PDF Download - Laborwelt
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B L I T Z L I C H T<br />
Einmal bestückt, ist der Sensor-Chip mehrfach,<br />
im Idealfall bis mehr als tausend Mal,<br />
einsetzbar. Man injiziert einen Rohextrakt<br />
oder einen gereinigten Interaktionspartner,<br />
verfolgt die Bindung am Bildschirm<br />
und regeneriert dann die Oberfläche, um<br />
sie im folgenden Zyklus erneut einzusetzen<br />
(Abb. 2). Pro Chip stehen aktuell bis zu<br />
vier separate Meßspuren zur Verfügung,<br />
die getrennt oder gemeinsam angesteuert<br />
werden können. Üblicherweise dient eine<br />
Spur als Kontrolle. Die serielle Injektion<br />
einer einzigen Probe über Meß- und Kontroll-Oberfläche<br />
liefert die in-line-Referenz,<br />
die erheblich zur Präzision der Analysen<br />
beiträgt 4 .<br />
Affinität, Kinetik, spezifische<br />
Konzentration<br />
Nach der Analyse des Proteoms und der<br />
Identifizierung relevanter Proteine ergeben<br />
sich automatisch weitere Fragen.<br />
Sind die Proteine mit Informationen aus<br />
Datenbank und Literatur hinreichend<br />
beschrieben<br />
Agieren die identifizierten Proteine gemeinsam<br />
Existieren weitere Moleküle, mit denen<br />
die Proteine in Wechselwirkung treten<br />
Was ist die Funktion von bislang unbekannten<br />
Proteinen<br />
All diese Fragen führen letztlich zu Bindungsstudien<br />
(Abb. 3). Sowohl der Aufbau<br />
von Molekülkomplexen oder Zellstrukturen<br />
als auch die Aktionen von Rezeptoren<br />
und Regulatoren beruhen auf Wechselwirkungen.<br />
Je genauer man diese kennt, desto<br />
präziser kann man Abläufe während eines<br />
spezifischen biologischen Ereignisses bepartner<br />
bei definierten Konzentrationen<br />
und Pufferbedingungen injiziert. Die Auswerte-Software<br />
greift direkt auf die originalen<br />
Bindungskurven zurück, um Assoziations-<br />
und Dissoziationsraten sowie Affinitäten<br />
zu berechnen. „Globales Fitting“<br />
ist hier das Stichwort, das die simultane<br />
Auswertung eines kompletten Kurvensatzes<br />
bezeichnet. So lassen sich neben Einszu-Eins-Interaktionen<br />
auch komplexere Ereignisse<br />
wie heterogene Proben, Konformationsänderungen<br />
oder Bivalenzen handhaben<br />
6 .<br />
Bei der Bestimmung von Konzentrationen<br />
wird ausschließlich biologisch aktives Material<br />
gemessen. Das am Sensor-Chip gekoppelte<br />
Detektionsmolekül gibt dabei die<br />
Spezifität vor. Für die Nahrungsmittelanalyse<br />
gibt es etwa Kits zur Bestimmung von<br />
Biotin, Folsäure, Vitamin B 12<br />
, Clenbuterol,<br />
Sulfamethazin und Sulfadiazin. Daneben<br />
In naher Zukunft wird die Parallelisierung<br />
dieser Biosensoren weiter erhöht werden:<br />
Eine Kooperation von Millenium Pharmawird<br />
in Kürze ein validiertes System für<br />
die Prozeß-Optimierung und Qualitätskontrolle<br />
auf den Markt kommen 2 .<br />
Interaktionsanalysen<br />
in den Proteomics<br />
Abb. 2: Sensorgramm. Der<br />
Kurvenverlauf zeigt den<br />
Signalanstieg während der<br />
Injektion (Assoziation) und<br />
den Abfall im direkt<br />
anschließenden Pufferfluß<br />
(Dissoziation). Die Kästchen<br />
zeigen den jeweiligen<br />
Zustand am Sensor-Chip.<br />
schreiben und relevante Targets erkennen.<br />
So geben beispielsweise Affinitäten innerhalb<br />
einer Signaltransduktionskette Auskunft<br />
darüber, ob Bindungspartner schon<br />
bei niedrigen Konzentrationen (hohe Affinität)<br />
oder erst bei hohen Konzentrationen<br />
(niedrige Affinität) miteinander interagieren.<br />
Die Kinetik liefert Daten über die Geschwindigkeit<br />
einer Komplexbildung und<br />
über die Dauer der Bindung.<br />
Fischen neuer Liganden<br />
Proteom- und Genomforschung bringen eine<br />
Vielzahl an bislang kaum beschriebenen Proteinen<br />
hervor, die an bestimmten Ereignissen<br />
beteiligt sind oder aufgrund von Homologie-<br />
Vergleichen interessante Funktionen ausüben<br />
könnten. Findet man die Bindepartner, so hat<br />
man einen großen Schritt in Richtung Funktionsaufklärung<br />
getan. Dieses Liganden-Fi-<br />
Die Sensorgramme (Abb. 2) zeigen schon<br />
während der Messung an, ob eine Wechselwirkung<br />
mit dem auf dem Chip immobilisierten<br />
Molekül stattfindet. Diese qualitative<br />
Ja/Nein-Antwort ist zunächst ausreichend,<br />
wenn es darum geht, Bindeaktivitäten<br />
nachzuweisen. Für detaillierte Analysen<br />
werden die gereinigten Interaktionsschen<br />
kann mit der SPR-Technologie auf unterschiedliche<br />
Weise erfolgen 7 .<br />
Einerseits dient der Biosensor als Monitor<br />
bei der Suche und Aufreinigung neuer Interaktionspartner.<br />
Das zu untersuchende Protein<br />
oder Biomolekül ist am Sensor-Chip<br />
gebunden, über den dann die verschiedenen<br />
Extrakte oder Kulturmedien injiziert werden.<br />
Der Signalausschlag zeigt an, in welcher<br />
Probe Bindeaktivität vorhanden ist. Bei<br />
der chromatographischen Trennung testet<br />
man auf die gleiche Weise die einzelnen<br />
Fraktionen auf aktive Moleküle, bis man<br />
sauberes Material für eine Sequenzanalyse<br />
erhält.<br />
In jüngster Zeit sind Arbeiten 8,9 publiziert<br />
worden, in denen die Biosensor-Technologie<br />
direkt als präparatives Hilfsmittel genutzt<br />
wird. Dabei ist anzumerken, daß ein<br />
Signalausschlag von 1000 Resonanz-Units<br />
der Anlagerung von 1 ng Protein entspricht,<br />
welches für eine nachgeschaltete Analyse im<br />
Massenspektrometer ausreicht. Das Material,<br />
das am immobilisierten Partner bindet, wird<br />
eluiert und in MALDI-TOF-, NanoESI- oder<br />
nanoESI-MS-MS analysiert 8 . In einem anderen<br />
Ansatz wird der Sensor-Chip direkt im<br />
MALDI-TOF zur Untersuchung der Liganden<br />
eingesetzt 9 .<br />
Protein-Drug-Wechselwirkungen<br />
Viele Fragestellung in der Proteom-Forschung<br />
zielen darauf ab, geeignete Targets zu identifizieren<br />
(Abb. 3). Im High-Throughput-<br />
Screening (HTS) testet man anschließend<br />
Substanzbanken auf bindende oder inhibierende<br />
Stoffe. Die SPR-Technologie unterstützt<br />
den Assay-Aufbau für das HTS<br />
durch schnelle und präzise Festlegung von<br />
Reaktionszeiten oder Pufferbedingungen.<br />
Das Sekundär-Screening der im HTS gefundenen<br />
Hits ist die besondere Stärke des<br />
Biosensors 10 . Detaillierte Bindungsdaten,<br />
exakt kontrollierte Meßbedingungen und<br />
kurze Analysezeiten sind die Grundlage<br />
für effektives Nachtesten von Hits und<br />
Optimieren von Lead-Komponenten. Im<br />
weiteren Verlauf des Drug-Discovery Prozesses<br />
sind „Early ADME“ (Adsorption,<br />
Distribution, Metabolism, and Excretion)<br />
Studien durchzuführen 11 . Aktuell kommt<br />
es zur Verknüpfung von Biosensor-Daten<br />
mit Chemoinformatik-Software. Erste Ergebnisse<br />
bei Interaktionen niedermolekularer<br />
Substanzen mit humanem Serum-Albumin<br />
zeigten, welche chemischen Gruppen<br />
einen positiven oder negativen Effekt<br />
auf die HSA-Bindung ausüben 12 .<br />
Ausblick: SPR-Array-Chips<br />
22 | Nr. 4/2000 |transkript LABORWELT