Magisterarbeit - Karate-Budo-Torgelow
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um. Zusammengefasst können physische und übergreifende Ziele des Katatrainings<br />
festgestellt werden. Physische Ziele sind die Aneignung der Techniken, Stärkung der<br />
Muskeln, Sehnen, Bändern, Knochen, des Organsystems, des Herzkreislaufsystems<br />
und des Atmungssystems, Maximierung der Effektivität der eigenen Biomechanik<br />
und die Entwicklung schneller Reflexe und Bewegungen bis zur Fähigkeit in realistischen<br />
Situationen zur Selbstverteidigung fähig zu sein. Übergreifende Ziele sind die<br />
Verbindung von Körper, Geist und Seele (die Definition soll an dieser Stelle offen<br />
bleiben, denn das Wahrnehmen von Geist und Seele ist vielfältig und kann derzeit<br />
nicht genau festgestellt werden), Höflichkeit, allgegenwärtige Wachsamkeit, das Energiezentrum<br />
(japanisch Hara, das im Unterbauch liegt und Sammelort der Lebensenergie<br />
ist) zu entwickeln und als Quelle der Kraft zu nutzen. Katatraining und die<br />
Anwendung der Kata in Selbstverteidigungssituationen war vor dem letzen Jahrhundert<br />
die einzige Trainingsmethode im <strong>Karate</strong> (vgl. R. G. Hassel 1998, S.29/30). Zusätzlich<br />
wurden Körperabhärtungsübungen ausgeführt, um schmerzunempfindlich zu<br />
werden und sowohl die Verteidigungs- als auch die Angriffstechniken zu verstärken.<br />
Es wurde trainiert, bis die Arme und Beine angeschwollen waren, bis die Knöchel der<br />
Faust bluteten und hunderte Male gegen ein Schlagpfosten geschlagen worden war.<br />
Das Schlagpolster wird japanisch Makiwara genannt. Auf dem Bild ist eine Variante<br />
abgebildet. Es sind viele Geschichten überliefert, in denen von fast übermenschlichen<br />
Trainingsmethoden gesprochen wird. So trainierte z. B. ein<br />
Meister der okinawanischen Selbstverteidigung seine Standfestigkeit auf<br />
dem Dach seines Hauses, wenn ein Taifun über die Insel hinwegfegte. In<br />
seinen Händen hielt er eine Tatami-Matte (Strohmatte). Sein Ziel war es<br />
seine Standfestigkeit zu steigern, seine Technik zu perfektionieren, seinen<br />
Körper und seinen Geist zu trainieren, indem er gegen schwierigste<br />
Umstände anging (vgl. Funakoshi Gichin 1993, S. 72-74). Ob diese und<br />
ähnliche Geschichten der Wahrheit entsprechen oder nicht, ob vielleicht<br />
ein Teil Wahrheit in ihnen liegt oder nicht kann nicht empirisch nachgewiesen<br />
werden. Deshalb werden sie als Trainingsmethoden der früheren<br />
<strong>Karate</strong>entwicklung in dieser Arbeit nicht in Betracht gezogen. Im Gegensatz<br />
zu diesen Geschichten ist aber streng überliefert, dass in früheren<br />
Zeiten des <strong>Karate</strong> der Grundsatz galt für eine Kata drei bis vier Jahre täglichen<br />
Trainings zu absolvieren, um sie zu meistern (vgl. A. Pflüger 1995, S.20; W.<br />
Lind 1997, S.278). Das heißt, dass erst nach mindestens drei Jahren intensiven<br />
Trainings eine neue Kata gelernt werden durfte. Und das nur, wenn der Meister die<br />
erlernte Kata als gut genug beurteilte und den Schüler als bereit anerkannte. Das<br />
wird von vielen Schriftstellern zum Thema des <strong>Karate</strong> belegt, wie zum Beispiel von<br />
W. Lind, Funakoshi Gichin, Schlatt, E. Karamitsos, Okazaki, H. Handel, Binhack, u.a.<br />
„Dieses dauernde Wiederholen eines einzigen Kata war grausam, brachte einen oft<br />
zur Verzweiflung und war manchmal erniedrigend. Mehr als einmal ging ich dabei zu<br />
Boden. Aber das Training war hart, und es wurde mir nie erlaubt mit einem anderen<br />
Kata zu beginnen, bevor Azato nicht überzeugt war, dass ich jenes, an dem ich gerade<br />
arbeitete, zufriedenstellend verstanden hatte“ (F. Gichin 1993, S.25). Ganz allgemein<br />
kann gesagt werden, dass ausschließlich die Dauermethode verwendet wurde.<br />
Mit fortschreitender Entwicklung im <strong>Karate</strong> wurden verschiedenste neue Varianten<br />
des Übens ins Training integriert. Ein wesentlicher Punkt zur Erweiterung des <strong>Karate</strong><br />
war die Aufnahme verschiedener Kata. Die geschichtlich überlieferte Anzahl der<br />
geübten Kata eines Meisters reicht von drei bis fünf. Mehr konnten nicht in einem<br />
Leben gemeistert werden (vgl. W. Lind 1997, S.278). Diese Zahl wurde von Funakoshi<br />
Gichin auf fünfzehn Kata erhöht. Die fünfzehn Kata sind folgende (vgl. H. Han-<br />
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