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Printversion vergriffen: Freier Download BA 55 als PDF - Bad Alchemy

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RuneGrammofon (Oslo)<br />

Der Bassist Eivind Opsvik stammt ursprünglich aus Oslo, lebt aber seit 1998 in New<br />

York und ist dort mit seinem eigenen Projekt Overseas (w/ Kenny Wollesen, Craig<br />

Taborn, Jacob Sacks & Tony Malaby) zugange und daneben noch in Dave Binney's<br />

Out of Airplanes oder mit Tone Collector und mit Rocket Engine spielt er sogar<br />

Black Sabbath-Kracher, „in an effort to find the missing link between early heavy<br />

metal and free jazz.“ Commuter Anthems (RCD2062)<br />

zeigt ihn erneut zusammen mit Aaron Jennings, einem<br />

Gitarristen, den es von Tulsa nach New York gezogen hat<br />

und der mit Opsvik auch noch in Hari Honzu groovigen<br />

Nowjazz spielt. OPSVIK & JENNINGS werden bei ihren<br />

handkolorierten Träumereien noch unterstützt von Rich<br />

Johnson an der Trompete und Ben Gerstein, einem Posaunisten<br />

mit einer denkwürdigen MySpace-Visitenkarte.<br />

Aber je mehr ich aufzähle, desto weiter drifte ich ab von<br />

der Simplizität der so smooth dahin fließenden ‚Pendler-<br />

Hymnen‘. Die wird man wohl <strong>als</strong> Folktronic oder Easy Listening<br />

etikettieren dürfen, wenn man im gleichen Atemzug<br />

die Software und die Sophistication erwähnt, die dafür<br />

aufgewendet wurden. Ganz entspanntes und federleichtes<br />

Postrockdrumming, Dadada-Singsang, Banjo,<br />

Concertina, Lap Steel- und Thereminwellen, ein Piano<br />

oder Percussion, die wie Spieluhren ticken, liefern feine Farbtupfer, einen Hauch<br />

von Country oder Hawaii, Melodienseligkeit in Exoticagefilden, der Van Dyke Parks-<br />

Bläser zwei-, dreimal einen fast wirklich hymnischen Schwung verleihen. Dann<br />

streicht Opsvik auf seinem Bass wieder mollige Töne, die Stimmung am ‚Silverlake‘<br />

oder der ‚Lorinda Sea‘ wechselt mit den Wolken. ‚Ways‘ schwelgt in Harfenarpeggios<br />

und Streicherschmelz, bevor trockene Banjozupfer zu einem schlaffen Posaunentrott<br />

abbiegen und ‚I‘ll scrounge along‘ anschließend sogar in einen Trip-<br />

Hopgroove verfällt. Aber vielleicht sollte ich gar nicht soviele Worte machen, um<br />

diese Musik nicht aus ihrer Tagträumerei aufzuschrecken.<br />

Mit Amateur (RCD2063) legen Dag-Are Haugan & Espen Sommer Eide ihre bereits<br />

vierte Scheibe aufs Rune-Grammofon. Ihren ALOG-Erstling Red Shift von 1999 fand<br />

ich kürzlich second-hand, Duck-Rabbit (2001) und Miniatures (2005) vertieften inzwischen<br />

noch ihre spezielle Mischung aus organischer Electronica und handishem<br />

Gekruspel mit Found Objects und Selbstbauklangerzeugern. Der Ansatz ist in doppelter<br />

Hinsicht minimalistisch, <strong>als</strong> Arte Povera mit immer<br />

wieder repetitivem Duktus. ‚Exit virtuoso‘, Hallo simplicity.<br />

Der Cellist Nicholas H. Mollerhaug mischt mit, wie auch<br />

schon bei Sommer Eides Phonophani, explizit mit Vocoder-Singsang,<br />

aber ansonsten ebenso undefiniert wie<br />

Alog selbst. ‚Son of king‘ zum Auftakt gibt in seiner hingeklimperten<br />

Pascal-Comelade-istik die abgespeckte und<br />

verspielte Richtung vor, die ‚a throne for the common<br />

man‘ mit perkussivem Gedonge und monotoner Schrammelgitarre<br />

stoisch fortsetzt. Animal-Collectives Freakdom<br />

ist gleichzeitig der Weg und das Ziel. Romantisch? Der A<br />

capella-Song ‚Write your thoughts in water‘ spielt immerhin<br />

auf Keats an. SOPHISTICATION wird, wenn auch nur<br />

auf Wasser, definitv groß geschrieben. Dafür sprechen<br />

Titel wie ‚a book of lightning‘, das ausnahmsweise dröhnminimalistisch<br />

schimmert, ‚the future of norwegian wood‘ (es wird gehackt, geknarrt,<br />

genagelt und gesägt), ‚bedlam emblem‘ und das ppp-Pssst bei ‚sleeping instruments‘.<br />

Gefolgt vom mechanischen, thereminumjaulten Gamelan-tingtingtingtingtingting<br />

von ‚the beginner‘. Schon ab diesem Town & Country-Derivat und erst<br />

recht ab dem freakish angetwangten ‚the learning curve‘ oder der melancholischen<br />

Glockenspielmelodie von ‚exit virtuoso‘ kann man mich zu den Alog-Bekehrten zählen.<br />

Um Bedlam braust ein Sturm, der Flötenklänge mit sich reißt. Die Freaks sind<br />

längst ausgeflogen und haben sich unter uns gemischt.<br />

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