Printversion vergriffen: Freier Download BA 55 als PDF - Bad Alchemy
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Neuseeland ist eine Insel. James Kirk trommelt auch im Freerocktrio THE<br />
STUMPS (nicht zu verwechseln mit Kev Hoppers einst <strong>als</strong> ‚Trout Mask Replicants‘<br />
gelobten Stump). Die Downunder-Stumps formierten sich 2003<br />
aus Kirk, dem umtriebigen Antony Milton again und Stephen Clover am<br />
Bass, wenn man so will, in der klassischen Guru Guru-Besetzung. The<br />
Black Wood (LVD 111) lässt aus den Boxen ausschließlich instrumentale<br />
Psychedelic dröhnen, zäh wie Teer. Die Klänge stagnieren in ihrem halbflüssigen<br />
Zustand, ölige Schlieren blecken ihre bizarren Paisleyzungen.<br />
Rock ist das nur, wenn man die Zeit von Dali‘schen Uhren abliest. Kirk<br />
schlägt oft minutenlang keine Beats, sondern lässt nur perkussiven Hall<br />
im Hintergrund morphen. Darüber wölbt Milton metallic-schimmernde<br />
Wellen (die bei Trk 7 besonders prächtig aufwallen). Sporadisch knickt<br />
und knittert Kirk den Zeitstrom, nur um gleich wieder zeitlupig dahin zu<br />
hinken, <strong>als</strong> ob er in eine überreife, klebrige Riesenkiwi getreten wäre. Miltons<br />
Gitarrensounds verziehen sich wie in einem alchemischen Ofen,<br />
verfärben sich vom Rötlichen ins Weißliche, knurren und wummern,<br />
durchmischt mit einem Bass, an dem sich ebenso wenig ein Puls fühlen<br />
lässt. Statt dessen hüllt sich Clover in Tintenfischwolken. Wenn sich die<br />
Drei mal rockig eingrooven (Trk 3), scheint Stumps Elevator Noir seine<br />
Tür mitten in den 70er Jahren zu öffnen. Zottelmähnige Japaner steigen<br />
zu und die Luft versuppt wie das Wasser des Toten Meeres. Strange.<br />
Providence ist uns Würzburgern ein Begriff durch die urigen, leider aufgelösten<br />
Urdog. Ihr Keyboarder Jeff Knoch tauchte seither in Eyes Like<br />
Saucers auf und nun an der Seite von Erik Carlson in AREA C. Dessen<br />
Loops & Gitarre und Knochs Farfisa- & Harmoniumgepumpe geben Haunt<br />
(LVD 113) das ganz spezielle Klangbild. Der Titel korrespondiert mit einem<br />
gleichnamigen Gedichtband von Keith Waldrop, Chevalier des arts et<br />
des lettres in Providence. Ob man sich auf Space-Trip mitgenommen fühlt<br />
oder in eine meditative Stimmung versenkt wird, das bleibt der jeweiligen<br />
Imagination überlassen. Mir scheint Area C hier näher bei Town & Country<br />
<strong>als</strong> bei Popol Vuh. Dröhnminimalistisch brummende Mäander, durchsetzt<br />
mit pulsierenden Schüben und stotternden Impulsen, atmen zuallererst<br />
die seltsamen Orgel- oder Akkordeonklänge von Farfisa & Harmonium.<br />
Das ist ‚strange‘ per se. Und entfaltet einen fast unwiderstehlichen<br />
Sog ist Träumerische und Geheimnisvolle, halb Exotica, halb Nostalgie,<br />
Fernweh und Flucht aus der Zeit. ‚Names of Places‘ bringt für knapp 3 Minuten<br />
eine Drummachine ins Spiel, bevor ‚Circle Attractor‘ mit hypnotisch<br />
repetierten Keyboardfiguren drehwurmartig hinter der Zirbeldrüse zu rotieren<br />
beginnt. Der Monstertrack, durchsetzt mit regnerisch tröpfelnden<br />
oder schleifenden Loops, spaltet sich in zwei Teile, verfällt im zweiten in<br />
ein schwermütiges Brüten, aus dem die Gitarre am Ariadnefaden einer<br />
sehnsuchtsvollen Melodie wieder hinaus führt. Absolut ‚haunting‘.<br />
Andrew Moon, ein weiterer Neuseeländer, spielte in den 80ern Schlagzeug<br />
in Goblin Mix, bevor er ab Mitte der 90er <strong>als</strong> rst monumentale Werke<br />
für Dröhngitarre zu erschaffen begann - The Acceleration Station (1995),<br />
R136a (1997), Warm Planes (2000) - , mit denen er bei Ecstatic Peace und<br />
Corpus Hermeticum auf offene Ohren stieß. Mit Axes (LVD 114) versucht<br />
er einmal mehr, die Schwerkraft zu überwinden. Dazu braucht er sich nur<br />
mit Mondlicht voll zu saugen und sich ganz auf den Stern zu konzentrieren,<br />
zu dem er sich aufschwingen möchte. Energie liefern ihm brummende<br />
Grundtöne, verschieden getöntes fuzziges, knurriges, wummerndes<br />
Dauerfeedback, auf das er eine kleine Melodie tupft oder ein weiteres, allerdings<br />
ganz helles Dröhnen, wie der Singsang einer Glasharmonika.<br />
Oder eine pulsierende Schwingung, ein zwitscherndes Sirren. Ein Titel<br />
wie ‚Return to the Stars‘ macht klar, was Moons kosmonautisches Streben<br />
antreibt - Heimweh. Seine Gitarre verwandelt sich vollständig in ein<br />
Sternenschiff. Was sich sonst Dröhnminimalistik oder Dark Ambient<br />
schimpft, will doch nur den Weltinnenraum gemütlich machen. rst ist darüber<br />
erhaben. Sein Mondstrahl ist stabil genug, um darauf hinaus und<br />
davon zu reiten.<br />
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