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Spende - Salvatorkolleg

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118 untergeordneten auch dominante Affen in anderen. Jedoch steigt auf das Bitten eines Art Zwang des Moralisch- handeln- Müssens<br />

Diese Fähigkeiten bieten jedoch auch ganz<br />

119<br />

einer Gruppe an Verhaltensregeln halten<br />

(müssen). Schimpansen wurden verschiedene<br />

Filmausschnitte gezeigt:<br />

Der Gebrauch von Werkzeugen durch fremde<br />

Affen (Experimentkontrolle)<br />

Eine Jagdszene fremder Affen (das Beutetier<br />

war ein anderer erwachsener Affe)<br />

Aggressionen von Affen gegen ein Jungtier<br />

Gemessen wurde die emotionale Reaktion<br />

der Gruppenmitglieder sowie die Dauer des<br />

aufmerksamen Verfolgen des Films.<br />

Die Ergebnisse sind eindeutig:<br />

Der Film 1 wurde eher desinteressiert zur<br />

Kenntnis genommen, während der zweite<br />

und vor allem der dritte für helle Aufregung<br />

sorgten, da die Gruppenmitglieder mit lauten<br />

„Waa-Rufen“ gegen das gezeigte Verhalten<br />

protestierten. Dieses Experiment legt nahe,<br />

dass ein emotionales Wertesystem, eine Art<br />

moralisches Grundprinzip existiert.<br />

Soziale Normen wie „Greife keine Kinder und<br />

Jungtiere an“ und „Rufe die anderen, wenn<br />

du Futter gefunden hast“ regeln das Leben<br />

in einer Gruppe maßgeblich; Zuwiderhandlungen<br />

werden nicht toleriert.<br />

Andere Experimente zeigen jedoch auch, dass<br />

moralisches Denken und demzufolge Handeln<br />

zwar präsent sein kann, aber nicht das<br />

Maß des sozialen Handelns ist. Beschenkte<br />

Affen teilen ihr Hab und Gut nicht spontan mit<br />

anderen Gruppenmitglieds hin die Wahrscheinlichkeit,<br />

dass der Beschenkte selbstlos<br />

zu schenken beginnt. Auch das Lausen anderer<br />

ist – so van Schaik – ein primär selbstloses<br />

Handeln, denn der Lausende kann nicht<br />

gewiss sein, dass er auch gelaust werden wird,<br />

wenn er es wünscht.<br />

In diesem Zusammenhang drängt sich die<br />

Frage auf, warum Menschen ihre wertvollen<br />

Ressourcen – sei es Zeit und / oder materieller<br />

Besitz – völlig selbstlos verschenken<br />

können. Aus welchen Gründen treffen Bilder<br />

von hungrigen Kindern meist ins Mark und<br />

lockern den Verschluss unserer Geldbörse?<br />

Englische Verhaltensforscher machten folgendes<br />

Experiment:<br />

Neben Tee- und Kaffeekannen in einem Büro<br />

stand eine Kasse, die den Konsumenten<br />

animieren sollte, freiwillig einen Betrag für<br />

das genommene Getränk zu spenden. Über<br />

der Kasse an der Wand wurden in einem<br />

bestimmten Rhythmus verschiedene Bilder<br />

befestigt. Während z.B. Blumenmotive oder<br />

das Bild einer hübschen Frau die Tee- und<br />

Kaffeekasse nicht sonderlich klingeln ließen,<br />

sorgten streng blickende Augenpaare von<br />

älteren Erwachsenen für eine deutlich höhere<br />

<strong>Spende</strong>nbereitschaft. Diese Versuche lassen<br />

den Schluss zu, dass im Probanden quasi eine<br />

erzeugt wird, wenn er sich von anderen beobachtet<br />

fühlt und daher von ihnen (moralisch)<br />

bewertet werden kann. Es ist also wichtig,<br />

eine gesunde Balance zwischen Egoismus<br />

und Altruismus zu finden, denn diese stärkt<br />

den Gruppenzusammenhalt, da gemeinsam<br />

festgesetzte bzw. vorgegebene prosoziale<br />

Normen von allen befolgt werden. Auch wir<br />

bestrafen Zuwiderhandlungen.<br />

Evolutionär muss sich während der Hominidenentwicklung<br />

durch langsame genetische<br />

Veränderungen die Fähigkeit für eine Vorstufe<br />

des moralischen Handelns entwickelt<br />

haben; da diese neue Fähigkeit von Vorteil<br />

gewesen ist, hat sie Bestand gehabt und<br />

konnte sich – bis zum heutigen Stand – weiterentwickeln.<br />

Es stellt sich demnach die Frage, warum<br />

moralisches Handeln evolutionistisch von<br />

Vorteil (gewesen) ist. Um die Interessen<br />

einer Gemeinschaft gegenüber Einzelnen<br />

schützen zu können, müssen alle Mitglieder<br />

die gemeinsamen Interessen zum Wohle des<br />

Überlebens der gesamten Gemeinschaft in<br />

den Vordergrund rücken. Eine intensive Kooperation<br />

in puncto Krankenpflege, Nahrungssuche,<br />

Jagd und Jungenaufzucht erfordert ein<br />

gewisses Maß an proaktiver Sozialität, also<br />

der Fähigkeit spontan und aktiv zu helfen.<br />

konkrete (egoistische) Vorteile: Altruistisch<br />

Handelnde erfahren eine deutliche Ruf- und<br />

Ansehenssteigerung. Dieses Kapital zahlt sich<br />

in Notzeiten (wie Hunger und Krankheit) aus,<br />

da sie so eher auf die Prosozialität anderer<br />

hoffen können. Egoisten hingegen schädigen<br />

ihren Ruf und werden gerade in Notsituationen<br />

vom Rest der Gruppe ausgegrenzt.<br />

Etliche Experimente weisen jedoch darauf hin,<br />

dass das prosoziale Handeln sich oft nur auf<br />

die eigenen Gruppenmitglieder beschränkt,<br />

fremde Individuen gehen hingegen meist leer<br />

aus.<br />

Abschließend betrachtet ist das moralisch<br />

orientierte ein evolutionär vorteilhaftes<br />

Handeln, das im Überlebenskampf – in der<br />

Gruppe und der Gruppe in der Umwelt –<br />

begünstigt worden ist und zur Zeit noch<br />

begünstigt wird.<br />

Die Zeiten ändern sich jedoch und so auch<br />

unsere Moralvorstellungen.<br />

„Wir sind immer erbitterte Moralisten, wenn<br />

es sich um andere handelt.“ (Orson Welles)<br />

Urs Fuchs<br />

„Heuschrecken“, Gipsrelief

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