Das Bildungswesen ist kein Wirtschaftsbetrieb! - Forschung & Lehre
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Die Produktivität einer jeden Juniorprofessur hängt<br />
entscheidend davon ab, welche Rahmenbedingungen seitens<br />
der jeweiligen Hochschule den Juniorprofessoren für ihre <strong>Forschung</strong>svorhaben<br />
geschaffen werden. Als „Inseln“, welche die<br />
Produktivität der Juniorprofessoren nachweislich fördern, lassen<br />
sich beispielhaft die Humboldt-Universität zu Berlin, die<br />
Universität Bremen, die Technische Universität Clausthal sowie<br />
die Universität Konstanz hervorheben. An diesen Hochschulen<br />
arbeiten die Juniorprofessoren eigenständig und eigenverantwortlich.<br />
Sie können selbständig und unabhängig<br />
<strong>Forschung</strong>santräge einreichen und stehen in <strong>kein</strong>em Abhängigkeitsverhältnis<br />
zu einem anderen Hochschullehrer. Nimmt<br />
man die Erfolgsquote, bei Ausschreibungen von unbefr<strong>ist</strong>eten<br />
Professuren einen L<strong>ist</strong>enplatz oder gar eine letztendliche Berufung<br />
zu erlangen, als Maßstab für die Produktivität der Juniorprofessoren,<br />
lassen sich beachtliche Erfolge verzeichnen.<br />
So haben acht Juniorprofessoren an der Humboldt-Universität<br />
zu Berlin nach durchschnittlich nur anderthalb Jahren<br />
im Amt bereits einen Platz auf den Berufungsl<strong>ist</strong>en bzw. eine<br />
Berufung auf unbefr<strong>ist</strong>ete Professuren erreicht. Ähnliches läßt<br />
sich auch von den Juniorprofessoren an der TU Clausthal berichten.<br />
Überdies sind die Juniorprofessoren erfolgreich in der<br />
Einwerbung von Drittmitteln. Produktivität und auch Qualität<br />
der Le<strong>ist</strong>ungen von Juniorprofessoren werden vermehrt<br />
durch den Berufungsmarkt objektiviert.<br />
Schwächen der Juniorprofessur<br />
Betrachtet man die derzeitigen Schwächen der Juniorprofessur,<br />
sind Produktivität und Qualität der Le<strong>ist</strong>ungen um<br />
so bemerkenswerter. Neben der personellen und finanziellen<br />
Ausstattung der Juniorprofessuren stehen ebenso die mangelnden<br />
Kriterien zur Le<strong>ist</strong>ungsbeurteilung und die Planbarkeit<br />
der wissenschaftlichen Karriere im Mittelpunkt der Diskussion.<br />
Besonders die Unsicherheit ihrer wissenschaftlichen<br />
Zukunft nach dem Auslaufen der sechs Jahre Juniorprofessur<br />
lassen bei einigen Juniorprofessoren Zweifel an der getroffenen<br />
Entscheidung aufkommen, eine Juniorprofessur angenommen<br />
zu haben. Desweiteren wird die unzureichende Besoldung<br />
(nicht nur) der Juniorprofessoren vielfach bemängelt.<br />
So hat die Umstellung der Gehaltsstufen auf die W-Besoldung<br />
in den vergangenen Jahren dazu geführt, daß u. a. Realschullehrer<br />
mittlerweile höher entlohnt werden als zahlreiche<br />
Hochschullehrer. Bereits ab dem sechsten Dienstjahr erhält<br />
ein Realschullehrer ein höheres Grundeinkommen, als ein Juniorprofessor<br />
dies jemals erreichen könnte. Hinzu kommt,<br />
daß die Karrierewege von Realschullehrern im Vergleich zu<br />
Hochschullehrern eine stärkere Planungssicherheit und geringere<br />
Le<strong>ist</strong>ungsabhängigkeit aufweisen. Nicht begründbar<br />
<strong>ist</strong>, weshalb bei durchaus vergleichbarer gesellschaftlicher<br />
Verantwortung aber kürzerem Qualifikationsweg Realschullehrer<br />
besser bezahlt werden als Juniorprofessoren und ferner<br />
von einer weitreichenden Berufssicherheit profitieren. Hier<br />
ex<strong>ist</strong>iert dringender Handlungsbedarf.<br />
482<br />
Hochschulpolitik<br />
aktuell<br />
HENNING ZÜLCH / LARS FRORMANN<br />
Die Juniorprofessur<br />
Ein Zwischenergebnis<br />
<strong>Forschung</strong> & <strong>Lehre</strong><br />
9/2005<br />
Künftige Entwicklung der Juniorprofessur<br />
Obwohl die Juniorprofessur von vielen Hochschulen erfolgreich<br />
als Personalentwicklungsmaßnahme eingesetzt worden<br />
<strong>ist</strong>, besitzt sie noch erhebliches Verbesserungspotential. In<br />
diesem Zusammenhang sind vor allem eine adäquate personelle<br />
und finanzielle Grundausstattung zu gewährle<strong>ist</strong>en, die Regelungen<br />
zum Status des Juniorprofessors zu harmonisieren<br />
und die Rahmenbedingungen für eine zielgerichtete Zwischenevaluation<br />
zu formulieren. Der letzte Punkt wird aktuell für<br />
viele Juniorprofessoren von entscheidender Bedeutung sein, da<br />
der Großteil der Juniorprofessoren der ersten Generation vor<br />
seiner Zwischenevaluation steht. Die Zwischenevaluation sollte<br />
nach drei bis vier Jahren – geregelt durch eine individuelle<br />
Zielvereinbarung im Zuge der Berufung – erfolgen. Im Rahmen<br />
dieser Zwischenevaluation müssen die Arbeitsbedingungen, die<br />
gele<strong>ist</strong>eten Aufbauarbeiten und künftigen Projekte berücksichtigt<br />
werden. Ist das Evaluationsergebnis positiv, sollte die Juniorprofessur<br />
in der Regel um weitere drei (bzw. zwei) Jahre<br />
verlängert und der Professorentitel auf Lebenszeit als Qualifikationsnachweis<br />
verliehen werden. Nur mittels einer einheitlichen<br />
Evaluationsgrundlage wird bundesweite Transparenz<br />
und Vergleichbarkeit der wissenschaftlichen Laufbahnen geschaffen.<br />
Für die Juniorprofessoren der TU Clausthal gilt eine<br />
positive Zwischenevaluation in Abstimmung mit dem Präsidium<br />
der TU Clausthal als uneingeschränkt habilitationsäquivalent.<br />
Weiterhin <strong>ist</strong> den jungen Wissenschaftlern Planungssicherheit<br />
zu verschaffen, indem bereits bei ihrer Berufung die<br />
Möglichkeiten der Gewährung eines Tenure Track diskutiert<br />
und offen gelegt werden. Klarzustellen <strong>ist</strong>, nach welchen Kriterien<br />
und von wem über die Gewährung eines Tenure Track<br />
entschieden wird. Eine hochschulweite Tenure-Ordnung wäre<br />
allgemeinverbindlich zu etablieren.<br />
Juniorprofessur echte Alternative?<br />
Die Versuche vieler Universitäten auch in den eher<br />
traditionellen Fachbereichen, die Habilitationsordnung in<br />
Richtung einer kumulativen Habilitation zu reformieren, bestätigen,<br />
daß die Juniorprofessur eine echte Alternative zur<br />
Habilitation darstellt. Zudem <strong>ist</strong> die Juniorprofessur ein<br />
durchaus erfolgreiches Mittel der strategischen Personalplanung<br />
und verbesserten Hochschulentwicklung. Mit der Juniorprofessur<br />
besteht für die Hochschulen die Möglichkeit,<br />
bewußt ihr eigenes Profil zu schärfen und flexibel mit geringem<br />
Aufwand und Risiko neue Schwerpunkte zu setzen. ❏<br />
Anschrift der Autoren<br />
Förderverein Juniorprofessur e.V.<br />
Mönchstalweg 17, 38678 Clausthal-Zellerfeld<br />
Einen detaillierten Einblick in die Arbeit der Juniorprofessoren in<br />
Deutschland wird am 13. September dieses Jahres auf dem 3. Symposium<br />
Juniorprofessur in Hannover vermittelt (siehe hierzu auch die<br />
Informationen unter www.juniorprofessur.com).