retail 2/2013 - Wiener Zeitung
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etail___international<br />
„Die gesamte Welt ist an<br />
Alternativen interessiert“<br />
Geringe Transaktionskosten, grenzenloser Handel und Autonomie für Händler und Konsumenten:<br />
Das Bezahlsystem Ripple, das zugleich eine neue virtuelle Währung ist, fordert Bezahlsystem-Anbieter<br />
heraus. Ein Gespräch mit dem Ripple-Gründer Chris Larsen von OpenCoin.<br />
<strong>retail</strong>: Ripple hat drei Funkionen: Bezahlsystem,<br />
Währung und Währungsbörse.<br />
Warum diese Kombination<br />
Chris Larsen: Die Kombination ist<br />
stärker als die einzelnen Elemente. Durch<br />
die Währung Ripple kann das Bezahlsystem<br />
alle Währungen bedienen. Man kann<br />
jeden Betrag in jeder Währung in jedes<br />
Land der Welt überweisen, kostenlos und<br />
praktisch ohne Zeitverzug. Geldtransfers<br />
werden so einfach wie Emails. Händlern<br />
steht damit die gesamte Welt offen.<br />
Wird Ripple damit eine Konkurrenz zu<br />
kommerziellen Anbietern von Kreditkarten<br />
und Bezahlsystemen<br />
Diese Anbieter könnten von Ripple<br />
profitieren, indem sie das System nutzen,<br />
um besseres und schnelleres Service<br />
für ihre Kunden anzubieten. Wir sehen<br />
Ripple als Ergänzung.<br />
Wenn es darum geht, Geldtransfers zu<br />
vereinfachen, warum braucht man eine<br />
zusätzliche virtuelle Währung, die außerhalb<br />
staatlicher Kontrolle steht<br />
Der Ripple ermöglicht den Transfer<br />
in jede Währung: Mit Ripple kann man in<br />
allen Währungen kaufen und verkaufen,<br />
Geld überweisen, handeln – in bitcoins<br />
ebenso wie in Dollar oder Pesos. Es wird<br />
möglich, in einer Währung zu zahlen,<br />
während der Empfänger die Zahlung in<br />
einer anderen Währung erhält.<br />
100 Milliarden Ripples will OpenCoin in<br />
Umlauf bringen, zunächst unter technikaffinen<br />
bitcoin-Usern. Bei bitcoin<br />
hat unter anderem die Begrenzung der<br />
Geldmenge die Spekulation angeheizt.<br />
Es wird gehortet, nicht gehandelt. Wie<br />
will OpenCoin das bei Ripple verhindern<br />
Der bitcoin ist nur als Währung attraktiv,<br />
nicht als Bezahlsystem, deshalb<br />
beginnen die Leute tatsächlich zu horten.<br />
Ripple ist zuerst ein Bezahlsystem<br />
und dann eine Währung. Die Währung<br />
ist nur ein Werkzeug, deren Wert durch<br />
den Markt bestimmt wird. Auch wenn die<br />
Leute beginnen sollten, Ripples zu horten,<br />
würde dies das Bezahlsystem nicht beeinträchtigen.<br />
Wie wird Ripple kontrolliert<br />
Ripple ist ein Open Source-Protokoll,<br />
das durch das Netzwerk – nicht zentral –<br />
gesteuert wird. So werden die Regeln und<br />
Maßstäbe festgelegt, neue Anwendungen<br />
entwickelt. Ripple ist dazu gedacht, praktische<br />
Anwendung zu finden. Um illegale<br />
Aktivitäten zu verhindern, führen wir ein<br />
öffentliches Kontobuch. Ripple stellt sich<br />
nicht abseits gesetzlicher Bestimmungen.<br />
Bei den virtuellen Währungen nehmen<br />
die Märkte die Rolle der Zentralbanken<br />
und Banken ein, um regulierend zu<br />
vermitteln. Was ist so problematisch an<br />
Banken<br />
Diese Vermittler sind auch Bremsen:<br />
Jede finanzielle Transaktion kostet Zeit<br />
und Geld. Ripple schafft einen direkten<br />
Weg für eine praktisch unmittelbare,<br />
sofortige Transaktion ohne Kosten. Das<br />
ermöglicht auch Mikrozahlungen, was<br />
jetzt wegen zu hoher Transaktionskosten<br />
teuer ist. Ripple kann auch nicht einfach<br />
abgedreht werden, weil es nicht zentral<br />
gesteuert wird.<br />
Welche Erwartungen haben Sie für Bezahlsysteme<br />
der Zukunft Entwickelt<br />
sich mit den virtuellen Währungen eine<br />
Parallelwelt für den Onlinehandel<br />
Die Wirtschaft und die gesamte Welt<br />
sind offenbar sehr an Alternativen zu<br />
dem bestehenden System interessiert.<br />
Rechenbasierte Währungen und bessere<br />
Bezahlsysteme werden weiter wachsen.<br />
Wir glauben, dass Ripple beides vereint<br />
und deshalb für Käufer, Händler und Finanzdienstleister<br />
sehr attraktiv ist.<br />
Cathren Landsgesell<br />
Foto: OpenCoin<br />
Chris Larsen ist der CEO von<br />
OpenCoin, den Entwicklern von<br />
Ripple, einem Bezahlsystem und<br />
einer neuen virtuellen Währung.<br />
Währungen aus Nichts:<br />
Ripple & Co.<br />
Ihr Ruf ist nicht der Beste: Spätestens<br />
seit die US-Staatsanwaltschaft die<br />
Plattform von Liberty Reserve wegen<br />
Geldwäsche zusperrte, stehen virtuelle<br />
Währungen im Verdacht, vor allem<br />
illegalen Geschäften zu dienen, wie<br />
auch der Marktplatz Silk Road zeigt.<br />
Doch auch die legale Geschäftswelt<br />
zeigt Interesse an dem mathematischen<br />
Geld, um Transaktionsgebühren<br />
zu vermeiden. PayPal prüft derzeit<br />
die Zulassung von bitcoins; bei Amazon<br />
kann man mit dem Amazon Coin<br />
Content für Kindle Fire bezahlen;<br />
Onlinedienstleister Tencent ermöglicht<br />
Bezahlung mit QQ-Coins. Für Online-<br />
Händler sind rechenbasierte Währungen<br />
besonders attraktiv.<br />
Anders als Währungen mit „Konzernanschluss“<br />
werden reine Netzwerkwährungen<br />
wie bitcoin, Litecoin oder<br />
Freicoin nicht zentral kontrolliert,<br />
ihr Wert und Geltung bestimmt der<br />
Markt. Ripple, derzeit noch in der<br />
Beta-Phase, wird in den kommenden<br />
Monaten 100 Milliarden mathematisch<br />
generierte Ripples ausgeben.<br />
2/<strong>2013</strong>___37