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Schulabbrecher: Länder sollen fördern oder zahlen, Zeit 13.5.<br />
Waren es 8,7 Prozent eines Altersjahrgangs, die die Schule vorzeitig verließen,<br />
2006 immer noch 7,9 Prozent. Trotz mehrfacher Zusagen der Kultusminister,<br />
die Quote mindestens zu halbieren, hat sich die Situation in den vergangenen<br />
zehn Jahren kaum verbessert. Die Vorsitzende des Bundestags- Bildungsausschusses,<br />
Ulla Burchardt (SPD), hat nun gefordert, dass die Länder "viel entschiedener<br />
als bisher" gegen den vorzeitigen Schulabbruch junger Menschen<br />
vorgehen sollen. Ansonsten sollten sie verpflichtet werden, für jeden Jugendlichen<br />
ohne Hauptschulabschluss künftig einen "nicht unerheblichen Ausgleichsbeitrag"<br />
an den Bund oder direkt an die BA zu zahlen, sagte Burchardt<br />
am Montag. Die Schulabbrecher kosten den Bund viel Geld: Insgesamt 3,3<br />
Milliarden Euro hat die Bundesagentur für Arbeit (BA) im vergangenem Jahr<br />
für die Förderung von Jugendlichen an der Schwelle zwischen Schule und<br />
Arbeitsmarkt aufgebracht. Weit über 500 Millionen Euro wurden investiert,<br />
damit Schulabbrecher den Hauptschulabschluss nachholen oder zusätzlich gefördert<br />
wurden, um sie nachträglich fit für eine Ausbildung zu machen. "Es ist<br />
den Beitragszahlern der Bundesagentur - also Beschäftigten wie Unternehmen -<br />
nicht länger zuzumuten, jedes Jahr mehrere Hundert Millionen Euro für die Versäumnisse<br />
der Länder in der Schulpolitik aufzubringen", sagt die SPD-<br />
Bildungsexpertin. Ein Ausgleichsbeitrag könne ähnlich wie der Aussteuerungsbetrag<br />
für nicht vermittelte Langzeitarbeitslose als "Strafzahlung" nach den<br />
Hartz-IV- Arbeitsmarktgesetzen organisiert werden. Wenn die Länder ständig<br />
auf ihre föderalen Kompetenzen pochten, könnten sie die Kosten ihrer Versäumnisse<br />
nicht einfach Bund und Bundesagentur aufbürden, sagte Burchardt.<br />
Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) forderte ein abgestimmtes<br />
Bund- Länder-Konzept gegen den Schulabbruch. Zunächst stünden<br />
die Länder mit mehr Förderung und einer besseren Ausstattung der Schulen in<br />
der Pflicht, sagte die stellvertretende GEW-Vorsitzende Marianne Demmer.<br />
Wenn ein Jugendlicher es dann immer noch nicht schaffe, müsse gezielter als<br />
bisher geholfen werden. In dem Zusammenhang wies Demmer darauf hin, dass<br />
der Hauptschulabschluss mittlerweile "eine auf dem Arbeitsmarkt überholte<br />
Minimalqualifikation" sei. Nicht einmal die Hälfte der Absolventen mit Hauptschulabschluss<br />
erhalte laut Bildungsbericht eine qualifizierte Ausbildung. Selbst<br />
etwa ein Viertel der erfolgreichen Realschul-Abgänger habe Probleme. "Die<br />
zweite Chance auf nachträgliche Bildungsabschlüsse muss deshalb generell ausgeweitet<br />
werden", sagte Demmer. Unter den Schulabbrechern finden sich deutlich<br />
mehr junge Männer als Frauen. Fast jeder zehnte deutsche Junge (9,1 Prozent)<br />
verlässt die Schule noch vor dem Hauptschulabschluss. Bei den deutschen<br />
Mädchen ist dies nur etwa jedes Zwanzigste (5,3 Prozent). Noch höher liegen<br />
die Zahlen bei Kindern aus Migrantenfamilien: Fast ein Viertel (22,1 Prozent)<br />
der Jungen geht ohne Abschluss von der Schule, bei den Mädchen ist es etwa<br />
jedes Siebte (13,1 Prozent).<br />
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