Printversion vergriffen: Freier Download BA 55 als PDF - Bad Alchemy
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VICTO (Victoriaville, Québec)<br />
Les Disques Victo hat 2007 einen Grund zum Feiern.<br />
20 ans déjà. Um zum Jubeljahr die Qualität zu<br />
liefern, für die Victo steht, greift Michel Levasseur<br />
nunmehr zu Mitschnitten der FIMAV-Ausgabe<br />
2006. Downpour (VICTO cd 104), der Clash von<br />
NELS CLINE, ANDREA PARKINS & TOM RAI-<br />
NEY vertritt neben der NOWness von My Cat Is An<br />
Alien, Fieldwork, Huntsville, Mandarin Movie oder<br />
SunnO))), dem Charme von Charming Hostesss<br />
und Fe-Mail oder der Power von Etage 34, KTU<br />
und Zu fast schon eine Seltenheit: No Nonsense-<br />
Impro, allerdings <strong>als</strong> Fusion- und Elektro-Update.<br />
Clines Einfallsreichtum an der Gitarre, gespickt<br />
mit Effekten und Härte, lassen nicht einmal mehr<br />
ahnen, dass er 1979/80 <strong>als</strong> kalifornischer Nine<br />
Winds-Softie begonnen hat. Aber mit Rhythm Plague<br />
hatte er auch dam<strong>als</strong> schon Neigungen gezeigt,<br />
die Schubladen zu verwischen. Längst lässt<br />
er ebenso gern mit Mike Watts, den Geraldine Fibbers<br />
oder Thurston Moore die Drachen steigen<br />
wie mit Gregg Bendian‘s Interzone, Vinny Golia,<br />
Steuart Liebig und den Nels Cline Singers. Seine<br />
exzessive Kunstfertigkeit vielseitig zu nennen,<br />
wäre untertrieben. Die Konstellation mit dem Tim<br />
Berne-Drummer Rainey, der ja mit Marc Ducret gitarristische<br />
Herausforderungen gewohnt ist, und<br />
mit Parkins und ihren Sampler-, Akkordeon- &<br />
Keyboardsounds war bereits im New Yorker Tonic<br />
<strong>als</strong> Ash and Tabula (Atavistic) erprobt worden.<br />
Rainey wartete in Victoriaville mit einer Summe<br />
dynamischer Beatverschachtelungen auf, jenseits<br />
dessen nur noch das Berserkertum des Skronk- &<br />
Dirty Jazz existiert. Wenn er und Cline einen in die<br />
Zange nehmen, reichen die Sinne nicht aus, um<br />
die unkalkulierbaren Wendungen dieses Freispiels<br />
auf einmal zu erfassen. Besonders undurchsichtig<br />
ist die Rolle, die Parkins spielt. Die Cousine von<br />
Zeena Parkins, trioerprobt durch ihr jahrelanges<br />
Engagement mit Eskelin & Black, behauptet sich<br />
dort wie hier <strong>als</strong> elektrifizierter Luft-Geist, <strong>als</strong><br />
‚Drittes Element‘ (Daz dritte element daz ist der<br />
luft der besluzit in sich die ersten zwei). Schimmernde<br />
Haltetöne, zart bebende Zitterwellen, die<br />
Clines dröhnende oder abgerissene Kakophonie<br />
und Raineys knackiges Gerumpel und quecksilbrige<br />
Spritzer gleichzeitig von ‚Innen‘ durchzucken<br />
und von ‚Außen‘ umwölken. Gibt sie selbst sich<br />
diskanten Launen hin, versucht Cline sie mit eindringlich<br />
singendem Riffing zu beschwören, zu<br />
besänftigen. Hartnäckig wiederholte Bassfiguren<br />
der Gitarre und Marschrolls der Drums versuchen,<br />
die nesselnde Giftigkeit der Elektronik in einen<br />
Groove einzubinden. Aber so simple Lösungen<br />
werden schnell wieder verworfen zu Gunsten<br />
von ständiger Gärung, quicken Volten, Dynamik<br />
mit Effet. Wer das <strong>als</strong> orientierungslos abtut - Unfortunately,<br />
taken together, the trio’s music too<br />
often simply did not seem to go anywhere“ - , wie<br />
M. Bélanger in All About Jazz, überreizt die Rolle<br />
des abgebrühten Connaisseurs.<br />
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