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das Hausmannsein als Rollenalternative nicht akzeptiert wird? Jungen, zumal<br />

aus unteren Schichten, kleben bei der Planung ihres Lebens weit stärker als<br />

Mädchen an der Vorstellung, "Haupternährer" zu sein. Die Aufgabe von Schule<br />

und Eltern liegt darin, Jungen von dieser Illusion zu befreien. Szenenwechsel. In<br />

der Erich-Kästner-Grundschule des Berliner Nobelstadtteils Dahlem trifft sich<br />

die sonderpädagogische Lesefördergruppe der 2c. Fünf Jungs, kein Mädchen<br />

ackern sich brav durch den Buchstabendschungel. Die meisten Lesenovizen<br />

stammen aus Akademikerhaushalten. Die Ehen sind intakt. Die Eltern bildungsbeflissen.<br />

Warum lernen diese Jungen nicht lesen? Wo Klassen- und<br />

Genderkämpfer ins Stottern geraten, halten Mediziner und Entwicklungsbiologen<br />

These drei bereit. Sie ermitteln im Einschulungsalter bei Jungen im Vergleich<br />

zu Mädchen einen Entwicklungsrückstand von sechs bis zwölf Monaten.<br />

Neuromediziner schauen Jungen und Mädchen beim Lösen von Problemen,<br />

etwa beim Lesen, ins Gehirn und messen nach, dass dabei geschlechtsspezifisch<br />

unterschiedliche Hirnregionen aktiv sind. Naturwissenschaftlich gesehen setzen<br />

wir Jungen mit einem Denkapparat an die Schulbank, der dafür nicht taugt. Ihr<br />

Testosteronhaushalt sagt: "Beweg dich! Mach Krach! Bau es auseinander, um es<br />

zu begreifen!" Die Regelschule verordnet still sitzen und abstraktes Verstehen.<br />

Weil Jungen nicht so lernen dürfen, wie sie es können, produziert der Schulbeginn<br />

einen Frust, der die ganze Schulzeit anhält. Unter biologischen Aspekten<br />

sollten Jungen später eingeschult werden. Länder wie Berlin gehen derzeit den<br />

umgekehrten Weg und schulen zwangsweise mit fünfeinhalb Jahren ein, "unabhängig<br />

von ihrem Entwicklungsstand und ihrer Leistungsfähigkeit", so die<br />

Schulverwaltung. Eltern helfen überforderten Söhnen am besten, wenn sie die<br />

Gründe für Lernprobleme nicht beim Kind, sondern im Schulsystem suchen.<br />

Das bedeutet Zeit gewähren, Leistungsdruck vermeiden und der Natur ihr Recht<br />

lassen, indem die Schuleingangsphase ein Jahr länger besucht wird - in Berlin<br />

wird das Bonusjahr nicht auf die Zahl der Schuljahre angerechnet.<br />

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