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Spende - Salvatorkolleg

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80 Ein Jahr in Tansania<br />

und 100 drei-sechsjährige Kinder, die dann in sondern auch ihre Spiel- und Kuschelkame-<br />

81<br />

Als ich vor einem Jahr aufgebrochen bin, um<br />

einen einjährigen Einsatz als Freiwillige in<br />

Tansania zu erleben, wusste ich nicht, was<br />

mich erwarten würde. In einem Gefühlskarussell<br />

von Neugierde, Abschiedsschmerz, Angst,<br />

aber vor allem Vorfreude verbrachte ich die<br />

letzten Tage in Deutschland.<br />

Nach vier Wochen Sprachkurs für die Landessprache<br />

Kiswahili machte ich mich dann<br />

auf zu meinem Einsatzort. Dieses Dorf heißt<br />

Nandembo und liegt im Süden Tansanias, in<br />

einer der ärmsten Gegenden des Landes. Ich<br />

wusste im Vorhinein, dass Nandembo ein<br />

kleines Dorf ist ohne Strom, ohne fließend<br />

Wasser, fast nur mit Lehmhütten. Doch es<br />

ist noch einmal etwas ganz anderes, es dann<br />

nach 7 Stunden Fahrt auf Sandpiste in echt zu<br />

sehen und zu wissen, das ist meine Heimat für<br />

die nächsten 11 Monate.<br />

Aber ich wurde nett empfangen und gut<br />

aufgenommen von den drei Ordensschwestern<br />

der Salvatorianerinnen, bei denen ich<br />

wohnen sollte.<br />

Am darauf folgenden Tag wurde ich im Kindergarten,<br />

meiner Arbeitsstelle, vorgestellt<br />

und wurde sofort ins kalte Wasser geworfen,<br />

da ich gleich eine Unterrichtseinheit allein<br />

habe übernehmen müssen bzw. dürfen. In<br />

den Kindergarten kamen täglich zwischen 80<br />

drei Altersstufen unterteilt wurden. Ich war<br />

die Lehrerin für die Ältesten, die im darauf<br />

folgenden Jahr in die Grundschule wechselten.<br />

Im Kindergarten ist es nämlich so, dass nicht<br />

nur gespielt wird, sondern auch eine Stunde<br />

pro Tag richtig gelehrt und gelernt wird. Meine<br />

Aufgabe war es also auch, den Kindern das<br />

Lesen, Schreiben, Rechnen und ein bisschen<br />

Englisch beizubringen.<br />

Zu Beginn meiner Arbeit im Kindergarten<br />

stand ich vor einigen Problemen, die mir anfangs<br />

wirklich zu schaffen machten. Zunächst<br />

war da die Sprache; die Grundlagen waren<br />

zwar vorhanden, trotzdem konnte ich mich<br />

erstmal nur stammelnd unterhalten und da<br />

war es auch gar nicht so einfach, die Kinder zu<br />

bändigen. Dass ich zunächst keine Autorität<br />

bei den Kindern hatte, lag aber nicht nur<br />

an der Sprache, sondern auch daran, dass<br />

sie sich nur ruhig verhielten, wenn eine der<br />

Lehrerinnen kam und mit Stockschlägen für<br />

Ruhe sorgte. Da ich mich aber strikt weigerte,<br />

den Stock als Erziehungsmittel zu missbrauchen,<br />

hatte ich anfangs einen schweren Stand<br />

vor den Kindern. Doch mit der Zeit wurde<br />

mein Kiswahili besser und die Kinder fingen<br />

an mich zu mögen und zu respektieren und<br />

hatten – wie ich – auch Spaß am Unterricht.<br />

Da ich nicht nur die Lehrerin der Kinder war,<br />

radin, wurde unser Verhältnis zunehmend<br />

inniger, die Kleinen wuchsen mir richtig<br />

ans Herz und der Abschied viel mir auch<br />

dementsprechend echt schwer. Es war so lieb<br />

zu sehen, wie die Kinder mir zum Abschied<br />

vorgesungen und -getanzt haben.<br />

Doch es gab auch ein Leben neben dem<br />

Kindergarten. Denn dieser fand nur vormittags<br />

statt, das heißt, um zwölf Uhr war für<br />

mich der Arbeitstag zu Ende. Nachmittags<br />

also ging ich meistens im Dorf spazieren, wo<br />

ich mit der Zeit auch Freunde fand, die mich<br />

immer wieder zu sich nach Hause einluden.<br />

Mit der Köchin der Ordensschwestern, die<br />

während der Zeit zu einer Art Ersatzmama für<br />

mich wurde, bin ich auch ab und zu mit aufs<br />

Feld, um Mais, Reis, Erdnüsse oder anderes<br />

zu pflanzen und zu ernten. Für all diese Erfahrungen<br />

bin ich unendlich dankbar, weil ich<br />

so die afrikanische Kultur und das Leben der<br />

Einheimischen wirklich kennen lernen durfte.<br />

Und ich war immer wieder erstaunt über die<br />

Gastfreundschaft der Tansanier. Auch wenn<br />

sie in Lehmhütten wohnten und das, was<br />

sie zum Leben brauchten, auf ihrem Feld<br />

erwirtschafteten, wurde ich als Gast immer<br />

gern gesehen, mir wurde immer etwas zum<br />

Essen angeboten und meistens gaben sie mir<br />

auch etwas als Geschenk mit nach Hause. Ich<br />

war so beeindruckt davon, wie die Leute, die<br />

fast nichts hatten, trotzdem auch noch mit<br />

mir teilten.<br />

Natürlich ergab sich auch so manches Problem<br />

aus meiner Stellung als einzige Mzungu<br />

(Weiße) in einem kleinen Dorf abseits aller<br />

Touristenströme. Ich war natürlich die Attraktion<br />

im Dorf, alle wollten mich sehen, mich<br />

anfassen (– meine Haare waren der Hit –), ein<br />

Wort mit mir wechseln. Es kam auch mal<br />

vor, dass ein Kleinkind anfing zu weinen, als<br />

es mich sah. Was mir außerdem wirklich<br />

zu schaffen machte, war die Tatsache, dass<br />

immer wieder Leute auf mich zukamen und<br />

Geld von mir wollten, weil weiß sein bedeutet<br />

reich sein. Da kam ich dann schon in manchen<br />

Gewissenskonflikt, weil ich ja mit eigenen Augen<br />

sah, wie arm die Leute doch waren. Hätte<br />

ich aber angefangen Geld auszuteilen, wäre<br />

am Ende jeder vor meiner Tür gestanden.<br />

Auch jetzt im Nachhinein frag ich mich, wie<br />

man den Leuten dort unten am sinnvollsten<br />

helfen kann, nachhaltig und auf eine Weise,<br />

dass sie ihre Eigenständigkeit bewahren.<br />

Alles in allem kann ich nur jedem solch<br />

eine Erfahrung ans Herz legen. Dieses Jahr<br />

bleibt für mich unvergesslich; auch wenn es<br />

zwischendrin wirklich schwierig war und ich<br />

das Ende herbei hoffte, ging es im Endeffekt<br />

doch rasend schnell und ich wäre auch noch<br />

länger geblieben. Am letzten Tag gab es noch<br />

ein Abschiedsfest für mich und Tränen auf<br />

beiden Seiten.<br />

Miriam Grupp

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