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DER BIEBRICHER, Ausgabe 261, August 2013

Stadtteilmagazin für Wiesbaden-Biebrich, Erscheinungsweise monatlich

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Von Wurstpellen und Schwammtüchern –<br />

Minister auf Sommerbesuch bei Kalle<br />

SUSANNE STAUß<br />

„Was haben Wurstpellen und<br />

Schwammtücher gemeinsam“,<br />

fragte ein erstaunter Journalist,<br />

der die Sommerreise des Hessischen<br />

Ministers für Justiz, Integration<br />

und Europa Jörg-Uwe<br />

Hahn (FDP) begleitete und am<br />

25. Juli vor den Toren der Kalle<br />

GmbH in Biebrich stand, die diese<br />

Produkte herstellt. Die Antwort:<br />

Beide können aus Cellulose<br />

produziert werden. „Schwammtücher<br />

bestehen aus Baumwolle,<br />

Viskose und Glaubersalz“, erklärte<br />

Kalle-Geschäftsführer Walter<br />

Niederstätter den Gästen. Dort,<br />

wo bei der Produktion ein Salzkorn<br />

verbleibe, entstehe eine<br />

Pore, die später für die Saugkraft<br />

der Tücher sorge. Ebenso<br />

wie die Wursthüllen werden die<br />

Schwammtücher von Kalle heute<br />

in die ganze Welt exportiert.<br />

„Wir produzieren sie unter verschiedenen<br />

‚Private Labeln‘“, so<br />

Niederstätter. Aldi beispielsweise<br />

verkaufe auch Kalle-Tücher.<br />

Mit ihren Wursthüllen, die auch<br />

auf Kunststoff- und Textilbasis<br />

hergestellt werden, ist die Kalle<br />

GmbH weltweit führend. Unter<br />

dem Markennamen Nalo – als<br />

Abkürzung für nahtlos – liefert<br />

das Unternehmen die Hüllen in<br />

über 80 Länder. Die Produktionsmenge<br />

von 800 Millionen Meter<br />

Wursthüllen jährlich entspricht<br />

dabei einem Band, das bis zum<br />

Mond und wieder zurückreicht.<br />

Besonders stolz sind Niederstätter<br />

und sein Team auf eine<br />

jüngere Erfindung des Hauses:<br />

Wursthüllen mit Zusatzfunktion.<br />

Das in die Hülle gefüllte Brät erhält<br />

durch dort vorhandene Gewürzmischungen<br />

eine individuelle<br />

Geschmacksnote oder Farbe<br />

oder sogar Rauchgeschmack.<br />

Kalle ist mit seinen Hüllen unter<br />

anderem Weltmarktführer für<br />

Pizzasalami, ein bekannter Kunde<br />

aus der Gastronomie ist die Sandwichkette<br />

Subway. Ob Wurstproduzent<br />

Tyson aus den USA oder<br />

SUSANNE STAUß<br />

Rügenwalder und Stockmeyer in<br />

Deutschland: Sie alle verkaufen<br />

ihre Würste in Kalle-Hüllen. Das<br />

Erfolgskonzept des Unternehmens,<br />

so Niederstätter, basiere<br />

dabei auf den Pfeilern Kundenorientierung,<br />

Produktivität und<br />

Innovation. In allen Sektoren sei<br />

man Technologieführer.<br />

Produktionsanlagen zur Herstellung<br />

von Wursthüllen könne<br />

man nicht von der Stange kaufen,<br />

unterstrich Produktionsgeschäftsführer<br />

Jürgen Ahl. In allen<br />

Geräten bei Kalle stecke eigenes<br />

Know-how, die meisten Anlagen<br />

würden im Unternehmen selbst<br />

konstruiert. In den Teams von<br />

Kalle arbeiten unter anderem<br />

Chemiker, Verfahrenstechniker,<br />

Mitarbeiter aus den Bereichen<br />

Fertigungs-, Mess- und Regelsowie<br />

Lebensmitteltechnik oder<br />

Prozessautomatisierung. Kalle,<br />

so Ahl, sei sehr engagiert in der<br />

dualen Ausbildung und arbeite<br />

beispielsweise mit der Hochschule<br />

Rhein-Main zusammen.<br />

„Wir wollen immer die Besten<br />

sein“, sagte Niederstätter. In die<br />

Forschung investiere Kalle jährlich<br />

rund sieben Millionen Euro,<br />

dort würden 50 Mitarbeiter beschäftigt.<br />

„Rund 15 Prozent des<br />

Umsatzes machen wir mit neuen<br />

Produkten, die noch keine<br />

15 Jahre alt sind“, so der Chef<br />

stolz. Kalle produziert nicht nur<br />

an unterschiedlichen Standorten<br />

in Deutschland, sondern unter<br />

Wursthüllen und Schwammtücher<br />

(Foto) von Kalle gehen<br />

in alle Welt.<br />

anderem auch in Tschechien, den<br />

USA oder Südamerika. 75 Prozent<br />

seines Umsatzes macht Kalle<br />

im Export. Gegenüber seinem<br />

politischen Besucher beteuerte<br />

Niederstätter: „Aus der EU auszutreten<br />

oder zurück zur D-Mark<br />

zu wechseln wäre für unser Unternehmen<br />

eine Katastrophe.“<br />

Kritisch äußerte sich die Kalle-<br />

Geschäftsführung über die durch<br />

das Erneuerbare Energien Gesetz<br />

(EGG) dramatisch gestiegenen<br />

Energiekosten. „Es findet bereits<br />

ein schleichender Abwanderungsprozess<br />

von Unternehmen<br />

aus Deutschland statt“, warnte<br />

Niederstätter. Das Gesetz müsse<br />

daher dringend überarbeitet werden.<br />

Nach eineinhalb Stunden<br />

bei Kalle setzte Hahn seine Sommerreise<br />

durch hessische Unternehmen<br />

weiter fort. „Ich mache<br />

diese Reisen seit über 15 Jahren,<br />

egal, ob Wahlkampf ist oder<br />

nicht“, erklärte er. Dabei lerne<br />

man die brennenden Fragen der<br />

Unternehmen besser kennen und<br />

könne somit auch eine bessere<br />

Politik machen.<br />

(sst)<br />

Führung durch die Produktionsanlagen (v.l.): der Vorsitzende der<br />

Kalle-Geschäftsführung Walter Niederstätter, Minister Jörg-Uwe<br />

Hahn und Kalle-Produktionsgeschäftsführer Jürgen Ahl.<br />

* Kalle ist eines der neun größten von insgesamt 74 Unternehmen,<br />

die im Industriepark Kalle-Albert in Biebrich angesiedelt<br />

sind, den die Betreibergesellschaft InfraServ<br />

Wiesbaden managt.<br />

* Kalle setzte 2012 rund 250 Millionen Euro um und beschäftigt<br />

1 600 Mitarbeiter, davon 1 000 in Deutschland<br />

und von diesen rund 800 in Biebrich.<br />

* Das Unternehmen Kalle wurde 1863 als Familienunternehmen<br />

gegründet und produzierte 1929 erstmals Wursthüllen<br />

aus Cellulose.<br />

* Kalle produziert heute Wursthüllen und Schwammtücher<br />

und vertreibt Rohstoffe für die Fleischwarenindustrie.<br />

* Die Kalle Gruppe hält derzeit mehr als 500 Patente.<br />

* Bis 1997 gehörte Kalle zur Hoechst AG, seither ist das Unternehmen<br />

selbstständig. Der Finanzinvestor Silverfleet<br />

Capital ist seit 2009 Mehrheitsgesellschafter von Kalle.<br />

32 <strong>DER</strong> <strong>BIEBRICHER</strong> / AUGUST <strong>2013</strong>

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