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Schallschutz im Schienenverkehr

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Im worstcasewirdabeiner best<strong>im</strong>mten Schwelle einstruktureller<br />

Leerstand entstehen. Dies ist der Fall, sobald die erzielbaren<br />

Einnahmen die Bau- oder Unterhaltskosten regelmäßig<br />

nicht mehr decken. Dieser strukturelle Leerstand führt die<br />

betroffenenGemeinden an Situationen, in denendie schlechter<br />

werdende Versorgung, wegbrechende Arbeitsplätze und<br />

aufgegebene städtische Infrastruktur zum best<strong>im</strong>menden<br />

Standortfaktor werden. Sobald diese Schwelle überschritten<br />

ist, tendiert die Frequenz von Grundstücksgeschäften gegen<br />

null. Neuvermietungen werden, selbst weit unter Preis, schwierig<br />

bis aussichtslos.<br />

Die direkte Folge sind Absiedelungsbewegungen, die entlang<br />

der Hauptverkehrstrassen einsetzen und etwa <strong>im</strong> Mittelrheintal<br />

bereits äußerlich sichtbar sind. Um eine Vorstellung von<br />

dem Potenzial der Absiedelung zu bekommen, hilft es vielleicht<br />

zuwissen, dass 800.000 Menschen, die heute anden<br />

Haupteisenbahnstrecken einem gesundheitsgefährdenden<br />

Lärm vonL night >60dB(A) ausgesetztsind, aufetwa 480km²<br />

Siedlungs- und Verkehrsfläche leben. Perspektivisch werden<br />

sich Bewohner hochbelasteter Siedlungsräume weniger belasteten<br />

Flächen zuwenden, was zueinem Verbrauch an bislang<br />

unbesiedelter Landschaft führt.<br />

Die Tendenz zur Absiedelung wird sich aus <strong>im</strong>mobilienwirtschaftlicher<br />

Sicht künftig weiter verstärken. Die effizienzsteigernden<br />

Maßnahmen der Eisenbahnen prägen die Vorstellung<br />

von der künftigen Entwicklung der Grundstücke inzwischenstärker<br />

alsdie alskosmetischempfundenen Bemühungen<br />

zur Lärmminderung. Die bislang beschlossenen Maßnahmen,<br />

wie die freiwillige Montage von Lärmschutzwänden<br />

oder der Austausch von Bremsklötzen, sind bei weitem nicht<br />

ausreichend, umwirksam entgegenzusteuern.<br />

Erfassung der externen volkswirtschaftlichen Kosten<br />

Leider wird durch die Bundesregierung bislang inDeutschland<br />

keine systematische Erhebung der externen Kosten des<br />

Schienengüterverkehrs vorgenommen. Das Schweizer Bundesamtfür<br />

Raumentwicklung erhebt dieexternenKosten des<br />

Verkehrs alle fünf Jahre. Der aktuelle Bericht trägt den Titel<br />

„Externe Kosten und Nutzen des Verkehrs in der Schweiz /<br />

Strassen-, Schienen,- Luft- und Schiffsverkehr 2010 und<br />

Entwicklungen seit 2005“. Indiesen Berechnungen ist inzwischenein<br />

großerTeilder externen SchädennachKostenarten<br />

enthalten, wenn auch noch nicht alle Schadensarten systematisch<br />

erfasst und monetarisiert werden konnten.<br />

Die externen Kosten für den <strong>Schienenverkehr</strong> wurden für die<br />

Schweiznachdem at-least-Ansatzermittelt:<br />

Miet- und Grundwertverlust<br />

aus Lärm (in Mio.CHF/Jahr)<br />

Gesundheitskosten aus Lärm<br />

Luftbelastung<br />

Natur und Landschaft<br />

Übrige Belastungen<br />

Summe<br />

<strong>Schienenverkehr</strong><br />

130<br />

226<br />

119<br />

113<br />

727<br />

davon<br />

Güterverkehr<br />

Überträgt man die Miet- und Grundwertverluste aus Schienengüterlärm<br />

über die Zahl der betroffenen Wohnungen oder<br />

Einwohner auf Deutschland, so ergibt sich aus dem Schienengüterverkehr<br />

ein <strong>im</strong>mobilienwirtschaftlicher Schaden in<br />

Höhe von mehr als 5Mrd. EUR pro Jahr.<br />

Eine andere Herangehensweise ist die Monetarisierung des<br />

<strong>im</strong> BImSchG intendierten Schutzzwecks nach dem Vermeidungskosten-<br />

bzw. Zahlungsbereitschaftsansatz.Das Ergebnis<br />

wird inerster Linie verwendet, umdie Angemessenheit<br />

von Kosten für aktive <strong>Schallschutz</strong>maßnahmen abzuwägen.<br />

Das Bayerische Landesamt für Umwelt hat hierzu 2005 eine<br />

Berechnungsempfehlung unter dem Titel „Studie zur Kostenverhältnismäßigkeit<br />

von <strong>Schallschutz</strong>maßnahmen“ veröffentlicht.<br />

UnterVerwendungder an dieEU-Kommission gemeldeten<br />

Zahlen für nachts in Deutschland belastete Einwohner<br />

ergeben sich Kosten inHöhe von mehr als 5Mrd. EUR pro<br />

Jahr,kapitalisiertsinddas mindestens400 Mrd. EUR. Je nach<br />

Abwägung können die Kosten auch darüber liegen, jedoch<br />

nicht darunter.<br />

Immobilienwirtschaftlicher Schaden aus Schienengüterverkehrslärm<br />

in Deutschland: >5Mrd. EUR/Jahr<br />

Diese Zahl zeigt, dass eine umfassende Ermittlung der externen<br />

Kosten aus dem Güterverkehr auch für die Bundesrepublik<br />

Deutschland elementarist,umdie anstehenden politischen<br />

Abwägungsentscheidungen unterlegen zu können.<br />

Fazit<br />

Die „Night Noise Guidelines for Europe“ der WHO definieren<br />

40 dB(A) L Nacht, außen als gesundheitlich abgeleiteten Grenzwert<br />

für die Planung. Dem entspricht die <strong>im</strong>mobilienwirtschaftliche<br />

Sicht, dass oberhalb von diesem Wert finanzielle<br />

und materielle Schäden entstehen.<br />

Die kurzfristige Erreichung der 55 dB(A) L Nacht, außen als<br />

Inter<strong>im</strong>sziel und die rechtliche Absicherung eines ausgewogenen<br />

Umgangs als Hauptziel sind Voraussetzung, umdas<br />

verlorengegangene Vertrauen von Investoren in die Siedlungsbereiche<br />

entlang der Haupteisenbahnstrecken zurückzugewinnen<br />

und so die Absiedelungstendenz umzukehren.<br />

139<br />

91<br />

77<br />

86<br />

31<br />

32<br />

317<br />

davon<br />

Güterverkehr<br />

(66 %)<br />

(59 %)<br />

(38 %)<br />

(26 %)<br />

(32 %)<br />

110

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