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Grundschulen brauchen bessere Lehrer, Welt 23.4.<br />
Die Debatte spitzt sich zu. Seit Wochen wird bereits heftig über Vor- und Nachteile<br />
der sechsjährigen Grundschule in Berlin gestritten. Befürworter wie Gegner<br />
beriefen sich dabei auf eine Studie, die noch nicht einmal veröffentlicht war.<br />
Jetzt liegen die Ergebnisse dieser so genannten Element- Studie vor und die<br />
Auseinandersetzung geht in die zweite Runde. Bei der Studie handelt es sich um<br />
eine von der Bildungsverwaltung in Auftrag gegebene Untersuchung, die die<br />
Leistungsstände der Berliner Schüler in den Klassen fünf und sechs festgestellt<br />
und ihre Entwicklung beobachtet hat. Dabei wurden sowohl Schüler der Grundschule,<br />
als auch solche der grundständigen Gymnasien einbezogen. Die Ergebnisse<br />
der Studie werden nun sehr unterschiedlich interpretiert. Während der Verfasser<br />
der Untersuchung, der Bildungsforscher Rainer Lehmann von der Berliner<br />
Humboldt-Universität, der Berliner Grundschule vorwirft, leistungsstarke<br />
Schüler nicht entsprechend zu fördern, zieht Bildungssenator Jürgen Zöllner<br />
(SPD) ganz andere Schlussfolgerungen. Die Element-Studie belege die erfolgreiche<br />
Förderung in Grundschulen, heißt es seinerseits: "Eine Schere zwischen<br />
Grundschulen und grundständigen Gymnasien öffnet sich nicht. Im Gegenteil:<br />
Bei den Leistungsschwächeren scheint die Grundschule im großen Umfang<br />
Bildungsnachteile zu kompensieren. Die Untersuchung zeigt aber, dass auch die<br />
Leistungsstärkeren adäquat gefördert wurden." Der Senator will allerdings auch<br />
nicht auszuschließen, dass leistungsstärkere Schüler an grundständigen<br />
Gymnasien einen Vorteil haben. Ziel sei es, alle Schüler optimal zu fördern,<br />
lautet Zöllners Fazit. Man werde sich deshalb die Ergebnisse der Element-Studie<br />
sowie den Unterricht in der Grundschule genauer ansehen und prüfen, wie man<br />
die Arbeit an den Grundschulen verbessern kann. Zöllner schlägt vor, die<br />
Grundschullehrer gezielt weiterzubilden und mehr Fachlehrer in den Grundschulen<br />
einzusetzen. Auch durch Kooperationen mit den Gymnasien könne die<br />
Arbeit weiter verbessert werden, meint der Bildungssenator. Bildungsforscher<br />
Rainer Lehmann hält den "beschwichtigenden Umgang" mit den Ergebnissen<br />
der Element-Studie für falsch. Die Bildungsverwaltung würde sich auf die<br />
durchschnittlichen Lernzuwächse in Mathematik und Leseverständnis berufen,<br />
sagt er. Dabei seien die Lernerfolge in den unterschiedlichen Teilen des<br />
Leistungsspektrums erhoben worden. "Diesbezüglich hat sich gezeigt, dass die<br />
Grundschule vor allem die Schüler im unteren Leistungsbereich fördert und sich<br />
um diese Klientel sehr bemüht." Die grundständigen Gymnasien würden dagegen<br />
im oberen Leistungsbereich gewinnen. Wer das leugne, toleriere auf<br />
Kosten der sozialen Gleichheit ein erschreckend niedriges Leistungsniveau, so<br />
Lehmann. André Schindler, Vorsitzender des Landeselternausschusses, bezeichnet<br />
die Reaktion der Bildungsverwaltung auf die Element-Studie als peinlich.<br />
Offensichtliche Schwächen des Systems würden ignoriert. "Wir haben<br />
Handlungsbedarf, das muss gesagt werden", fordert er. Ziel müsse es sein, die<br />
leistungsstarken Schüler an den Grundschulen sowie die an den grundständigen<br />
Gymnasien gleichermaßen gut zu fördern. Grundschulen sollten besser aus-<br />
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