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Context Nr. 5 / Mai 2013 - Zeitmanagement (PDF ... - KV Schweiz

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30<br />

Berufsmaturität<br />

Chance, die ihnen im späteren beruflichen<br />

Leben bessere Möglichkeiten bietet.<br />

Deswegen wird die BM 1 auch gewählt, als<br />

ein sinnvoller Weg. Gabriel Fischer von<br />

der Abteilung Bildungspolitik des <strong>KV</strong><br />

<strong>Schweiz</strong> sagt, die Berufsmaturität sei für<br />

die Attraktivität der gesamten Berufsbildung<br />

sehr wichtig. «Der Königsweg in diesem<br />

Sinne ist sicherlich, wenn man mit<br />

dem Lehrabschluss auch gleich das Berufsmaturitätszeugnis<br />

erhält.»<br />

Man traut es sich nicht zu<br />

Fischer weiss aber auch, dass «die Belastung<br />

von Lehre und BM sehr hoch ist. Es<br />

stellt sich die Frage wie die Vereinbarkeit<br />

besser gefördert werden kann.» Die jungen<br />

Leute fragen sich also zu Recht, ob sie<br />

den Anforderungen der BM gewachsen<br />

sind. Offensichtlich kommen sie oft zum<br />

Schluss, dass dem nicht so ist – insbesondere<br />

das Fach Französisch scheint viele<br />

abzuschrecken. Bei schlechteren und<br />

mittelmässigen Schüler/innen mag dies<br />

stimmen. Aber Martin Berger hat entdeckt,<br />

dass Jugendliche zu viele Vorurteile<br />

haben und ihre Entscheide gegen<br />

eine BM 1 manchmal auf Fehlinformationen<br />

gründen.<br />

Dies erstaunt, müsste es doch das Ziel<br />

des Berufswahlunterrichts sein, den<br />

Schüler/innen ein genaues Bild ihrer Fähigkeiten<br />

und der Anforderungen aller<br />

Angebote auf der Sekundarstufe 2 sowie<br />

der Arbeitswelt zu vermitteln. Weil die<br />

angehenden Lernenden die Empfehlungen<br />

der Lehrkräfte ignorieren, wie aus der<br />

Studie hervorgeht, stellt sich die Frage<br />

nicht nur für Berger, sondern auch für<br />

Ausbildner, ob auf der Sekundarstufe 1 die<br />

BM 1 hinreichend behandelt werde und<br />

allenfalls ein Imageproblem habe.<br />

Berger sagt, Lehrpersonen mit gymnasialer<br />

Vorbildung würden die Möglichkeiten<br />

der dualen Berufsbildung meist<br />

nicht aus eigener Erfahrung kennen, was<br />

die Unterstützung der BM für sie zu einer<br />

Herausforderung mache. Er plädiert dafür,<br />

dass der BM bei der Ausbildung in den<br />

pädagogischen Hochschulen mehr Platz<br />

eingeräumt wird, und rät dazu, die Jugendlichen<br />

im Berufswahlunterricht mit<br />

dem Aufbau und den Leistungsanforderungen<br />

der BM 1 vertraut zu machen.<br />

Weiter empfiehlt er, die Leistungstests<br />

auf der Sekundarstufe 1 auf die BM 1 zu eichen,<br />

damit die Schülerinnen und Schüler<br />

genau wissen, woran sie sind, und zum<br />

Beispiel Berufsmaturand/innen in den<br />

Unterricht einzuladen.<br />

«Die Belastung von Lehre und BM ist sehr hoch. Es stellt<br />

sich die Frage, wie man die Vereinbarkeit fördern kann.»<br />

Gabriel Fischer<br />

Sie kosten nicht mehr<br />

Laut Experten berücksichtigen viele Betriebe<br />

Lernende ohne BM 1 und benachteiligen<br />

auf diese Weise Interessierte. Dabei<br />

spielen mehrere Faktoren mit. Bergers<br />

Studie sieht zwei wesentliche: die Einschätzung<br />

des Kosten-Nutzen-Verhältnisses<br />

und die Auswahlkriterien bei der<br />

Selektion von Lernenden.<br />

Zu berücksichtigen ist im ersten Fall<br />

die zusätzliche Abwesenheit der Berufsmaturand/innen.<br />

Dadurch fällt mehr Arbeitskraft<br />

weg. Auf der anderen Seite wird<br />

der Betreuungsaufwand kleiner und die<br />

Ausbildungskosten werden reduziert. Insgesamt<br />

kommen die Bildungsexperten<br />

Jürg Schweri und Stefan Wolter in verschiedenen<br />

Studien zum Schluss, dass<br />

das Kosten-Nutzen-Verhältnis von Lernenden<br />

und Berufsmaturand/innen<br />

gleich ist.<br />

Weniger in kleinen Firmen<br />

Bergers Studie zeigt, dass Lernende in<br />

kleineren Unternehmen deutlich seltener<br />

die BM absolvieren als ihre Kolleg/innen<br />

in grösseren Firmen. Die Arbeitsabsenz<br />

respektive der Produktionsausfall sind<br />

von grösseren Betrieben besser verkraftbar.<br />

Weil solche Firmen auch einen höheren<br />

Bedarf an Fachkräften haben, bilden<br />

sie eher Lernende aus und versuchen, sie<br />

zu halten. Das heisst, der Kosten-Nutzen<br />

ist für sie grösser als für Kleinbetriebe.<br />

Grössere Unternehmen sind auch darauf<br />

aus, sehr gute Schüler/innen als Lernende<br />

zu gewinnen. Das bedeutet, sie rekrutieren<br />

wenn immer möglich Jugendliche,<br />

die die Leistungsanforderungen der<br />

BM 1 erfüllen können.<br />

Berger folgert daraus, dass KMU aus<br />

betriebswirtschaftlichen Gründen eher<br />

weniger Bereitschaft zeigen, Berufsmaturand/innen<br />

auszubilden. Er sagt, dies sei<br />

zwar nachvollziehbar, aber langfristig gesehen<br />

ein schlechter Entscheid: «dann<br />

nämlich, wenn die Betriebe Mühe und<br />

Kosten haben, genügend Fachkräfte zu<br />

finden». Dieses Problem wird sich ja bekanntlich<br />

in den nächsten Jahren enorm<br />

verstärken.<br />

Berger schlägt vor, den KMU den Nutzen<br />

der BM 1 und die Kostenrechnung<br />

stärker vor Augen zu führen. Sinnvoll<br />

wäre es, vor allem bei kleineren Firmen<br />

Anreize für das Ausbilden von Berufsmaturand/innen<br />

zu schaffen. Ein gutes Beispiel<br />

sind Labels, mit denen sich Betriebe<br />

als BM-freundlich abheben, wie im Lehrstellennachweis<br />

beider Basel.<br />

Gute Durchmischung bringt es<br />

Peter Rüesch, Berufsbildungsverantwortlicher<br />

und Leiter HR beim <strong>KV</strong> <strong>Schweiz</strong>,<br />

sagt zur Thematik, ihm sei klar, dass für<br />

viele Lehrbetriebe die Frage nach dem<br />

Kosten-Nutzen-Verhältnis eine zentrale<br />

sei. Er ist aber der Ansicht, dass die Fragen<br />

«nach der Überzeugung oder dem<br />

Commitment zur Arbeit mit den jungen<br />

Menschen und der Passung ihrer Eigenschaften<br />

und Persönlichkeiten mit den<br />

Einsatzmöglichkeiten als Lernende im<br />

Betrieb und mit dessen Kultur deutlich<br />

wichtiger sind».<br />

Aktuell absolvieren beim <strong>KV</strong> <strong>Schweiz</strong><br />

zwei der fünf Lernenden die BM 1. «Mit<br />

dieser Mischung machen wir gute Erfahrungen»,<br />

sagt Rüesch. Der Verband strebe<br />

stets eine möglichst breite respektive eine<br />

realistisch breite Durchmischung der<br />

Lernenden an, auch in Bezug auf die Profile.<br />

«Wenn eine Lernende oder ein Lernender<br />

die BM parallel zur Grundbildung<br />

absolvieren kann, ohne dass eine Überforderung<br />

riskiert wird, empfehlen wir<br />

unseren Lernenden diese Variante.»<br />

*Dies sind die Zahlen für die Berufsmaturitäten aller<br />

sechs Richtungen. Bei der kaufmännischen Richtung,<br />

die am meisten gewählt wird, ist das Verhältnis<br />

von BM 1 zu BM 2 noch zwei Drittel zu einem<br />

Drittel.<br />

Quelle<br />

Martin Berger: Der Bildungsentscheid zur BMS1 –<br />

Weshalb Berufslernende (nicht) den schnellsten<br />

Weg zur Berufsmatur einschlagen. Masterarbeit<br />

Universität Basel & FHNW, <strong>2013</strong><br />

Andrea Mašek ist <strong>Context</strong>-Redaktorin.<br />

andrea.masek@kvschweiz.ch<br />

context 5 – <strong>2013</strong>

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