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15 Gymnasiasten auf einen Hauptschüler, FAZ 16.5.<br />
Für die frühere Kultusministerin Karin Wolff (CDU) müsste es eigentlich eine<br />
Genugtuung sein. So schlimm ist die verkürzte Gymnasialzeit wohl doch nicht,<br />
wenn die Schüler trotz lautstark beklagten G8-Stresses an die Gymnasien<br />
drängen. Seit Jahren steigen die Zahlen, Container auf Pausenhöfen künden<br />
vielerorts von der Überbelegung. Nun gibt es in Frankfurt so viele Anmeldungen,<br />
dass nicht alle Kinder den gewünschten Platz im Gymnasium bekommen.<br />
Am anderen Ende des Bildungssystems ist die Lage umgekehrt: Auf<br />
die Hauptschule will kaum noch jemand sein Kind schicken. Deshalb können<br />
einige Hauptschulen keine fünfte Klasse mehr bilden. Ob es diese Schulen in<br />
einigen Jahren noch gibt, ist fraglich. Zwei Zahlen verdeutlichen die Situation:<br />
2286 Anmeldungen an Gymnasien stehen in Frankfurt 150 an Hauptschulen<br />
gegenüber. Auf einen Hauptschüler kommen somit 15 Gymnasiasten. Sind die<br />
Kinder so schlau geworden? Vermutlich nicht. Aber die Eltern glauben, dass nur<br />
noch das Abitur eine Zukunftsperspektive bietet. Damit stehen sie nicht allein:<br />
Auch in der Wirtschaft genießen die übrigen Abschlüsse kaum noch Wertschätzung.<br />
Das Staatliche Schulamt und die Stadt als Schulträger müssen darauf<br />
reagieren. Die Stadt tut das zum einen, indem sie ein neues Gymnasium baut<br />
und Dependancen in leerstehenden Hauptschulen einrichten will. Zum anderen<br />
geht die Römerkoalition das Problem auch grundsätzlich an. Bildungsdezernentin<br />
Jutta Ebeling (Die Grünen) hat ein zweigliedriges Schulwesen vor<br />
Augen, das aus Gymnasien und Integrierten Gesamtschulen besteht. Letztere<br />
erfreuen sich ähnlich großer Beliebtheit wie erstere. Die Gesamtschüler stehen<br />
aber unter einem geringeren Leistungsdruck, sie haben mehr Raum, sich zu entwickeln.<br />
Und auch sie können, wenn sie gut genug sind, Abitur machen – ganz<br />
ohne G8-Stress in neun Jahren.<br />
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