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The Red Bulletin Februar 2015 - DE

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STEFAN MARJORAM (2)<br />

von kühler, datenbasierter Rationalität.<br />

Hirn, nicht Herz werde seine Maschine<br />

antreiben, sagt er. „Der Rekord ist eine<br />

technische Angelegenheit, keine emotionale.<br />

Ich bin Teil eines Test-Teams für<br />

Technik und Entwicklung. Ich bin kein<br />

Rennfahrer, sondern ein Testpilot.“<br />

Freilich ist sich Andy Green der<br />

Gefahren bewusst. Computermodelle<br />

können zwar vorhersagen, wie sich<br />

Bloodhound bei 900 Meilen pro Stunde<br />

verhalten wird. Doch nur er wird das<br />

Gefühl erleben und spüren, wie sich die<br />

Maschine an ihren Grenzen verhält. Und<br />

nur er wird in der Lage sein zu reagieren,<br />

wenn irgendetwas schiefläuft.<br />

Wie er von einer feindlichen Rakete<br />

abgeschossen wurde, als er vor<br />

zwanzig Jahren im Südirak als<br />

RAF-Commander diente, erzählt<br />

er mit erstaunlicher Gelassenheit. „Die<br />

hatten einfach die besseren Waffensysteme.<br />

Es war also keine große Sache.“<br />

Bild unten: eines der beiden Haupttriebwerke<br />

des Bloodhound. Es trägt den Namen Eurojet<br />

EJ200 und beschleunigt üblicherweise den<br />

allseits bekannten Eurofighter „Typhoon“.<br />

Schon bisher hat das in<br />

Bristol ansässige Team<br />

der Ingenieure mehr als<br />

10.000 Arbeitsstunden<br />

in das Projekt investiert.<br />

Die Gesamtkosten werden<br />

mit (umgerechnet)<br />

rund 51 Millionen Euro<br />

veranschlagt.<br />

Green kann auch bestechend rational<br />

über Emotionen sprechen: „Wenn man<br />

zu emotional ist, wird man als Kampfjetpilot<br />

höchstwahrscheinlich keine große<br />

Zukunft haben. Völlige Emotionslosigkeit<br />

wäre aber auch nicht das Richtige. Man<br />

benötigt Emotionen. Aber man muss<br />

sie kontrollieren können. Emotionale<br />

Aspekte dürfen niemals mehr Gewicht<br />

inEntscheidungen haben als rationale.“<br />

Er wird all seine Kaltblütigkeit brauchen,<br />

wenn er und sein Team – größtenteils<br />

in Afghanistan stationierte Mit glieder<br />

des britischen Militärs, die für das Projekt<br />

abgestellt wurden – nächstes Jahr in die<br />

südafrikanische Provinz Nordkap reisen,<br />

wo in der Hakskeen Pan im Dreiländereck<br />

Südafrika-Botswana-Namibia eine Route<br />

ausgewählt und vorbereitet wurde.<br />

Der Austragungsort wurde von<br />

Dr. Adrian Luckman von der britischen<br />

Swansea University nach umfangreichen<br />

Recherchen ausfindig gemacht, nachdem<br />

weltrekordbewährte Austragungsorte<br />

wie die Black Rock Desert in Nevada<br />

oder die Große Salzwüste nahe Bonneville<br />

in Utah als Kandidaten ausgefallen<br />

waren: zu klein, zu uneben.<br />

Bei Greens erster Ausfahrt in dem<br />

7,8 Tonnen schweren Fahrzeug, das aussieht<br />

wie ein Militärjet, der seine Flügel<br />

verloren hat, wird der 19 Kilometer lange<br />

und 500 Meter breite Streifen in Südafrika<br />

ziemlich sicher das weltweit<br />

flachste und sauberste Stückchen Erde<br />

sein: Es wird von einer Armee Freiwilliger,<br />

einige hundert Mann stark und<br />

aus örtlichen Gemeinden rekrutiert,<br />

händisch von hunderttausenden kleiner<br />

Steinchen befreit worden sein.<br />

Die Hakskeen Pan, ein ausgetrockneter<br />

See, hat eine Menge Vor teile, aber<br />

auch den einen oder anderen Nachteil,<br />

aus naheliegenden Gründen: Die nötige<br />

natürliche Härte kann ein Untergrund<br />

nur dort erreichen, wo kein Regen fällt.<br />

Der Bloodhound-Crew war also ziemlich<br />

schnell klar, dass es für sie vor Ort nicht<br />

genügend Wasser geben würde.<br />

Die Lösung? Der Bau einer neuen<br />

Pipeline, mit Unterstützung der regionalen<br />

Regierung. Mit dem Nebeneffekt,<br />

dass örtliche Bauern künftig von einer<br />

für ihre Verhältnisse paradiesischen<br />

Wasserversorgung profitieren werden.<br />

Warum wagt ein derart rationaler<br />

Mensch wie Andy green ein<br />

Abenteuer, das viele für schlicht<br />

verrückt halten würden?<br />

Die Antwort liegt für Green in wissenschaftlichem<br />

Ehrgeiz und leidenschaftlichem<br />

Glauben an die Notwendigkeit,<br />

ein Zeichen außergewöhnlicher Leistung<br />

zu setzen, das eine ganze Generation<br />

junger Köpfe inspirieren könnte, ihre<br />

eigenen Träume zu verfolgen. (Die Mission<br />

ist in Großbritannien verknüpft mit<br />

einer Vielzahl schulischer Initiativen.)<br />

Gar kein bisschen Angst, jetzt, wo es<br />

losgeht?<br />

„Schnelle Düsenflugzeuge zu fliegen<br />

hat mich nie nervös gemacht. Einsätze<br />

zu fliegen hat mich nie nervös gemacht“,<br />

sagt er. „Und das Gleiche gilt für Bloodhound.<br />

Ich verstehe jeden Aspekt seines<br />

Designs und die Sicherheitsstandards,<br />

nach denen er gefertigt wird. Also warum<br />

sollte ich mir Sorgen machen? Werden<br />

wir am Ende des Ganzen alle eine Auszeit<br />

nötig haben? Das ja, zur Hölle“,<br />

fährt er fort. „Und ich habe das riesige<br />

Glück, eine absolut phantastische Frau<br />

zu haben, die beinahe so gerne segelt<br />

wie ich. Es gibt nichts Tolleres, als mit<br />

fünf Knoten dahinzugleiten, das Hirn<br />

ein, zwei Gänge runterzuschalten und<br />

dann in einem kleinen Hafen einen<br />

Happen zu essen, während das Boot<br />

direkt vor dem Pub ‚geparkt‘ ist.“<br />

Er schließt mit: „Und ganz genauso<br />

stelle ich mir mein Leben vor. Heute in<br />

drei Jahren.“<br />

www.bloodhoundssc.com<br />

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