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Printversion vergriffen: Freier Download BA 55 als PDF - Bad Alchemy

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Der seit 1999 in Los Angeles ansässige Neuseeländer<br />

ANDREW PASK hatte mich schon<br />

<strong>als</strong> Choir Boy beeindruckt im Duo mit dem<br />

pfMentum-Macher Jeff Kaiser (-> <strong>BA</strong> 46). Sein<br />

Spiel auf Sopranosax oder Bassklarinette, obwohl<br />

pur schon ausdrucksstark und poetisch,<br />

bekommt durch feines Liveprocessing Schatten<br />

oder Spiegelreflexionen, unscharfe Konturen,<br />

Fransen, wallende Schleppen. So auch bei<br />

Griffith Park (pfMENTUM CD041), Spaziergängen<br />

mit dem Pianisten JONATHAN BESSER.<br />

Die beiden kennen sich schon von Down Under,<br />

wo der 1949 in New York geborene Besser seit<br />

1974 lebt, waren sich zuletzt aber 1996, während<br />

Pasks Zeit <strong>als</strong> Cantopopbegleiter in Hongkong,<br />

in Macao begegnet, <strong>als</strong> Besser mit den<br />

Triphonics auf Chinatour gewesen war. Der<br />

Pianist ist in seiner Wahlheimat ein profilierter<br />

Komponist, von Tangos bis zu Opern, und präsentiert<br />

mit dem Ensemble Bravura ein ‚Arts on<br />

Tour‘-Programm. Die Impressionen und Meditationen<br />

mit Pask frischen gegenseitig Erinnerungen<br />

auf an das ‚Auenland‘. Mit Titeln wie ‚Steam<br />

Engine Love Letter‘, ‚Dust Bunny Meditation‘,<br />

‚Coldwater Lightbulb‘ oder ‚Cloud Formation<br />

Microscope‘ kitzeln sie die Einbildungskraft, die<br />

alles Mögliche assoziieren kann, nur, von den<br />

52 erruptiven Sekunden von ‚Geosynchronous<br />

Hibernation‘ abgesehen, keinen Jazz. Allenfalls<br />

lässt Pask mal den Ausnahmetonfall von Lol<br />

Coxhill anklingen. Bessers Schachzüge und<br />

Tagträumereien sind ‚einfach Musik‘, sparsam<br />

und doch reizvoll durch das Wechselspiel markanter<br />

Anschläge mit gezielten Atempausen,<br />

exemplarisch bei ‚Chessboard Cowboy‘. Die<br />

Spaziergänger entwerfen Bilder, Landschaften,<br />

Stimmungen, und dann verschwinden sie darin.<br />

Wer ihnen gefolgt ist, muss sich fragen, ob er<br />

das alles selber träumt, oder ob er im Traum<br />

von jemand anderem gelandet ist.<br />

34<br />

pf MENTUM (Ventura, CA)<br />

Auf Sulphur (pfMENTUM CD046) präsentiert<br />

STEUART LIEBIG mit seinem Kammermusikquartett<br />

MINIM drei neue Kompositionen.<br />

Das dreiviertelstündige ‚Kaleidoscope‘<br />

besteht aus 23 auf Haikus basierenden<br />

Miniaturen. ‚The Cherry Blossom Is<br />

Only Perfect When It‘s Falling From The<br />

Tree‘ ist ein harmonisches Palindrom aus<br />

13 Teilen in einem durchgehenden Satz<br />

und operiert dabei mit Terzinen, dem von<br />

Dante erfundenen Terza Rima-Reimschema<br />

a-b-a, b-c-b, c-d-c, d-e-d. Das kurze<br />

Quasirequiem ‚Necrological Pieties‘, für<br />

eine Choreographie geschrieben, hat seinen<br />

Titel von J.L. Borges entliehen. In Minim<br />

begegnet man erneut Andrew Pask an<br />

Klarinette & Bassklarinette, Sara Schoenbeck<br />

spielt Fagott, Brad Dutz Marimba,<br />

Percussion & Drums und der Composer<br />

selbst ist an seinen, zum Teil präparierten<br />

Kontrabassgitarren zu hören. Liebig<br />

macht die ‚Kaleidoscope‘-Miniaturen betont<br />

transparent und, der Haikupoesie<br />

entsprechend, frei von allem Überflüssigen,<br />

indem er die Vierstimmigkeit immer<br />

wieder ausdünnt. Der Klangfächer<br />

wird gebunden durch die Bass- und Kontrabasstonlagen,<br />

die oft holzigen Percussiontupfer,<br />

das schnarrende Röhren des<br />

Fagotts, das Schoenbeck selten in die Tenorlage<br />

aufhellen darf. Drei- & vierstimmige<br />

Momente wie XI und gleichzeitig quicke<br />

wie XII, XIII oder XVI wirken prompt opulent<br />

und übermütig. Mimin komplett, wie bei<br />

XIV, XVIII oder XXIII, ist fast schon Artrock.<br />

Der Gesamteindruck ist der einer originellen<br />

Simplizität, einer skurrilen Nyktophilie<br />

mit einer Vorliebe für die 17 (den 5-7-5<br />

Moren eines Haiku) und den sprunghaften<br />

Humor eines Kobayashi Issa. Eine sprung-<br />

und geräuschhafte Pointillistik bestimmt<br />

auch den Charakter der pietätischen Miniatur.<br />

Der Tod schleift seine Sense, die<br />

Uhr tickt, die Noten tropfen von Stimme zu<br />

Stimme. Diesen Effekt nutzt Liebig auch<br />

zum Auftakt des Kirschblütenstücks und<br />

setzt dann die Terza Rima-Spirale in Bewegung,<br />

durchwegs animiert. Der Minim-<br />

Ton und Liebigs Konzept verschütteln die<br />

66 Minuten miteinander zu einem einzigen<br />

Sulphur-Kaleidoskop. iTunes spielt schon<br />

die ganze Zeit ein Bisschen at random und<br />

ich merke es erst jetzt.

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