Einführung in die Pragmatik - TheKolibris.
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2.1 Personale Deixis 19<br />
2.1 Personale Deixis<br />
Personalpronomen der ersten und zweiten Person<br />
Die Personalpronomen erster und zweiter Person s<strong>in</strong>d personaldeiktische Ausdrücke. Ihre Semantik<br />
kann man wie folgt angeben:<br />
(12) a. �ich� D = S (Sprecher)<br />
b. �wir� D = {i1,i2,... }, S = ik (Sprecher und weitere Personen)<br />
c. �du� D = H (Hörer)<br />
d. �ihr� D = {i1,i2,...}, H = ik (Hörer und weitere Personen)<br />
(wir betrachten nur <strong>die</strong> Pronomen im Nom<strong>in</strong>ativ; <strong>die</strong> anderen Fälle (mich, mir, me<strong>in</strong>er, etc.) besitzen<br />
<strong>die</strong>selbe deiktische Semantik). Die Personalpronomen erster und zweiter Person unterscheiden sich<br />
von den temporal- (Zeit) und lokaldeiktischen (Ort) Ausdrücken dadurch, dass ihre Semantik nicht<br />
relativ zu e<strong>in</strong>em beliebigen deiktischen Referenzpunkt, sondern direkt <strong>in</strong> Bezug zum Sprecherkontext<br />
(erste Person) oder Hörerkontext (zweite Person) e<strong>in</strong>er Äußerung def<strong>in</strong>iert ist.<br />
Personalpronomen der dritten Person<br />
Die Semantik der Personalpronomen dritter Person kann nicht relativ zu e<strong>in</strong>em deiktischen Referenzpunkt<br />
oder zum Kontext e<strong>in</strong>er Äußerung angegeben werden. Sie s<strong>in</strong>d daher ke<strong>in</strong>e deiktischen<br />
Ausdrücke. Personalpronomen übernehmen ihre Referenz (Verweis auf e<strong>in</strong>e Person oder Personengruppe)<br />
von e<strong>in</strong>em nom<strong>in</strong>alen Ausdruck, dem sogenannten Antezedens, <strong>in</strong> der näheren Umgebung<br />
(im Diskurs) des Pronomens. Die möglichen Antezedenten e<strong>in</strong>es Pronomens s<strong>in</strong>d durch syntaktische<br />
(B<strong>in</strong>dung), semantische und pragmatische Faktoren (Adäquatheit) e<strong>in</strong>geschränkt. Betrachten wir dazu<br />
das folgende Beispiel:<br />
(13) Sie sitzt zwei Reihen vor mir.<br />
Das Pronomen sie referiert auf e<strong>in</strong>e Person, deren Standort zum Standort des Sprechers, also zum<br />
Kontext der Äußerung, <strong>in</strong> Beziehung gesetzt wird. Relevant für <strong>die</strong> Frage, ob sie <strong>in</strong> (13) e<strong>in</strong> deiktischer<br />
Ausdruck ist, ist aber nicht, ob <strong>die</strong> Referenz von sie zum Kontext <strong>in</strong> Beziehung gesetzt wird, sondern<br />
vielmehr, ob sie vom Kontext abhängt, d.h. durch den Kontext def<strong>in</strong>iert wird. In (13) ist das nicht der<br />
Fall; <strong>die</strong> Intension von (13) entspricht <strong>in</strong> etwa der Paraphrasierung <strong>in</strong> (14-a):<br />
(14) a. Die Person, auf <strong>die</strong> sie verweist, sitzt zwei Reihen vor dem Sprecher.<br />
b. #Die Person, <strong>die</strong> zwei Reihen vor dem Sprecher sitzt, sitzt zwei Reihen vor dem Sprecher.<br />
Würde <strong>die</strong> Referenz von sie durch sitzt und den (deiktischen) Ausdruck zwei Reihen vor mir def<strong>in</strong>iert,<br />
so müsste <strong>die</strong> Intension von (13) der Paraphrasierung <strong>in</strong> (14-b) entsprechen. Tatsächlich kann <strong>die</strong><br />
Aussage des Satzes <strong>in</strong> (13) nur verifiziert werden, wenn <strong>die</strong> Referenz von sie unabhängig vom Kontext<br />
festgelegt ist.<br />
In (15) wird dagegen e<strong>in</strong>e Person <strong>in</strong> Abhängigkeit vom Kontext def<strong>in</strong>iert:<br />
(15) Die Student<strong>in</strong>, <strong>die</strong> zwei Reihen vor mir sitzt, schläft schon wieder.<br />
Jedoch bedeutet <strong>die</strong>s nicht, dass <strong>die</strong> Student<strong>in</strong> <strong>in</strong> (15) e<strong>in</strong> deiktischer Ausdruck ist; vielmehr ist <strong>die</strong><br />
gesamte Phrase <strong>die</strong> Student<strong>in</strong>, <strong>die</strong> zwei Reihen vor mir sitzt deiktisch. Dies ergibt sich aus der Kontextabhängigkeit<br />
der Bedeutung von mir und der Kompositionalität der Semantik. Der Ausdruck zwei