Schallschutz im Schienenverkehr
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Beispielhaft sind für verschiedene nächtliche Dauerschallpegel die Erhöhungen des Krankheitsrisikos<br />
für die wichtigsten Herz- und Kreislaufkrankheiten und für Nierenversagen bei 50-jährigen Männern und<br />
Frauen dargestellt worden (siehe Abb. 1und 2).<br />
nächtlicher<br />
Schienenlärm dB(A) Männer Frauen<br />
nächtlicher<br />
Schienenlärm dB(A) Männer Frauen<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
70<br />
75<br />
80<br />
400 300 200 100 0 100 200 300 400<br />
Risiko-Erhöhung (%) <strong>im</strong> Vergleich zu nächtlichem Schienenlärm von 45 dB(A)<br />
Abb.1:Nierenversagen und nächtlicher Schienenlärm zusätzliches<br />
Erkrankungsrisiko(%) Männer und Frauen, 50 Jahrealt<br />
50<br />
55<br />
60<br />
65<br />
70<br />
75<br />
80<br />
0 20 40 60 80 100 120 140<br />
Risiko-Erhöhung (%) <strong>im</strong> Vergleich zu nächtlichem Schienenlärm von 45 dB(A)<br />
Abb.2:Herz- und Kreislaufkrankheiten und nächtlicher Schienenlärm<br />
(Herzinfarkt, Herzschwäche, Schlaganfall,CHD) zusätzliches<br />
Erkrankungsrisiko(%) Männer und Frauen, 50 Jahrealt<br />
Bei der Diskussion der Ergebnisse dieser Hochrechnung ist<br />
aus verschiedenen Gründen Vorsicht geboten:<br />
A. Es ist bislang unklar, obsich die als Folge nächtlichen Fluglärms<br />
ermittelten Risikoerhöhungen linear bis auf Dauer<br />
schallpegel über 80dB(A) fortschreiben lassen oder ob<br />
möglicherweise bei höheren Lärmpegeln ganz andere,<br />
nicht-lineare Effekte auftreten könnten.<br />
B. Bei Anwohnern von Güterzugstrecken finden sich nicht nur<br />
hohe Dauerschallpegel, sondern darüber hinaus auch erhebliche<br />
Vibrationen. Mögliche gesundheitliche Folgen solcher<br />
Vibrationensind bislangnoch nichtuntersucht worden.<br />
C. Die vom Eisenbahnbundesamt bereitgestellten Statistiken<br />
über die Anzahl der von Schienenlärm betroffenen Personen<br />
sollten mit Zurückhaltung betrachtet werden. Wir<br />
haben für den Bereich der Stadt Bremen die entsprechen<br />
den Statistiken mit Ergebnissen verglichen, die wir auf der<br />
Basis der Daten des Bremischen Melderegisters und von<br />
adressgenauen Schienenlärmdaten ermittelt haben. Dabei<br />
zeigt sich, dass vom Eisenbahnbundesamt 138.000 Personen<br />
berichtet wurden, während die Anzahl der tatsächlich<br />
Belasteten bei 223.870 liegt. Dieses entspricht einer<br />
Unterschätzung durch das Eisenbahnbundesamt um<br />
85.870 Personen (=62,2 %). Es ist unklar, in welchem<br />
Umfang andere vom Eisenbahnbundesamt publizierte<br />
Statistiken ähnliche Unterschätzungen aufweisen.<br />
D. Die vom Eisenbahnbundesamt publizierten Daten lassen<br />
Expositionen unter 46 dB(A) nächtlichen Schienenlärms<br />
außer Betracht. Esist jedoch außerordentlich wahrscheinlich,<br />
dass ähnlich wie bei nächtlichem Fluglärm bereits von<br />
einem nächtlichen Dauerschallpegel von 40dB(A) aufwärts<br />
Risikoerhöhungen auftreten.<br />
84<br />
E. Bei dieser Hochrechnung konnten keine Kombinations-<br />
Effekte durch Straßenlärm oder Fluglärm berücksichtigt<br />
werden. Esist zu erwarten, dass mehrfach belastete Personen<br />
höhere Erkrankungsrisiken für die untersuchten<br />
Krankheiten aufweisen werden.<br />
Angesichts der relevanten Ergebnisse dieser Hochrechnung<br />
erscheintdie Durchführung einernachden Regeln derEpidemiologie<br />
geplanten Fall-Kontroll-Studie dringlich. Eine solche<br />
Studie sollte besonders strengen Qualitätskontrollen durch<br />
externe Epidemiologen unterworfen werden. Nur dann kann<br />
gewährleistet werden, dass Gesundheits- und Verkehrspolitiker<br />
belastbare Basisdaten erhalten, die ihnen erlauben würden,<br />
den unbestreitbaren wirtschaftlichen Nutzen des Bahngüterverkehrs<br />
gegen die entstehenden sozialen und ökonomischen<br />
Belastungen der Bevölkerung abzuwägen.<br />
Literatur<br />
[1] Lercher P.,Brink M., Rüdisser J., van Renterghem T.,Botteldooren D.,Baualac M., DeFrance<br />
J.: Theeffects of railway noise on sleep medication intake: Results from the ALPNAP-study.<br />
Noise Health 2010; 12:110-119.<br />
[2] Hessisches Landesamt für Umwelt und Geologie. Ergebnisse der <strong>Schienenverkehr</strong>sgeräuschmessung<br />
in Rüdeshe<strong>im</strong> August 2014.<br />
[3] Greiser E., Claudia C.: Risikofaktor nächtlicher Fluglärm. Abschlussbericht über eine<br />
Fall-Kontroll-Studie zu kardiovaskulären und psychischen Erkrankungen <strong>im</strong> Umfeld des<br />
Flughafens Köln-Bonn. Im Auftrag des Umweltbundesamtes (FKZ 3708 51 101).<br />
Schriftenreihe Umwelt und Gesundheit des Umweltbundesamtes 01/2010.<br />
[4] Greiser E., GlaeskeG.: Soziale und ökonomische Folgen nächtlichen Fluglärms <strong>im</strong> Umfeld<br />
des Flughafens Frankfurt/Main. Gesundheitswesen 2013; 75:127-133.<br />
[5] Eisenbahnbundesamt.<br />
http://laermkartierung.eisenbahnbundesamt.de/index.aspx?site=EBA&project=EBA_VIEWER<br />
&map=121&&ovopen=true&sid=bfeaa377-9c50-4568-a50a5b658db92cf3# (Stand April<br />
2014)<br />
[6] Statistisches Bundesamt. http://www.gbebund.de/oowa921istall/servlet/oowa/aw92/WS-<br />
0100/_XWD_FORMPROC?TARGET=&PAGE=_XWD_534&OPINDEX= 14&HANDLER=_XWD_-<br />
CUBE.SETPGS&DATACUBE=_XWD_560&D.000=3730&D.003=43 (Stand November 2014)