Das Bildungswesen ist kein Wirtschaftsbetrieb! - Forschung & Lehre
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472<br />
Bundestagswahl<br />
2005<br />
SIEGFRIED SCHUMANN / HARALD SCHOEN<br />
Politischer Klimawandel und<br />
Persönlichkeitseigenschaften<br />
Eine aktuelle Studie<br />
Die Veränderung von Persönlichkeitseigenschaften<br />
hat Auswirkungen auf die jeweilige<br />
politische Einstellung. Ergebnisse einer aktuellen<br />
Untersuchung.<br />
Harald Schoen, Dr. rer. pol., Politikwissenschaft,<br />
Universität Mainz<br />
Foto: mauritius-images<br />
Siegfried Schumann, Dr. rer. pol.,<br />
Privatdozent, Politikwissenschaft,<br />
Universität Mainz<br />
<strong>Forschung</strong> & <strong>Lehre</strong><br />
9/2005<br />
Bereits seit längerem werden die Zusammenhänge<br />
zwischen Persönlichkeitseigenschaften und politischen Haltungen<br />
wissenschaftlich untersucht. Dabei stellte sich heraus,<br />
daß Persönlichkeitseigenschaften mit Parteisympathien und<br />
dem Wählerverhalten zusammenhängen. So zeichnen sich<br />
beispielsweise die Anhänger der Grünen (als Gruppe) durch<br />
überdurchschnittlich große „Offenheit für Erfahrung“ aus,<br />
während bei Anhängern extrem rechter Parteien wie der Republikaner,<br />
der DVU oder der NPD „Offenheit für Erfahrung“<br />
und auch (soziale) Verträglichkeit unterdurchschnittlich<br />
ausgeprägt sind. Dabei führt die mehr oder weniger starke<br />
Ausprägung bestimmter Persönlichkeitseigenschaften nicht direkt<br />
und unmittelbar zur Bevorzugung oder Ablehnung bestimmter<br />
Parteien. Vielmehr <strong>ist</strong> anzunehmen, daß Persönlichkeitseigenschaften<br />
Faktoren beeinflussen, die ihrerseits auf<br />
das Wahlverhalten wirken.<br />
Ein interdisziplinäres, von der Fritz Thyssen Stiftung<br />
gefördertes <strong>Forschung</strong>sprojekt an der Johannes Gutenberg-<br />
Universität in Mainz, an dem Wissenschaftler aus mehreren<br />
Universitäten beteiligt sind, treibt die <strong>Forschung</strong> auf diesem<br />
Gebiet voran. Es befaßt sich mit der Frage, inwieweit Persönlichkeitseigenschaften<br />
auch in anderen Bereichen als der<br />
Wählerforschung sinnvoll in die bisherigen theoretischen Erklärungsmodelle<br />
integriert werden können und ob entsprechende<br />
Zusammenhänge auch empirisch nachweisbar sind.<br />
Als wesentliche Grundlage dient dabei der in der Persönlichkeitspsychologie<br />
bewährte sog. „Big Five-Ansatz“.<br />
Die Untersuchungsergebnisse werfen ein neues Licht<br />
auf die Diskussion über den Wertewandel, die seit über dreißig<br />
Jahren intensiv geführt wird. Bei allen Differenzen über<br />
konzeptionelle Fragen herrscht in der <strong>Forschung</strong> Konsens,<br />
daß ein Wandel stattgefunden hat, und zwar im weitesten<br />
Sinne weg von „Pflicht- und Akzeptanzwerten“ und hin zu<br />
„Selbstentfaltungswerten“. Bis hierher sind die Fakten altbekannt.<br />
Neu <strong>ist</strong> der empirische Nachweis in der genannten<br />
Studie, daß Wertorientierungen generell sehr eng mit Persönlichkeitseigenschaften<br />
zusammenhängen. Demonstriert sei<br />
dies an den Beziehungen für die drei Wertedimensionen<br />
„Pflicht und Konvention“, „Hedonismus und Materialismus“<br />
sowie „Kreativität und Engagement“. Betrachtet man deren<br />
Zusammenhänge mit den sogenannten Big Five-Persönlichkeitseigenschaften<br />
„Offenheit für Erfahrung“, „Gewissenhaftigkeit“<br />
(bezogen auf die Planung, Organisation und Durchführung<br />
von Aufgaben im weitesten Sinne), (soziale) „Verträglichkeit“,<br />
„Extraversion“ und „Neurotizismus“, so ergeben<br />
sich in elf von fünfzehn theoretisch möglichen Fällen signifikante<br />
und teils sehr starke Korrelationen.<br />
Besonders starke Zusammenhänge zeigen sich für<br />
zwei der drei Wertedimensionen: „Pflicht und Konvention“<br />
und „Kreativität und Engagement“. Erstere, welche nach der