Einführung in die Pragmatik - TheKolibris.
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4.2 Deiktische Paradoxien 33<br />
4.2 Deiktische Paradoxien<br />
Unter bestimmten Umständen können deiktische Projektionen zu Bed<strong>in</strong>gungen führen, <strong>die</strong> durch ke<strong>in</strong>e<br />
Belegung von CT, RT, AT und t0 erfüllbar s<strong>in</strong>d, was zur Folge hat, dass für e<strong>in</strong>e Äußerung ke<strong>in</strong><br />
deiktisches Zentrum existiert, sodass es ke<strong>in</strong>e s<strong>in</strong>nvolle Interpretation für <strong>die</strong> Äußerung gibt. Solche<br />
Bed<strong>in</strong>gungen heißen deiktisches Paradox:<br />
deiktisches Paradox: Bed<strong>in</strong>gungen, <strong>die</strong> zur Inkonsistenz des deiktischen Systems führen.<br />
Die deiktischen Paradoxien im folgenden Beispiel ergeben sich aus der Tatsache, dass bei direkter<br />
verbaler Kommunikation CT = RT ist. Die Äußerungen besagen, dass sie schon zu e<strong>in</strong>em früheren<br />
Zeitpunkt gemacht wurden, was <strong>in</strong> direkter verbaler Kommunikation ke<strong>in</strong>en S<strong>in</strong>n ergibt:<br />
(59) a. Ich äußerte <strong>die</strong>sen Satz gestern.<br />
b. Ich machte <strong>die</strong>se Äußerung gestern.<br />
(59-a,b) enthalten e<strong>in</strong>e Referenz auf <strong>die</strong> eigene Entstehung (äußerte <strong>die</strong>sen Satz, machte <strong>die</strong>se Äußerung).<br />
Der Widerspruch <strong>in</strong> (59-a,b) lässt sich wie folgt analysieren:<br />
(60) a. AT = CT (Selbstreferenz)<br />
b. AT < t0 (Vergangenheitsform)<br />
c. CT = RT (verbale Face-to-Face Kommunikation)<br />
d. deiktisches Zentrum = Sprecherkontext: CT = AT < t0 = CT (Widerspruch)<br />
e. deiktisches Zentrum = Hörerkontext: RT = CT = AT < t0 = RT (Widerspruch)<br />
Die deiktischen Paradoxien der folgenden Art werden durch <strong>die</strong> grundsätzliche Bed<strong>in</strong>gung ermöglicht,<br />
dass e<strong>in</strong>e Äußerung erst <strong>in</strong>terpretiert werden kann, wenn sie produziert worden ist, i.e. es gilt immer<br />
CT ≤ RT. Die Äußerung <strong>in</strong> (61) besagt, dass sie selbst noch gar nicht existiert (<strong>die</strong> Äußerung ist Teil<br />
des Briefes):<br />
(61) Ich werde <strong>die</strong>sen Brief am Mittwoch schreiben.<br />
Temporaldeiktisch lässt sich <strong>die</strong>se Paradox wie folgt erklären:<br />
(62) a. AT = CT (Selbstreferenz)<br />
b. AT > t0 (Tempusmarkierung)<br />
c. RT ≥ CT (gilt universell)<br />
d. deiktisches Zentrum = Sprecherkontext: AT > t0 = CT = AT (Widerspruch)<br />
e. deiktisches Zentrum = Hörerkontext: CT = AT > t0 = RT ≥ CT (Widerspruch)<br />
Daher ist (61) weder vom Standpunkt des Schreibers noch von dem des Lesers s<strong>in</strong>nvoll <strong>in</strong>terpretierbar.