Die Zeitschrift für stud. iur. und junge Juristen - Iurratio
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Fallbearbeitung<br />
P handelte auch vorsätzlich, insbesondere wusste er, wie die Lebensmittel<br />
erlangt worden sind. Weiterhin müsste P in der Absicht gehandelt<br />
haben, sich oder einen Dritten zu bereichern. Dazu ist ein<br />
zielgerichtetes Wollen einer Verbesserung der Vermögenssituation<br />
erforderlich, wobei die Bereicherung nicht alleiniger Zweck sein<br />
muss. 37 P ging es darum, die Hilfsbedürftigen durch die unentgeltliche<br />
Zuwendung der Lebensmittel wirtschaftlich besser zu stellen.<br />
Somit handelte P mit Bereicherungsabsicht.<br />
II. Rechtswidrigkeit <strong>und</strong> Schuld<br />
Rechtswidrigkeit <strong>und</strong> Schuld liegen vor.<br />
III. Ergebnis<br />
P hat sich durch das Annehmen <strong>und</strong> Verteilen der Lebensmittel wegen<br />
Hehlerei gem. § 259 Abs. 1, 2. Var. StGB strafbar gemacht.<br />
Hinweis: Denkbar ist es, noch kurz auf die gewerbsmäßige Hehlerei<br />
gem. §§ 259 Abs. 1, 2. Var., 260 Abs. 1 Nr. 1 StGB einzugehen,<br />
da P die Hilfsbedürftigen über einen längeren Zeitraum hinweg<br />
mit Lebensmitteln beliefert. <strong>Die</strong> Qualifikation der gewerbsmäßigen<br />
Hehlerei ist jedoch ersichtlich nicht erfüllt, da P nicht mit<br />
Einnahmeerzielungsabsicht handelt.<br />
Da die Lebensmittel aus einem schweren Bandendiebstahl herrühren,<br />
wäre neben der Hehlerei sogar der – vom Bearbeitervermerk<br />
ausgenommene – Straftatbestand der Geldwäsche nach<br />
§ 261 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, Abs. 2 StGB erfüllt.<br />
3. Tatkomplex: Tat am 13.4.2013<br />
Strafbarkeit des A<br />
A. §§ 242 Abs. 1, 244a Abs. 1, 1. Var. StGB<br />
A könnte sich am 13.4.2013 wegen schweren Bandendiebstahls<br />
gem. §§ 242 Abs. 1, 244a Abs. 1, 1. Var. StGB strafbar gemacht<br />
haben, indem er mit D die Lebensmittel aus den verschlossenen<br />
Containern entwendete, während B den Polizeifunk abhörte.<br />
ligung an der konkreten <strong>Die</strong>bstahlstat. 39 B sicherte die Tatbegehung<br />
am 13.4. durch das Abhören ab. Demnach hätte ein Bandenmitglied<br />
bei dem <strong>Die</strong>bstahl mitgewirkt.<br />
<strong>Die</strong> Gegenmeinung legt das Mitwirkungserfordernis restriktiver<br />
aus <strong>und</strong> fordert ein zeitliches <strong>und</strong> räumliches Zusammenwirken<br />
von mindestens zwei Bandenmitgliedern am Tatort. 40 Argument<br />
ist, dass das Unrecht des Bandendiebstahls nicht allein in der gesteigerten<br />
Organisationsgefahr liege, sondern es müsse eine „spezifische<br />
Ausführungsgefahr hinzutreten […], durch die die Effizienz<br />
der Wegnahmehandlung gesteigert wird.“ 41 Zwar ist auch<br />
nach der einschränkenden Auffassung kein mittäterschaftlicher<br />
Tatbeitrag erforderlich, „solange die unmittelbare Beteiligung<br />
mindestens zweier Mitglieder der Bande deren Gefährlichkeitspotential<br />
vor Ort repräsentiert“, 42 jedoch stellt das Abhören des<br />
Polizeifunks ohne Anwesenheit am Tatort demnach keine Mitwirkung<br />
eines anderen Bandenmitglieds dar. Demnach hätte A<br />
nicht unter Mitwirkung der B den <strong>Die</strong>bstahl begangen <strong>und</strong> es<br />
läge damit kein Bandendiebstahl vor.<br />
Ein Streitentscheid ist erforderlich. Für die erste Auffassung<br />
spricht, dass es bei § 244 Abs. 1 Nr. 2 StGB <strong>und</strong> damit auch bei<br />
§ 244a Abs. 1 StGB nicht auf die erhöhte Gefährlichkeit <strong>für</strong> das<br />
Tatopfer selbst, das sich möglichweiser zwei am Tatort anwesenden<br />
Personen gegenüber sieht, ankommt, sondern auf die erhöhte<br />
Gefährlichkeit <strong>für</strong> das Eigentum durch das Zusammenwirken<br />
durch mindestens zwei Bandenmitglieder. 43 <strong>Die</strong>se erhöhte Gefährlichkeit<br />
kann sich bei einer Bandenstruktur gerade dadurch<br />
ergeben, dass die Bandenmitglieder arbeitsteilig vorgehen <strong>und</strong><br />
sich dabei einzelne Bandenmitglieder auf Handlungen im Vorbereitungsstadium<br />
„spezialisieren“. Daher wäre es nicht sachgerecht,<br />
ein Zusammenwirken am Tatort in der Ausführungsphase<br />
zu verlangen. Somit hat A auch am 13.4. unter Mitwirkung eines<br />
anderen Bandenmitglieds gestohlen.<br />
39 BGHSt 46, 321 (333 ff.); Fischer, StGB, 60. Auflage 2013, § 244 Rdnr. 42 m.w.N.; Kindhäuser, in:<br />
NK-StGB, 4. Auflage 2013, § 244 Rdnr. 45 f.; Ellbogen/Wichmann, JuS 2007, 114 (115); ausführlich<br />
Altenhain, ZStW 113 (2001), 112 (113 ff.).<br />
40 Vogel, in: LK-StGB, 12. Auflage 2010, § 244 Rdnr. 70; Wessels/Hillenkamp, Strafrecht BT 2,<br />
35. Auflage 2012, Rdnr. 301; Engländer, JZ 2000, 630 (632); Zopfs, GA 1995, 320 (327 f.) So auch<br />
noch die ältere Rechtsprechung, zuletzt BGHSt 46, 120 (127 ff.).<br />
41 Schmitz, in: MüKo-StGB, 2. Auflage 2012, § 244 Rdnr. 50.<br />
42 Wessels/Hillenkamp, Strafrecht BT 2, 35. Auflage 2012, Rdnr. 301.<br />
43 Vgl. BGHSt 46, 321 (334); Kindhäuser, in: NK-StGB, 4. Auflage 2013, § 244 Rdnr. 45.<br />
I. Tatbestand<br />
Fraglich ist, ob auch bei dieser Tat ein schwerer Bandendiebstahl<br />
vorliegt. A hat zwar als Mitglied einer <strong>Die</strong>besbande die Lebensmittel<br />
weggenommen, jedoch muss der Täter den <strong>Die</strong>bstahl unter<br />
Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds begehen. Jedenfalls<br />
die Mitwirkung des D genügt nicht, da dieser kein Bandenmitglied<br />
ist. Zweifelhaft ist, ob das Abhören des Polizeifunks durch<br />
B <strong>für</strong> ein Mitwirken genügt. 38<br />
Nach der Rechtsprechung <strong>und</strong> Teilen der Literatur setzt der Begriff<br />
„Mitwirken“ kein zeitliches <strong>und</strong> örtliches Zusammenwirken<br />
unmittelbar am Tatort <strong>und</strong> insbesondere auch keine mittäterschaftliche<br />
Begehung voraus. Erfasst ist vielmehr jegliche Betei-<br />
37 Kindhäuser, in: NK-StGB, 4. Auflage 2013, § 259 Rdnr. 64 f.<br />
38 Zusammenfassend zum Streit um das Mitwirkungserfordernis siehe Zopfs, JURA 2007, 510<br />
(514 ff.); Joerden, JuS 2002, 329 (331 f.).<br />
<strong>Iurratio</strong><br />
Ausgabe 3 / 2013<br />
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