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BR L EI T P Z L O I CR H T<br />

Trend<br />

Proteomforschung:<br />

Zellbiochemische Methoden<br />

gewinnen an Bedeutung<br />

MATHIAS DREGER, INSTITUT FÜR CHEMIE – BIOCHEMIE, AG NEUROCHEMIE, FREIE UNIVERSITÄT BERLIN<br />

Die Identifizierung von Proteinen mit proteinchemischen Methoden ist durch den Einsatz immer<br />

empfindlicherer und genauerer Massenspektrometer und der Möglichkeit eines immer höheren<br />

Probendurchsatzes erfolgreich wie nie zuvor. Jedoch bleibt der inhaltliche Anspruch der Proteomik,<br />

nämlich die vollständige Beschreibung der Proteinausstattung eines untersuchten Systems in dem<br />

Zustand zum Zeitpunkt der Untersuchung, bislang eher ein ehrgeiziges Ziel. Aufgrund der Sichtbarkeit<br />

der Leistungsgrenzen, insbesondere hinsichtlich der aktuell dominierenden Separationstechnik,<br />

zeichnet sich ein zusätzlicher Bedarf an alternativen experimentellen Strategien in der Proteomanalyse<br />

ab.<br />

Die Proteomanalyse „der ersten Generation“<br />

basiert auf drei Kerntechnologien:<br />

Mittels zweidimensionaler Gelelektrophorese<br />

werden die Proteine aufgetrennt bzw.<br />

dargestellt. Die Trennung erfolgt mittels<br />

isoelektrischer Fokussierung in der ersten<br />

und SDS-Polyacrylamid-Gelelektrophorese<br />

in der zweiten Dimension (2D-<br />

IEF/SDS-PAGE)<br />

Die Massenspektrometrie generiert Daten ,<br />

die für die Proteinidentifizierung benötigt<br />

werden – und<br />

Die Bioinformatik dient hier vor allem der<br />

Datenbankrecherche mit massenspektrometrischen<br />

Daten.<br />

Ein zentrales Anliegen dieses „klassischen“<br />

Ansatzes ist es, auch die Proteine sehr komplexer<br />

Proben wie Gewebehomogenaten auf<br />

großen 2D-Gelen darzustellen und proteinchemisch<br />

– vor allem massenspektrometrisch<br />

– identifizieren zu können. Ein Ziel ist die<br />

Detektion bisher unbekannter Proteine, ohne<br />

die Notwendigkeit einer vorangehenden Anreicherung.<br />

Ein zweites besteht darin, durch<br />

Vergleich der Proteinmuster aus Proben des<br />

untersuchten Systems in zwei verschiedenen<br />

physiologischen Zuständen schnell Differenzspots<br />

zu finden – zum Beispiel korrespondierend<br />

zu vermutlich krankheitsrelevanten<br />

Genprodukten.<br />

Einer der attraktivsten Aspekte einer solchen<br />

Strategie ist es, daß extrem wenige<br />

Vorausannahmen für die Analyse erforderlich<br />

sind –␣ vor allem, welcher Art die Veränderungen<br />

auf Proteinebene sein könnten.<br />

Dazu kommt, daß die Proben bis zur zweidimensionalen<br />

Auftrennung bei dieser Strategie<br />

nur minimal manipuliert werden müßten.<br />

Damit schien eine Art proteinchemisches<br />

Screening greifbar, wie es sonst nur<br />

aus der Molekularbiologie auf Nukleinsäureebene<br />

bekannt war. Dem Sensitivitätsnachteil<br />

etwa gegenüber den Differential Display-Methoden<br />

zum mRNA-Nachweis konnte<br />

bei einem Screening auf Proteinebene entgegengesetzt<br />

werden, daß nur wirklich vorhandene<br />

Proteine unter Berücksichtigung<br />

ihrer Spleißvarianten sowie co- und posttranslationaler<br />

Modifikationen untersucht<br />

würden.<br />

Mittlerweile wird zunehmend klar, daß die<br />

Strategie, alle Proteinkomponenten eines<br />

komplexen Systems auf einem einzigen Gel<br />

darzustellen und zu identifizieren, beim<br />

derzeitigen Stand der Technik nicht realisierbar<br />

ist. Das Proteomik-Konzept wandelt<br />

sich daher zur Zeit und wird weiterentwikkelt.<br />

Für erfolgreichere Analysen scheint es<br />

sinnvoll, einerseits die experimentellen Fragestellungen<br />

stärker zu fokussieren und zu<br />

präzisieren, andererseits eine größeres Repertoire<br />

an Techniken zu nutzen.<br />

Identifizierung unbekannter<br />

eukaryontischer Proteine<br />

Abb. 1: Struktur des<br />

Zellkerns<br />

Mit der zunehmend breiten Anwendung der<br />

Proteomik-Kerntechnologie der 2D-IEF/<br />

SDS-PAGE für unterschiedlichste Forschungsprojekte<br />

wurden Grenzen der Leistungsfähigkeit<br />

der Methode in ihrer derzeitigen<br />

Form sichtbar: Zwar wird eine vergleichbare<br />

Effizienz der Proteintrennung<br />

durch keine andere Methode erreicht. Die<br />

Kapazität der Gele kann jedoch nicht der<br />

stark unterschiedlichen Menge verschiedener<br />

Proteine gerecht werden: Seltene, vor<br />

allem regulatorische, Proteine werden nur<br />

unzureichend detektiert 1 . Überwiegend werden<br />

auf Gelen, auf denen Proben aus komplexeren<br />

eukaryontischen Geweben aufgetrennt<br />

worden sind, vor allem Proteine des<br />

Zytoskeletts, des Intermediärstoffwechsels,<br />

Chaperone sowie einige mitochondriale Proteine<br />

identifiziert. Die Listen identifizierter<br />

Proteine aus verschiedensten Geweben oder<br />

Organen sind häufig annähernd deckungsgleich.<br />

Die Schlußfolgerung daraus ist, daß<br />

sich die Analyse hier auf die Ebene einiger<br />

Housekeeping-Proteine beschränkt. Die Detektion<br />

bisher unbekannter Proteine scheint<br />

zumindest bei gut untersuchten Organismen<br />

die Ausnahme.<br />

Ebenso ist nachteilig, daß integrale Membranproteine<br />

unterrepräsentiert sind 2 , was umso<br />

schwerer wiegt, da zahlreiche potentiell pharmakologisch<br />

„interessante“, membranständige<br />

Proteine wahrscheinlich in niedriger Kopienzahl<br />

vorliegen. Die Ursachen für die schlechte<br />

Darstellbarkeit integraler Membranproteine<br />

mittels 2D-IEF/SDS-PAGE sind noch nicht<br />

wirklich geklärt, so daß mit technischen Innovationen<br />

vielleicht überraschende Verbesserungen<br />

erzielt werden können.<br />

Neuerdings gehen immer mehr Arbeitsgruppen<br />

dazu über, subzelluläre Fraktionen anstelle<br />

von Homogenaten zu verwenden, um<br />

bislang unbekannte Proteine zu identifizieren.<br />

Diesen Trend dokumentiert die Zeitschrift<br />

ELECTROPHORESIS, die dem Thema subzelluläre<br />

Proteome eine ganze Ausgabe widmete<br />

3 . Als subzelluläre Fraktionen können<br />

beispielsweise bestimmte Zellorganellen wie<br />

Mitochondrien oder Zellkerne gewonnen<br />

werden. Auch werden zunehmend Multiproteinkomplexe<br />

untersucht.<br />

|transkript LABORWELT Nr. 4/2000 | 17

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