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Die Zeitschrift für stud. iur. und junge Juristen - Iurratio

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Ausbildung<br />

VIII. Was ist eigentlich Mediation<br />

Etymologisch wird der Begriff abgeleitet aus dem Englischen to<br />

mediate, was so viel heißt wie vermitteln; „to mediate“ leitet sich<br />

wiederum aus dem lateinischen Wort mediare ab, heißt in seiner<br />

ursprünglichen Bedeutung so viel wie „in der Mitte sein, in der<br />

Mitte stehen“; daraus wird vielfach ein Vermitteln, Ausgleichen,<br />

Ausbalancieren abgeleitet bzw. übertragen.<br />

Das Mediationsgesetz formuliert nachfolgende wesentliche Definitionsmerkmale:<br />

Mediation ist ein vertrauliches <strong>und</strong> strukturiertes Verfahren, bei<br />

dem Parteien mit Hilfe eines oder mehrere Mediatoren freiwillig<br />

<strong>und</strong> eigenverantwortlich eine einvernehmliche Beilegung ihres Konflikts<br />

anstreben. (§ 1 Abs. 1 MediationsG)<br />

Ein Mediator ist eine unabhängige <strong>und</strong> neutrale Person ohne Entscheidungsbefugnis,<br />

die die Parteien durch die Mediation führt.<br />

(§ 1 Abs. 2 MediationsG)<br />

<strong>Die</strong> Parteien wählen den Mediator aus. (§ 2 Abs. 1 MediationsG)<br />

Der Mediator ist allen Parteien gleichermaßen verpflichtet. Er fördert<br />

die Kommunikation der Parteien <strong>und</strong> gewährleistet, dass die<br />

Parteien in angemessener <strong>und</strong> fairer Weise in die Mediation eingeb<strong>und</strong>en<br />

sind. (§ 2 Abs. 3 S. 1 <strong>und</strong> 2 MediationsG)<br />

Mediation wird in diesem eben definierten Sinne lediglich als<br />

quasi abgekürzte Form <strong>für</strong> das Mediationsverfahren verstanden<br />

(s. a. § 2 Abs. 2 MediationsG). Nur so macht diese Definition<br />

Sinn; denn bereits durch das Definitionsmerkmal „neutrale Person<br />

ohne eigene Entscheidungskompetenz“ wird eindeutig auf ein<br />

Mediationsverfahren hingewiesen, ein Verfahren also, mit ganz<br />

bestimmten Verfahrensmerkmalen <strong>und</strong> Strukturen. Auf solche<br />

Mediationsverfahren beschränkt sich leider in der Regel das heute<br />

kursierende Wissen <strong>und</strong> Verständnis dazu <strong>und</strong> blendet auf diese<br />

Weise andere Verfahren der Streitschlichtung <strong>und</strong> Konfliktlösung<br />

sowie wesentliche <strong>und</strong> wichtige Erkenntnisse <strong>und</strong> Methoden aus.<br />

Das Mediationsverfahren ist aber nur ein Verfahren der sogenannten<br />

ADR. Gerade die Nutzung von ganz unterschiedlichen<br />

Verfahren <strong>und</strong> flexiblen <strong>und</strong> kreativen Formen ist doch gerade<br />

eines der Erfolgsrezepte bzw. der Vorteile 23 der außergerichtlichen<br />

Streitschlichtung <strong>und</strong> Konfliktlösung.<br />

IX. Moderne Anwendungsbereiche <strong>und</strong> ergänzende<br />

Themenkreise<br />

Als besonders wichtige Anwendungsfelder, die eine vergrößerte<br />

Bandbreite der notwendigen Qualifikationen darstellen, sollen<br />

kurz erwähnt sein:<br />

Deutschen Corporate Governance Kodex sollen „die in Deutschland<br />

geltenden Regeln <strong>für</strong> Unternehmensleitung <strong>und</strong> –überwachung<br />

<strong>für</strong> nationale wie internationale Investoren transparent gemacht<br />

werden, um so das Vertrauen in die Unternehmensführung<br />

deutscher Gesellschaften zu stärken.“ 26<br />

2. Wirtschaftsethik<br />

Wirtschaftsethik ist im Zeichen von Finanzkrise <strong>und</strong> Bonuszahlungen<br />

untrennbar mit der Wertevermittlung verb<strong>und</strong>en. Datenschutz<br />

27 <strong>und</strong> auch Ethik-Richtlinien 28 stellen im Zusammenhang<br />

mit Compliance-Vorschriften ein thematisches Netzwerk zusammen,<br />

welches prägend die Unternehmensphilosophie <strong>und</strong> die Unternehmenskultur<br />

beschreiben <strong>und</strong> bestimmen.<br />

3. Streitkultur<br />

Mediation <strong>und</strong> Methoden der außergerichtlichen Streitschlichtung<br />

<strong>und</strong> Konfliktlösung sind gr<strong>und</strong>sätzlich keine Entdeckung<br />

des 20. oder 21. Jahrh<strong>und</strong>erts. Konfliktlösung ist Bestandteil einer<br />

Gesellschaft zusammenlebender Menschen <strong>und</strong> muss es auch<br />

sein, will man nicht dem sog. Stärksten das Feld überlassen. <strong>Die</strong>s<br />

führt unweigerlich zu dem Begriff „Kultur“, besser „Streitkultur“<br />

– überlässt man die Durchsetzung von Interessen dem „Stärkeren“<br />

oder will man eine werteorientierte, chancengleiche Interessenklärung.<br />

Übrigens: In Japan <strong>und</strong> China ist der Vermittlungsgedanke seit<br />

jeher das hauptsächliche Mittel zur Beilegung von Konflikten 29 ,<br />

was bis heute auf die starke Betonung von Konsens, Kooperation<br />

<strong>und</strong> Harmonie in diesen Ländern zurückzuführen ist 30 .<br />

Im asiatischen Kulturkreis kennt man den Spruch „Einen Fre<strong>und</strong><br />

zu behalten ist wichtiger, als einen Sieg zu erringen“. Im europäischen<br />

Kulturkreis kann man den Eindruck gewinnen „Lieber einen<br />

Fre<strong>und</strong> verloren, als einen guten Witz verpasst“. Hieraus werden<br />

bereits große Unterschiede im soziokulturellen Verständnis<br />

deutlich.<br />

C. Schlusszitat<br />

In Anlehnung an Gilbert Keith Chesterton 31 soll das Schlussstatement<br />

lauten:<br />

„<strong>Die</strong> Leute streiten im Allgemeinen nur deshalb, weil sie nicht verhandeln<br />

können“<br />

1. Compliance<br />

Unternehmen, die an US-amerikanischen Börsen notiert sind,<br />

sind durch das Sarbanes Oxley ACT (SOX) verpflichtet, bestimmte<br />

Verhaltenspflichten insbesondere zur Einhaltung von Gesetzen<br />

bzw. zu Berichtspflichten <strong>und</strong> Feststellungen von Gesetzesverstößen<br />

organisatorisch abzusichern 24 . <strong>Die</strong>se Absicherung erfolgt wesentlich<br />

durch den sog. Code of Conduct.<br />

Der Deutscher Corporate Governance Kodex 25 hat dieses übertragen<br />

auf Unternehmen in Deutschland (s. § 161 AktG). Mit dem<br />

23 Ehler, BB 2010, 702 ff..<br />

24 Mengel, Compliance <strong>und</strong> Arbeitsrecht, 2009, 1. ff. 6 f..<br />

25 Eingeführt durch das Gesetz zur weiteren Reform des Aktien- <strong>und</strong> Bilanzrechts, zu Transparenz<strong>und</strong><br />

Publizität (Transparenz- <strong>und</strong> Publizitätsgesetz) vom 19.07.2002, BGBl. Teil I Nr. 50 vom<br />

29.07.2002.<br />

26 So die vom B<strong>und</strong>esministerium der Justiz im September 2001 eingesetzte Regierungskommission<br />

Deutscher Corporate Governance Kodex, die am 26.02.2002 den CGK verabschiedet hat.<br />

27 Thüsing, NZA 2009, 865; Kock/Francke, NZA 2009, 646 ff..<br />

28 BAG vom 22.07.2008 – 1 ABR 40/07, NZA 2008, 1248; LAG Düsseldorf vom 14.11.2005 –<br />

10 TaBV 46/05, NZA 2006, 63.<br />

29 Iwanowski, Reisegast in Japan, 2005, S. 151 ff. Haft/Schlieffen-Hehn, Handbuch Mediation, 2002,<br />

S. 154.<br />

30 Haft/Schlieffen-Hehn, Handbuch Mediation, 2002, S. 154 <strong>und</strong> 167; Oboth/Seils, Mediation in<br />

Gruppen <strong>und</strong> Teams, 2006, S. 17.<br />

31 1874 – 1936, engl. Schriftsteller <strong>und</strong> Journalist.<br />

<strong>Iurratio</strong><br />

Ausgabe 3 / 2013<br />

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