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Das Bildungswesen ist kein Wirtschaftsbetrieb! - Forschung & Lehre

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466<br />

Bundestagswahl<br />

2005<br />

ANDREAS DÖRNER<br />

Wahlkampf zwischen Medienfiktion<br />

und „Neuer Ehrlichkeit“<br />

Veränderungen in der politischen Kommunikation<br />

Schon wieder Wahlkampf! Die Bürger haben bei 16<br />

Landtagen zuzüglich kommunaler und europäischer Ebene<br />

neben dem üblichen Rhythmus der Bundestagswahlen wahrlich<br />

schon genügend Wahlanlässe. Nun wird es im September<br />

dieses Jahres zu einem erneuten bundesweiten Wahlgang<br />

kommen. Und das demokratische Ritual erfordert es, daß die<br />

Wahl durch einen Wahlkampf gerahmt wird.<br />

Die ausführliche Diskussion über die Ursachen der<br />

deutschen Misere hat deutlich gemacht, daß Wahlkämpfe in<br />

Politik, die erfolgreich sein will, muß heute<br />

Inszenierungserwartungen des fernsehgewohnten<br />

Publikums bedienen und dabei auch die emotionalen<br />

Bedürfnisse ernstnehmen. Bleibt da noch<br />

Raum für die politischen Realitäten, gar für bittere<br />

Wahrheiten?<br />

Andreas Dörner, Dr. rer. pol.,<br />

Univ.-Professor, Medienwissenschaft,<br />

Universität Marburg<br />

<strong>Forschung</strong> & <strong>Lehre</strong><br />

9/2005<br />

Foto: dpa/picture-alliance<br />

diesem Szenario <strong>kein</strong>e Lösung für die anstehenden Probleme<br />

darstellen, sondern selbst Teil eines Problems sind. Wo die<br />

Variation des Herberger-Theorems – „nach der Wahl <strong>ist</strong> vor<br />

der Wahl“ – zur lähmenden Realität wurde, weil politische<br />

Akteure bei der Umsetzung ihrer Vorhaben stets auf die nächste<br />

Landtagswahl schielten, schien eine Politik des langen<br />

Atems kaum noch machbar. <strong>Das</strong> Resultat war eine Art Mikado-Politik:<br />

Wer sich zuerst bewegt, hat schon verloren.<br />

Nun aber scheint manches in Bewegung geraten. Der<br />

Reformkurs der Regierungskoalition soll – wenn auch anders<br />

– fortgesetzt werden, und kaum jemand macht ein Hehl daraus,<br />

daß es dabei zu weiteren, für viele Bürger schmerzlichen<br />

Maßnahmen kommen wird. Die Union führt sogar einen vorauseilenden<br />

Machiavelli vor, indem sie die berühmten „Grausamkeiten“<br />

nicht nur an den Anfang ihrer Regentschaft setzt,<br />

wie es der florentinische Politikberater seinerzeit empfahl,<br />

sondern diese sogar schon vorab ankündigt, etwa in Form einer<br />

Mehrwertsteuererhöhung. Es scheint eine „neue Ehrlichkeit“<br />

in der politischen Kommunikation Raum zu greifen, eine<br />

Bereitschaft zumindest im Kreise der etablierten Parteien,<br />

den Wählern vergleichsweise ungeschminkt die Wahrheit zu<br />

sagen.<br />

Dieser Wandel der politischen Rhetorik verläuft indes<br />

nicht spannungsfrei. Die politischen Akteure kommunizieren<br />

nicht nach Belieben, nach gutem oder bösem Willen, wie<br />

noch Richard von Weizsäckers Polemik gegen die Machtversessenheit<br />

der Parteien zu Beginn der 80er Jahre moralisierend<br />

unterstellte. Solche simplen Schuldzuweisungen blenden<br />

aus, daß sich Rahmenbedingungen geändert haben. Und die

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