mit ihren zwei Jobs ist Christina Ochsner besonders gefordert,<br />

was das <strong>Zeitmanagement</strong> betrifft. Einerseits arbeitet sie als<br />

Angestellte und muss sich an Arbeitszeiten halten. Andererseits<br />

ist sie als Selbstständige sehr frei. Zu ihren zwei Zeitwelten<br />

sagt sie: «Im Büro fühle ich mich wegen unseres detaillierten<br />

Zeiterfassungssystems etwas beobachtet darin, für welche Arbeit<br />

ich wie viel Zeit aufwende. Trotzdem kann ich in der Ruhe<br />

meines Arbeitsplatzes relativ selbstständig entscheiden, wann<br />

ich was mache, solange es zum vereinbarten Termin fertig ist.<br />

Erreichbarkeit hat Grenzen<br />

Immer mehr Arbeitnehmende fühlen sich verpflichtet, auch in<br />

der Freizeit für ihren Arbeitgeber ständig per Handy erreichbar<br />

zu sein, abends noch schnell die E-<strong>Mai</strong>ls abzurufen oder den<br />

Laptop auch in die Ferien mitzunehmen. Die Gründe für diese<br />

vermeintliche Verpflichtung sind vielfältig: Sie reichen von der<br />

tatsächlichen Notwendigkeit, auch ausserhalb der üblichen<br />

Arbeitszeit arbeiten zu können, über das Gewährleisten der Ansprechbarkeit<br />

aus Angst um den Arbeitsplatz bis zum Glauben,<br />

dass ohne die Möglichkeit, ständig persönlich eingreifen zu<br />

können, die Arbeitswelt tatsächlich stillstehe.<br />

Die beinahe grenzenlosen Möglichkeiten der heutigen Kommunikationsmittel<br />

machen es möglich, rund um die Uhr erreichbar<br />

zu sein. Mit dieser Situation sinnvoll umzugehen, ist dabei<br />

eine echte Herausforderung. Die vom <strong>KV</strong> <strong>Schweiz</strong> herausgegebene<br />

Info-Schrift «Nonstop@work» zeigt Arbeitnehmenden wie<br />

auch Unternehmen, wie sie kompetent und zum Vorteil aller die<br />

technischen Errungenschaften nutzen können. Tipps und Tricks<br />

helfen, einen massvollen Umgang mit den elektronischen Mitteln<br />

zu finden.<br />

Im Laden bin ich zwar eigentlich freier und könnte als meine<br />

eigene Chefin auch einfach mal den Laden schliessen und einen<br />

Nachmittag am See verbringen. Trotzdem fühle ich mich fremdbestimmter<br />

als im Büro, weil Kundinnen oder Besucher ohne<br />

Anmeldung und Termin kommen und ich dadurch meine Arbeit<br />

– Regale auffüllen, neu dekorieren, Buchhaltung – nicht immer<br />

dann machen kann, wann ich will.»<br />

Welche Zeitwelt ihr lieber ist, kann Christina Ochsner nicht<br />

sagen. Das ändere sich von Tag zu Tag und hänge von den Arbeiten<br />

und der persönlichen Verfassung ab.<br />

«Zufrieden bin ich dann, wenn ich das, was<br />

ich mir vorgenommen habe, auf angenehme<br />

Weise erledigen kann und ein greifbares<br />

Resultat habe.»<br />

Was ist sie nun also, die Zeit? Schwer zu sagen. Mir bleiben,<br />

wenn es gut läuft, noch 14 000 Tage. Das ist nicht sehr viel. Oder<br />

doch? Man sollte nicht zu oft an die Zeit denken, dafür in ihr<br />

leben. Jetzt.<br />

Rolf Murbach ist <strong>Context</strong>-Redaktor.<br />

rolf.murbach@kvschweiz.ch<br />

Reto Schlatter ist Fotograf im Zürcher Presseladen.<br />

mail@retoschlatter.ch<br />

Nonstop@work<br />

Hg. vom <strong>KV</strong> <strong>Schweiz</strong>. CHF 18.–,<br />

für Mitglieder kostenlos,<br />

auch als E-Paper verfügbar.<br />

Bezug: <strong>KV</strong> <strong>Schweiz</strong>,<br />

Tel. 044 283 45 45 oder<br />

www.kvschweiz.ch/infoschriften<br />

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context 5 – <strong>2013</strong>

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