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Die Zeitschrift für stud. iur. und junge Juristen - Iurratio

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Ausbildung<br />

VI. Aspekt: Einfache <strong>und</strong> qualifizierte Mediationsklauseln<br />

in Verträgen<br />

In die Vertragsgestaltung werden zunehmend sog. Mediationsklauseln<br />

17 aufgenommen. Mit deren Hilfe wird in einfacher oder<br />

komplexer Form einvernehmlich formuliert, wie im Falle von<br />

Meinungsverschiedenheiten, Konflikten oder Streitigkeiten damit<br />

umgegangen werden soll. Verfahrensmanagement im oben<br />

beschriebenen Sinne wird damit zum wesentlichen Element einer<br />

effektiven Vertragsdurchführung; gleichzeitig wird die Zusammenarbeit<br />

der Vertragspartner auch bei „Störfällen“ effektiv <strong>und</strong><br />

beziehungswahrend gestaltet <strong>und</strong> geregelt sowie eine belastbare<br />

Geschäfts- <strong>und</strong> K<strong>und</strong>enbeziehung <strong>für</strong> die Zukunft erhalten oder<br />

aufgebaut.<br />

VII. Aspekt: Mediationsrichtlinie, Mediationsgesetz,<br />

Vorschläge der Europäischen Kommission einer<br />

Richtlinie über alternative Streitbeilegung verbraucherrechtlicher<br />

Streitigkeiten <strong>und</strong> über eine<br />

Verordnung über Online-Streitbeilegung<br />

1. Mediationsgesetz<br />

Eines der stärksten Argumente dürfte das auf einer EG-Richtlinie<br />

beruhende Mediationsgesetz sein. Der Europäische Rat hat<br />

bereits auf seiner Tagung im norwegischen Tampere am 15. <strong>und</strong><br />

16. Oktober 1999 unter dem Aspekt des besseren Zugangs zum<br />

Recht in Europa die Mitgliedstaaten aufgefordert, alternative außergerichtliche<br />

Verfahren zu schaffen. Dabei ist schon in diesem<br />

Zusammenhang Wert darauf zu legen, dass hier der Plural verwendet<br />

wird („außergerichtliche Verfahren“).<br />

Der nächste Schritt dauerte dann bis zum 19.04.2002, an dem die<br />

Kommission der Europäischen Gemeinschaften das sog. Grünbuch<br />

über alternative Verfahren vorgelegt hat. Ausdrücklich wird<br />

dort die ADR – <strong>und</strong> zwar „nur“ die ADR genannt, zur Streitbeilegung<br />

im Zivil- <strong>und</strong> Handelsrecht; den Begriff „Mediation“ findet<br />

man dort vergebens.<br />

Als Ergebnis einer Anhörung vom 21. Februar 2003 zur ADR<br />

beauftragte die Kommission verschiedene Vertreter <strong>und</strong> Repräsentanten<br />

der Mediationsverbände <strong>und</strong> ADR-Interessierter usw.,<br />

einen „European Code of Conduct for Mediators“ zu entwerfen,<br />

während sie sich gleichzeitig vornahm, einen Richtlinienvorschlag<br />

<strong>für</strong> die Durchführung von Mediation vorzulegen.<br />

<strong>Die</strong> angesprochene Richtlinie 2008/52/EG des Europäischen Parlaments<br />

<strong>und</strong> des Rates vom 21. Mai 2008 stand zur Umsetzung bis<br />

zum 20. Mai 2011 an. <strong>Die</strong> Bestimmungen der Richtlinie sollen <strong>für</strong><br />

grenzüberschreitende Streitigkeiten gelten, aber auch auf interne<br />

Mediationsverfahren, also Mediationsverfahren ohne grenzüberschreitenden<br />

Bezug, anwendbar sein können.<br />

Das B<strong>und</strong>esjustizministerium hatte schon frühzeitige beabsichtigt,<br />

die Mediation mit nationalem <strong>und</strong> mit grenzüberschreitendem<br />

Bezug auf eine einheitliche Gr<strong>und</strong>lage zu stellen; damit soll<br />

vermieden werden, dass <strong>für</strong> Mediationen mit nationalem <strong>und</strong> solche<br />

mit europäischem Bezug unterschiedliche Maßstäbe gelten.<br />

Einer Rechtszersplitterung wird dadurch entgegengetreten 18 .<br />

Mit Datum des 04.08.2010 wurde der Referentenentwurf zum<br />

Mediationsgesetz vorgelegt; es folgte der Gesetzesentwurf der<br />

17 Unberath, NJW, 2011, 1320 ff..<br />

18 So die Leiterin der Abteilung Rechtspflege im B<strong>und</strong>esministerium der Justiz Marie Luise Graf-<br />

Schlicker auf dem 13. Mediations-Kongress der Centrale <strong>für</strong> Mediation am 3.4.2009 in Berlin.<br />

B<strong>und</strong>esregierung vom 01.04.2011 19 . Nach Beteiligung des Rechtsausschusses<br />

20 <strong>und</strong> des B<strong>und</strong>esrats 21 hat der B<strong>und</strong>estag schlussendlich<br />

die Letztfassung in seiner Sitzung am 28.06.2012 einstimmig<br />

angenommen. Das Mediationsgesetz es ist am 26. Juli 2012 in<br />

Kraft getreten.<br />

2. Weitere Vorhaben der EU-Kommission im Bereich alternativer<br />

Streitbeilegung<br />

Nachdem die EU den Anstoß <strong>für</strong> die Nutzung von Mediationsverfahren<br />

gegeben hat, geht die Integration außergerichtlicher Streitschlichtungs-<br />

<strong>und</strong> Konfliktlösungsverfahren nun weiter. Im November<br />

2011 hat die Kommission dem Europäischen Parlament,<br />

dem Rat <strong>und</strong> dem Europäischen Wirtschafts- <strong>und</strong> Sozialausschuss<br />

eine Mitteilung über „Alternative Verfahren zur Beilegung von<br />

Verbraucherstreitigkeiten im Binnenmarkt“ vorgelegt. In der<br />

„Strategie Europa 2020“, so heißt es, sei ein stärkerer, vertiefter<br />

<strong>und</strong> erweiterter Binnenmarkt <strong>für</strong> mehr Wachstum <strong>und</strong> Beschäftigung<br />

von f<strong>und</strong>amentaler Bedeutung. <strong>Die</strong>s würde sich aber nur<br />

realisieren lassen, wenn der Zugang zum Recht im europäischen<br />

Waren- <strong>und</strong> <strong>Die</strong>nstleistungsverkehr <strong>für</strong> die Verbraucher (<strong>und</strong><br />

auch Unternehmen) gewährleistet werden kann. Verbraucher<br />

scheuen den Kauf oder die Inanspruchnahme von <strong>Die</strong>nstleistungen<br />

im europäischen Wirtschaftsverkehr, da sie die Durchsetzung<br />

wie im eigenen Land nicht gesichert sehen. Würden die Verbraucher<br />

den gesamten europäischen Markt nutzen, würden auch<br />

Unternehmen durch den grenzüberschreitenden Waren- <strong>und</strong><br />

<strong>Die</strong>nstleistungsverkehr profitieren. <strong>Die</strong> Unternehmen in den einzelnen<br />

Ländern könnten ihren Markt über das die eigenen Landesgrenzen<br />

hin zum europäischen Markt möglichst umfassende<br />

erweitern. Der Markt würde sich auch unter dem Gesichtspunkt<br />

des Wettbewerbs zu Gunsten aller verändern können.<br />

Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> schlägt die Europäische Kommission<br />

dem Europäischen Parlament <strong>und</strong> dem Rat eine Richtlinie <strong>und</strong><br />

eine Verordnung vor, die zur Erreichung des genannten Ziels der<br />

Schaffung eines effektiven Binnenmarkts <strong>für</strong> Wachstum <strong>und</strong> Beschäftigung<br />

erforderlich <strong>und</strong> nützlich sind.<br />

Dabei handelt es sich zum einen um den Vorschlag <strong>für</strong> eine Richtlinie<br />

22 des Europäischen Parlaments <strong>und</strong> Rates über Formen der<br />

alternativen Beilegung verbraucherrechtlicher Streitigkeiten<br />

<strong>und</strong> zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 <strong>und</strong> der<br />

Richtlinie 2009/EG (Richtlinie über alternative Streitbeilegung);<br />

zum anderen wird der Vorschlag <strong>für</strong> eine Verordnung des europäischen<br />

Parlaments <strong>und</strong> des Rates über die Online-Beilegung<br />

verbraucherrechtlicher Streitigkeiten (Verordnung über Online-<br />

Streitbeilegung) zur Ergänzung eingebracht. Beide Vorhaben hängen<br />

miteinander zusammen <strong>und</strong> ergänzen sich. Am 12.März 2013<br />

hat das Europäische Parlament sowohl die Richtlinie, als auch die<br />

VO verabschiedet. Unter Beachtung der Veröffentlichungs- <strong>und</strong><br />

Umsetzungsfristen sollte bis Sommer 2015 mit der tatsächlichen<br />

Nutzung der ODR gerechnet werden können.<br />

Dabei ist methodisch insbesondere darauf hinzuweisen, dass dadurch<br />

neben dem Mediationsverfahren weitere außergerichtliche<br />

Streitschlichtungsverfahren im Sinne der ADR ihren Weg in die<br />

Rechtswirklichkeit auch in Deutschland finden werden.<br />

19 Drs. 17/5335.<br />

20 Drs. 17/8058.<br />

21 S. Drs. 17/8680 vom 14.02.2012 <strong>und</strong> Drs. 377/12 vom 29.06.2012.<br />

22 In Richtlinien werden Ziele festgelegt, die die EU-Länder umsetzen müssen; wie diese Richtlinien<br />

umzusetzen sind bleibt den Ländern in gewissem Rahmen selbst überlassen, solange die<br />

vorgegebenen Ziele dadurch erreicht werden.<br />

118<br />

<strong>Iurratio</strong><br />

Ausgabe 3 / 2013

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