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STZ No. 7-1 - StadtZeit Kassel

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Da wir immer wieder einmal auf den Lokal-Seiten<br />

der Speerspitzen des investigativen Journalismus goutieren<br />

dürfen, wie es um die Jugend bestellt ist – besonders,<br />

wenn die ein oder andere Situation wieder einmal<br />

aus dem Ruder zu laufen droht – dachte sich die<br />

Redaktion: „Wir greifen mal das Thema auf.“ Soweit<br />

ein guter Plan. Aber wie, wenn man, um es<br />

korrekt Neudeutsch auszudrücken, als „Best<br />

Ager“, Angehöriger der „Baby-Boomer-Jahrgänge“<br />

oder der „Generation Golf“, nicht<br />

den lebensweltlichen Bezug zum Thema<br />

hat?<br />

Wir entschlossen uns, lediglich die Kreation<br />

des Drum-Herum in die eigenen Hände zu<br />

nehmen und fanden mit Anna Wermuth eine<br />

engagierte Autorin, mit der wir uns „der Jugend“<br />

näherten. Auf den folgenden Seiten<br />

lässt die Redaktion also Jugendliche und junge<br />

Erwachsene zu Wort kommen. Dazu reichen wir<br />

noch die ein oder andere Hintergrundinformation.<br />

Obige Überschrift trug eine der Arbeitsgruppen der<br />

diesjährigen Jugendzukunftskonferenz, die zum Thema Weltordnung<br />

arbeitete. Sehr ansprechend!<br />

Ich möchte in diesem Text über Unsicherheit<br />

schreiben, weil ich das Gefühl<br />

habe, dass in meinem Umfeld die<br />

Unsicherheit unter Jugendlichen sehr<br />

viel größer ist, als es zunächst scheint.<br />

Allein die Texte, in denen einige Jugendliche<br />

ihre Wahrnehmungen schildern,<br />

zeigen, dass hinter der lachenden<br />

Partyfassade auch zunehmend<br />

Zukunfstängste und Unsicherheit stecken.<br />

Am Ende alles gut?<br />

Ich zum Beispiel habe große Pläne. Im<br />

Journalismus möchte ich landen, Politikwissenschaften<br />

studieren.<br />

Und wir alle sind voller Wünsche, voller<br />

Pläne, voller Zukunft. Jeder hat seinen<br />

Traum, seine Vorstellungen und<br />

Hoffnungen.<br />

Vielleicht heiraten? Reich werden?<br />

Vier Kinder haben? Irgendwann eine<br />

Weltreise machen? Einen Pool bauen<br />

oder ein Café aufmachen?<br />

Irgendeine „schöne Idee“ für seine<br />

persönliche Zukunft hat jeder und<br />

ganz naiv, ganz jung eben, denkt<br />

man wenig darüber nach, dass es vielleicht<br />

nicht klappen könnte.<br />

Man legt sich einen Plan zurecht,<br />

oder auch nicht, aber irgendwie geht<br />

man davon aus, dass am Ende alles<br />

gut wird. Dass man glücklich wird,<br />

sich selbst verwirklichen kann und ein<br />

erfülltes Leben führt.<br />

„Das Fieber der Jugend hält den<br />

Rest der Welt auf <strong>No</strong>rmaltemperatur“<br />

Wenn man 18 wird in <strong>Kassel</strong>, bekommt<br />

man vom Oberbürgermeister<br />

eine Karte mit diesem Zitat von Georges<br />

Bernanos.<br />

Das Fieber, das sind unsere Ideale, unsere<br />

Wünsche, unsere Hoffnungen,<br />

unsere Pläne. Wir sind so voll von ihnen,<br />

das ganze Leben vor uns, natürlich<br />

ist da kein Platz für Versagen.<br />

Und doch kommt da immer mehr die<br />

Angst dazu. Angst vor dem Versagen,<br />

vor der Konkurrenz, Arbeitslosigkeit<br />

und einem Leben voller Zeitarbeit.<br />

Zunehmender Stress und Anforderungen<br />

von allen Seiten setzen einen<br />

schnell unter Druck. Sicher kann ich<br />

nicht sagen, ob diese stärker werdende<br />

Belastung durch das natürliche<br />

“größer werden“, die damit verbundene<br />

steigende Arbeit und Verantwortung<br />

begründet ist, oder ob es<br />

insgesamt eine Entwicklung hin zu<br />

mehr Stress, Erwartung und Druck<br />

gibt.<br />

Auf jeden Fall kann es da schnell passieren,<br />

dass man das Gefühl bekommt,<br />

wie Franziska Maria, man<br />

müsse sich entscheiden, welcher Verantwortung<br />

man gerecht werden soll.<br />

Spaß und Freizeit mit Freunden?<br />

Schulische Leistungen erfüllen? Oder<br />

den Sportverein unterstützen?<br />

jung in <strong>Kassel</strong><br />

„ Bombenstimmung<br />

- Aber wer schmeiß t<br />

die Party?“<br />

Der Spagat zwischen<br />

Anforderungen und<br />

Leben<br />

Von Anna Wermuth<br />

Alles klappt einfach nicht, denke auch<br />

ich manchmal.<br />

Trotzdem versuche ich, so viel wie<br />

möglich zu vereinen, Hobbys, Schule<br />

und vor allem Freizeit in eine Balance<br />

zu bringen.<br />

Wie ein gestrandeter Fisch<br />

Und dann kommen sie manchmal.<br />

Die Momente, in denen ich mich fühle,<br />

wie ein gestrandeter Fisch. Ich zappele<br />

und zappele, nur um zu erreichen,<br />

was ich mir so sehr wünsche.<br />

Ich tue so viel, die Oberstufe ist anstrengend,<br />

dazu kommen AGs in der<br />

Schule, ich schreibe für zwei Stadtteilmagazine<br />

und arbeite als Thekenkraft.<br />

Nicht wenig und keineswegs<br />

der Durchschnitt. So manchmal muss<br />

ich eine Verabredung absagen, weil<br />

ich zu müde bin, keine Kraft mehr habe<br />

und nur noch schlafen will.<br />

Und dann kommt eben das Gefühl<br />

der Hilflosigkeit. Natürlich tue ich viel,<br />

aber bringt mich das weiter? Ist es<br />

Zur Autorin<br />

Anna Wermuth ist 18 Jahre alt. Sie<br />

schreibt seit <strong>No</strong>vember 2007 für <strong>Kassel</strong>er<br />

Stadtteilmagazine und in der<br />

vorliegenden Ausgabe auch für<br />

<strong>StadtZeit</strong> <strong>Kassel</strong>. Die Nachwuchs-Autorin<br />

besucht zurzeit ein <strong>Kassel</strong>er<br />

das wert? Werde ich überhaupt erreichen,<br />

was ich mir wünsche oder sitze<br />

ich irgendwann da, ohne Freunde, für<br />

die ich keine Zeit mehr hatte und mit<br />

meinen geplatzten Träumen, weil ich<br />

eben doch nicht genug geleistet habe?<br />

Ich schlucke dann und weiß, dass ich<br />

ja doch nicht aufhören kann. Schließlich<br />

ist mir alles was ich tue wichtig,<br />

macht mir Spaß und ich würde nichts<br />

aufgeben wollen. So bin ich.<br />

So viel wie möglich mitnehmen, erfahren<br />

und lernen. Ich will nichts verpassen.<br />

Und wenn ich dann das nächste Mal<br />

nach einer anstrengenden Woche mit<br />

meinen Freunden koche, Wein trinke<br />

und zu später Stunde zu Liedern wie<br />

„Total eclipse of the heart“ auf den<br />

Tischen tanze, dann merke ich, dass<br />

ich ihn wieder geschafft habe, den<br />

Spagat zwischen Leben und Anforderungen.<br />

Gymnasium und macht im nächsten<br />

Schuljahr ihr Abitur. Danach will sie<br />

vor allem weg, am liebsten Politikwissenschaften<br />

studieren und<br />

nebenbei Journalistin werden. Auf jeden<br />

Fall die Welt entdecken eben.<br />

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