1 SPIELZEIT 06/07 Materialien zu NUR NOCH ... - Theater Ulm
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<strong>Theater</strong> <strong>Ulm</strong> <strong>NUR</strong> <strong>NOCH</strong> HEUTE <strong>Materialien</strong><br />
Nonnen, Priestern) und einen weniger vollkommenen Stand verheirateter Laien.<br />
Diese Zweiteilung hat in der katholischen Kirche bis heute überlebt.<br />
Andererseits wurde die Ehe als unauflösliches Sakrament («. . . bis dass der Tod<br />
Euch scheidet») definiert und die Eheschliessung schon früh der kirchlichen<br />
Gerichtsbarkeit unterstellt. Ab dem 9. Jahrhundert wurde verstärkt gefordert, nur<br />
eine kirchliche Eheschliessung <strong>zu</strong> akzeptieren. Die christliche Heirat und mit ihr das<br />
kirchliche Eherechtsmonopol setzte sich - gegen den Widerstand lokaler Traditionen<br />
- allerdings erst im 12. Jahrhundert durch. Die Idee der Unauflösbarkeit der Ehe und<br />
das Prinzip, dass nur eine kirchliche Heirat gültig sei, gehören in der katholischen<br />
Kirche bis heute <strong>zu</strong>r kirchlichen Doktrin.<br />
Ab dem 12. Jahrhundert setzte sich in Westeuropa allmählich das Konsensprinzip<br />
durch: Ehewillen beziehungsweise Verlobung waren der Beginn der Ehe; eine Ehe<br />
ohne Einwilligung beider Ehepartner wurde <strong>zu</strong>r Ausnahme. Junge Frauen wurden<br />
damit selbständiger und getrauten sich, einen unliebsamen Heiratspartner<br />
<strong>zu</strong>rück<strong>zu</strong>weisen. Während in vielen anderen Kulturen die Eltern bis heute den<br />
Ehepartner, die Ehepartnerin ihrer Kinder bestimmen, gewannen junge Männer und<br />
Frauen in Westeuropa relativ früh die Freiheit, bei der Wahl eines Ehepartners -<br />
<strong>zu</strong>mindest innerhalb des gleichen Dorfes oder des gleichen Standes -<br />
mit<strong>zu</strong>entscheiden. Das Konsensprinzip schloss ein, sich gegen die Ehe entscheiden<br />
<strong>zu</strong> können. Seitens der Kirche ging es darum, «religiöse Berufungen <strong>zu</strong> schützen»<br />
und Eltern daran <strong>zu</strong> hindern, Kinder gegen deren Willen in den unauflöslichen<br />
Ehestand <strong>zu</strong> nötigen.<br />
Faktisch musste die mittelalterliche<br />
Kirche immer wieder gegen lokale<br />
Traditionen (etwa Heirat unter<br />
Blutsverwandten, Brautkauf) und<br />
Formen ausserehelicher Sexualität<br />
ankämpfen. Angesichts der häufigen<br />
Todesfälle - speziell während Pestzeiten<br />
- war die durchschnittliche Ehedauer<br />
gering. Wiederverheiratung war häufig,<br />
schon aus wirtschaftlichen Gründen. Vor<br />
allem für Frauen war und blieb die Ehe<br />
die einzige wirtschaftliche Absicherung. So machten viele Zünfte jüngeren Witwen<br />
die Auflage, sich innerhalb eines Jahres mit einem Mann desselben Handwerks <strong>zu</strong><br />
verheiraten.<br />
Am Ende des Hochmittelalters hatte sich das kanonische Eherecht (Ehe als<br />
unauflösliches Sakrament, kirchliches Heiratsmonopol) durchgesetzt. Aber der<br />
grundlegende Zwiespalt zwischen Priesterzölibat und verheirateten Laien blieb<br />
bestehen und beschäftigt die katholische Kirche bis heute.<br />
AUFWERTUNG VON EHE UND FAMILIE. Die Reformatoren, namentlich Calvin und<br />
Zwingli, haben den mittelalterlich-kirchlichen Zwiespalt gegenüber der Ehe<br />
grundsätzlich aufgelöst. Der Priesterzölibat wurde kurzerhand abgeschafft, der<br />
sakramentale Status der Ehe verneint, was aber nicht etwa <strong>zu</strong>r Abwertung, sondern<br />
im Gegenteil <strong>zu</strong>r Aufwertung von Ehe und Familie führte.<br />
Durch die Priesterehe wurde die Trennung zwischen Klerikern und Laien<br />
aufgehoben. Die Pfarrfamilien wurden <strong>zu</strong>m lebendigen und sichtbaren Vorbild<br />
christlicher Eheführung. Dass die Reformatoren Haus und Familie ins Zentrum der<br />
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