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retail 2/2013 - Wiener Zeitung

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etail___auslage<br />

„Es geht um Convenience<br />

und nicht um Preisminderung“<br />

Das Internet wird im Handel vielfach als Vertriebskanal und Preisdumping-Maschine<br />

missverstanden. In Wirklichkeit ist es ein Kommunikationsmedium mit der Botschaft,<br />

das Einkaufen möglichst bequem zu machen. Wer das Umdenken schafft, hat auch<br />

im stationären Geschäft mehr als gute Chancen, sagt Unternehmensberater<br />

Andreas Haderlein im Interview.<br />

<strong>retail</strong>: Ihr jüngstes Buch heißt „Die<br />

digitale Zukunft des stationären<br />

Handels“. Was haben Sie zuletzt in<br />

einem „richtigen“ Geschäft gekauft<br />

Andreas Haderlein: Ich muss tatsächlich<br />

überlegen. Man hat ja kaum<br />

noch Zeit zum Einkaufen, was unter<br />

anderem ein Grund ist, warum der stationäre<br />

Einzelhandel nicht mehr so gut<br />

funktioniert. Also, was habe ich gekauft<br />

Einen Staubsauger – bei einem<br />

stationären Händler.<br />

Hat man Sie gefragt, „Was kann ich<br />

für Sie tun“<br />

Das war definitiv etwas Ansprechenderes.<br />

Inzwischen wissen auch<br />

die Lehrlinge, dass sie den Kunden<br />

damit nicht mehr begeistern. Überzeugend<br />

ist aber die Schnelligkeit: Mein<br />

Einkauf hat insgesamt nur eine halbe<br />

Stunde gedauert – ohne mich vorher<br />

im Internet zu informieren, wohlgemerkt.<br />

Dem stationären Einzelhandel geht<br />

es nicht besonders gut. In Österreich<br />

erleben wir derzeit auch das Scheitern<br />

etablierter Ketten. Ist das Internet<br />

schuld an der Misere<br />

Das Internet ist wegen der<br />

Preistransparenz ein wichtiger Faktor,<br />

aber es ist nicht die Ursache des<br />

Strukturwandels im Handel. Dazu<br />

gehören noch ganz andere Aspekte:<br />

Fachmarktzentren, Outlets, schlechte<br />

politische Entscheidungen, die Innenstadtentwicklung<br />

vor Ort, die selbstbewussten<br />

Konsumenten, zerstrittene<br />

Gewerbevereine (entspricht in Österreich<br />

in etwa den Innungen – Anm.),<br />

zu wenig Kreativität – viele Dinge<br />

spielen hinein.<br />

Was sind denn die Stärken des stationären<br />

Einzelhandels aus Ihrer Sicht<br />

Auswahlkompetenz, Beratung, Service<br />

und positive Verblüffung: Ein guter<br />

Händler stellt nur die Produkte ins<br />

Regal, für die er auch die Hand ins<br />

Feuer legen und bei denen er seine<br />

Kunden so gut beraten kann, dass die<br />

auch sofort das Geld da lassen.<br />

Viele Händler gibt es stationär und<br />

im Internet, auch Service und Beratung<br />

kann man online bekommen.<br />

Wird die Trennung von Online und<br />

Offline langsam obsolet<br />

In gewisser Weise ja. Jeder Händler,<br />

ob er es will oder nicht, hat inzwischen<br />

einen Online-Auftritt durch<br />

die Suchmaschinen, Google Maps, die<br />

sozialen Netzwerke usw. Das Internet<br />

beeinflusst das Geschäft auf der Fläche<br />

und zwar nicht als Vertriebskanal,<br />

sondern als Kommunikationsmedium.<br />

Über welchen Vertriebsweg eine Ware<br />

verkauft wird, wird in Zukunft keine<br />

Rolle mehr spielen. Es ist ja auch<br />

möglich, im stationären Laden online<br />

einzukaufen. Internationale Filialisten<br />

definieren ihre Filialleiter schon tendenziell<br />

als Manager von Einzugsgebieten,<br />

weil sie auch das Online-Geschäft<br />

vor Ort im Blick haben müssen.<br />

Sie schreiben, Händler seien aufgefordert,<br />

die Kommunikationskanäle<br />

zu verbinden. Sind in diesem Stadium<br />

der Transformation des Handels<br />

die Großen im Vorteil<br />

Nein, auch wenn kleinere Händler<br />

vielleicht mehr Personalressourcen für<br />

die sozialen Netzwerke einsetzen müssen<br />

bzw. als Inhaber selbst aktiv werden<br />

sollten. Die Großen müssen viele<br />

Investitionen in Marketing, IT-Infrastruktur<br />

und Logistik tätigen, um alle<br />

Vertriebs- und Kommunikationskanäle<br />

miteinander zu verschmelzen. Das gilt<br />

für alle Branchen – für DIY-Händler<br />

genauso wie für Elektrofachmärkte. In<br />

allen Bereichen dringen Pure Player<br />

des Onlinehandels in den Markt hinein.<br />

Der Handel wurde aber schon<br />

immer zu Investitionen gezwungen,<br />

wenn disruptive Technologien oder<br />

Betriebstypen den Markt veränderten,<br />

wie zum Beispiel die Selbstbedienung,<br />

das Kaufhaus oder das Einkaufszentrum.<br />

Wer nicht umdenkt, bleibt auf<br />

der Strecke. Das ist die kreative Zerstörung<br />

nach Joseph Schumpeter.<br />

Das Internet wird vor allem als Preissenker<br />

betrachtet. Ist der Preis in dieser<br />

Phase der kreativen Zerstörung<br />

die schlagkräftigste Waffe<br />

Nein, es geht vielmehr um Einkaufserleichterung,<br />

um Convenience, und<br />

nicht um Preisminderung. Wenn die<br />

Leute bei Amazon einkaufen, dann<br />

deshalb, weil sie keine Lust haben,<br />

eine halbe Stunde lang einen Parklatz<br />

12___2/<strong>2013</strong>

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