16.01.2015 Aufrufe

retail 2/2013 - Wiener Zeitung

retail 2/2013 - Wiener Zeitung

retail 2/2013 - Wiener Zeitung

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

etail___österreich<br />

genähert (siehe Kasten). Für Piswanger<br />

steigt damit jedoch auch der bürokratische<br />

Aufwand für die Personalverleiher.<br />

Die Folge: Höhere Kosten für die<br />

Unternehmen, die Leiharbeiter einsetzen.<br />

Eine Gratwanderung zwischen<br />

sozialer Sicherheit für Leiharbeiter und<br />

notwendiger Flexibilität für die Unternehmen.<br />

Das zeigt sich auch an den<br />

Kosten: Leiharbeiter werden in Österreich<br />

nach dem Kollektivvertrag für<br />

Arbeitskräfteüberlassung bezahlt, der<br />

einen Mindestlohn von 1427,92 Euro<br />

vorsieht. Der Handel bezahlt gemäß<br />

Kollektivvertrag einen Mindestlohn<br />

von 1300 Euro. Prinzipiell gilt in Österreich,<br />

dass stets der höhere Kollektivvertrag<br />

zum Tragen kommt – somit<br />

kann ein Leiharbeiter unter Umständen<br />

teurer sein als die angestellte Kraft.<br />

Die höheren Kosten sind ein Grund,<br />

warum Franz Schwaighofer, Geschäftsführer<br />

von Toys“R“Us Österreich, weitgehend<br />

auf den Einsatz von Leiharbeitern<br />

verzichtet. „Zeitarbeiter sind<br />

zwar flexibel, aber häufig teurer als<br />

angestellte Mitarbeiter“, so Schwaighofer.<br />

Vor allem im Bereich Kundenkontakt<br />

greift das Unternehmen zu Spitzenzeiten<br />

daher lieber auf Studenten<br />

oder andere Mitarbeiter zurück. Zudem,<br />

ergänzt Schwaighofer, sucht sich<br />

Toys“R“Us sein Personal nach Möglichkeit<br />

selbst aus, anstatt den Weg über<br />

Agenturen zu gehen. Für Nicole Berkmann,<br />

Pressesprecherin von SPAR<br />

Österreich, ist hingegen gerade die<br />

Unterstützung durch externe Personalfirmen<br />

ein wichtiger Grund dafür, auf<br />

Leiharbeiter zurückzugreifen. „Durch<br />

diese Möglichkeit können vier Augen<br />

über den Arbeitsmarkt schauen und<br />

geeignete Arbeitskräfte finden“, erklärt<br />

Berkmann. Fünf Prozent der Arbeitskräfte<br />

bei SPAR Österreich sind Leiharbeiter,<br />

die in erster Linie in der Logistik<br />

tätig sind. Nach sechs Monaten besteht<br />

für Zeitarbeiter die Möglichkeit, in das<br />

Unternehmen übernommen zu werden,<br />

so Berkmann.<br />

Balance zwischen<br />

Kosten und Nutzen<br />

Die regelmäßig geäußerte Kritik,<br />

Leiharbeit der beruflichen Weiterentwicklung<br />

entgegen, teilt Personalconsulter<br />

Piswanger nicht. „Es gibt viele<br />

hochqualifizierte Arbeitskräfte, die als<br />

Leiharbeiter zum Einsatz kommen.<br />

Diese schätzen zudem die wechselnden<br />

Herausforderungen.“ Darüber hinaus,<br />

fügt Piswanger hinzu, sind mit<br />

der Umsetzung der EU-Richtlinie die<br />

Möglichkeiten der betriebsinternen<br />

Weiterbildung für Zeitarbeiter erweitert<br />

worden. Für Klaus Lercher, Geschäftsführer<br />

der Trenkwalder Personaldienste<br />

GmbH, ist Zeitarbeit nach wie vor<br />

eine gute Möglichkeit, um Arbeitskräfte<br />

kurz- und mittelfristig in die Erwerbstätigkeit<br />

zu integrieren und um<br />

potentielle neue Mitarbeiter kennen zu<br />

lernen. Lercher ist aber besorgt, dass<br />

die neuen rechtlichen Rahmenbedingungen<br />

den Einsatz von Zeitarbeitern<br />

weniger attraktiv machen und in Zukunft<br />

vermehrt auf Personaldienstleister<br />

und Personal außerhalb der EU<br />

zurückgegriffen werden könnte. „Eine<br />

solche Abwanderung wäre natürlich<br />

keine gute Entwicklung für den heimischen<br />

Arbeitsmarkt“, erklärt Lercher.<br />

UNITO-Geschäftsführer Gutschi<br />

sieht die neuen rechtlichen Bestimmungen<br />

hingegen überwiegend positiv.<br />

„Eine Annäherung der Bedingungen<br />

von Leiharbeitern und Angestellten<br />

halte ich für begrüßenswert. Natürlich<br />

muss die Balance zwischen Kosten<br />

und Nutzen gewahrt bleiben. Für<br />

uns überwiegen aber nach wie vor die<br />

Vorteile aufgrund der höheren Flexibilität“,<br />

so Gutschi. Auch Personalberater<br />

Piswanger sieht die schrittweise<br />

Vereinheitlichung der Gesetzesgrundlage<br />

für Leiharbeit als einen Schritt in<br />

die richtige Richtung, auch wenn die<br />

Praxis in der Union immer noch sehr<br />

unterschiedlich ist. Soziale Sicherheit<br />

sei wichtig: „Sie trägt zur Zufriedenheit<br />

der Arbeitskräfte bei, auch wenn die<br />

jeweilige Tätigkeit nur wenige Wochen<br />

oder Monate dauert. Und das nützt am<br />

Ende auch den Unternehmen“, meint<br />

der Personalberater.<br />

Trenkwalder-Geschäftsführer Lercher<br />

empfiehlt den Händlern vor dem<br />

Hintergrund der neuen Rechtslage, sich<br />

im Vorfeld gut zu informieren. „Dafür<br />

bieten sich Internetplattformen wie<br />

zum Beispiel Kununu an. Zudem lohnt<br />

es sich, die Liste der haftungsfreistellenden<br />

Unternehmen und den Kreditschutzverband<br />

zu konsultieren sowie<br />

generell Informationen über Drittschuldhaftung<br />

einzuholen“, so Lercher.<br />

Stephan Wabl<br />

EU-Richtlinie<br />

Arbeitskräfteüberlassung:<br />

Die wichtigsten<br />

Neuerungen<br />

(seit 1. Jänner <strong>2013</strong> in Kraft)<br />

Überlasser müssen Arbeitnehmer,<br />

die länger als drei Monate überlassen<br />

waren, spätestens 14 Tage vor Ablauf<br />

eines Einsatzes darüber informieren,<br />

dass die Tätigkeit beendet wird.<br />

Die Information vor Beginn jeder<br />

Überlassung muss auch die Einstufung<br />

im Kollektivvertrag des beschäftigenden<br />

Betriebes enthalten. Der<br />

Grundlohn sowie Zulagen, Zuschläge<br />

und dergleichen müssen zudem getrennt<br />

ausgewiesen werden. Die zu<br />

verrichtende Arbeit und die voraussichtliche<br />

Dauer des Einsatzes sind<br />

anzuführen.<br />

Leiharbeiter müssen vor Beginn<br />

ihres Einsatzes über spezielle Anforderungen<br />

(wie z. B. Schwindelfreiheit)<br />

und Gefahren nachweislich<br />

und schriftlich informiert werden.<br />

Beschäftigende Betriebe sind zudem<br />

verpflichtet, den Arbeitskräfteüberlassern<br />

alle Arbeitsschutzdokumente zur<br />

Verfügung zu stellen und Informationen<br />

über die Gefahren am Arbeitsplatz<br />

zu übermitteln.<br />

Ab 2014 wird ein gesetzlich eingerichteter<br />

Fonds Leiharbeitern bei Arbeitslosigkeit<br />

eine einmalige, schnelle<br />

Unterstützung ausbezahlen.<br />

Beschäftigende Betriebe sind verpflichtet,<br />

Leiharbeiter bei der Teilnahme<br />

an internen Weiterbildungsmaßnahmen<br />

zu unterstützen. Stehzeiten<br />

sollen besser für Aus- und Weiterbildung<br />

genützt werden können.<br />

Leiharbeiter müssen seit 1. Jänner<br />

<strong>2013</strong> in Betriebsurlaube einbezogen<br />

werden. Bei verkürzten Arbeitszeiten,<br />

bezahlten Pausen oder zusätzlichen<br />

Urlaubstagen müssen auch Leiharbeiter<br />

davon profitieren können.<br />

Seit Beginn des Jahres müssen<br />

Leiharbeiter Zugang zu Sozialleistungen<br />

wie Kantine oder Betriebskindergarten<br />

haben. Bei langen Überlassungen<br />

(ab vier Jahre) ist darüber hinaus<br />

eine gleichwertige Einbeziehung in<br />

Pensionskassen bzw. betriebliche Kollektivversicherungen<br />

verpflichtend.<br />

2/<strong>2013</strong>___31

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!