1 SPIELZEIT 06/07 Materialien zu NUR NOCH ... - Theater Ulm
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<strong>Theater</strong> <strong>Ulm</strong> <strong>NUR</strong> <strong>NOCH</strong> HEUTE <strong>Materialien</strong><br />
Ich ging ins Schlafzimmer und weckte Nancy. Ihre Augen waren gerötet, und die<br />
Haut um die Augen war geschwollen. Sie hatte sich Lockenwickler ins Haar gedreht,<br />
und ein Koffer lag offen am Fußende des Bettes auf dem Boden.<br />
»Nancy«, sagte ich. »Schatz, komm und sieh dir an, was vorn im Garten ist. Komm<br />
und sieh's dir an. Du musst das sehen. Du wirst es nicht glauben. Schnell, komm.«<br />
»Was ist denn da«, sagte sie. »Tu mir nicht weh. Was ist da«<br />
»Schatz, du musst das sehen. Ich tu dir nicht weh. Es tut mir Leid, wenn ich dich<br />
erschreckt hab. Aber du musst rüberkommen und dir das ansehen.«<br />
Ich ging wieder ins andere Zimmer und stellte mich ans Fenster, und nach wenigen<br />
Minuten kam Nancy; sie band sich im Gehen ihren Bademantel <strong>zu</strong>. Sie sah aus dem<br />
Fenster und sagte: »Mein Gott, sind die schön! Woher sie wohl kommen, Dan Sie<br />
sind einfach wunderschön.«<br />
»Sie müssen irgendwo hier in der Gegend ausgerissen sein«, sagte ich. »Von einer<br />
der Farmen. Ich ruf gleich beim Sheriff an, damit sie die Eigentümer ausfindig<br />
machen. Aber ich wollte, dass du sie vorher siehst.«<br />
»Ob sie beißen«, sagte sie. »Ich würde das eine da gern streicheln, das da, das uns<br />
gerade angeguckt hat. Ich würde gern seinen Hals streicheln. Aber ich möchte nicht<br />
gebissen werden. Ich geh mal raus.«<br />
»Ich glaub nicht, dass sie beißen«, sagte ich. »Sie sehen nicht so aus wie Pferde, die<br />
beißen. Aber zieh dir eine Jacke über, wenn du rausgehst; es ist kalt da draußen.«<br />
Ich zog mir die Jacke über meinen Pyjama und wartete auf Nancy. Dann öffnete ich<br />
die Haustür und trat hinaus und ging in den Garten mit den Pferden. Alle blickten auf<br />
und guckten uns an. Zwei rupften gleich darauf wieder Gras. Eines von den anderen<br />
schnaubte und wich ein paar Schritt <strong>zu</strong>rück, und dann rupfte es auch wieder Gras<br />
und kaute, mit gesenktem Kopf. Ich rieb die Stirn eines der Pferde und tätschelte<br />
seinen Hals. Es kaute weiter. Nancy streckte die Hand aus und streichelte die Mähne<br />
eines anderen Pferdes. »Pferdchen, wo kommst du her«, sagte sie. »Wo bist du <strong>zu</strong><br />
Hause, Pferdchen, und warum bist du ausgegangen heut Abend«, sagte sie und<br />
streichelte weiter die Mähne des Pferdes. Das Pferd sah sie an und blies durch die<br />
Lippen und senkte wieder den Kopf. Nancy streichelte seinen Hals. »Ich glaub, ich<br />
sollte lieber den Sheriff anrufen«, sagte ich.<br />
»Noch nicht«, sagte sie. »Wart noch eine Weile. Wir werden so was nie wieder<br />
sehen. Wir werden nie, nie wieder Pferde in unserem Vorgarten haben. Wart noch<br />
eine Weile, Dan.«<br />
Etwas später - Nancy war noch immer draußen, ging von einem Pferd <strong>zu</strong>m andern,<br />
klopfte ihnen den Hals und streichelte ihre Mähne - wanderte eines der Pferde aus<br />
dem Garten in die Einfahrt und spazierte um das Auto herum und die Einfahrt<br />
hinunter auf die Straße <strong>zu</strong>. Da wusste ich, dass ich anrufen musste.<br />
Es dauerte nicht lange, da kreuzten mit im Nebel aufblitzenden roten Lichtern die<br />
zwei Sheriff-Autos auf, und wenige Minuten später folgte ein Mann in einem<br />
Schaffellmantel, der einen Pickup mit einem Pferdetrailer dahinter fuhr. Jetzt<br />
scheuten die Pferde und versuchten <strong>zu</strong> entkommen, und der Mann mit dem<br />
Pferdetrailer fluchte und versuchte, einem der Pferde ein Seil um den Hals <strong>zu</strong><br />
werfen.<br />
»Tun Sie ihm nicht weh!«, sagte Nancy.<br />
Wir gingen wieder ins Haus und standen hinter dem Fenster und sahen <strong>zu</strong>, wie die<br />
Deputys und der Rancher sich mühten, die Pferde <strong>zu</strong>sammen<strong>zu</strong>treiben.<br />
»Ich mach mal Kaffee«, sagte ich. »Möchtest du auch Kaffee, Nancy«<br />
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