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STUDIO-SPERRSTUN<strong>DE</strong>N<br />
GIBT ES NICHT – WAS<br />
AUF KOSTEN <strong>DE</strong>S<br />
SCHLAFPENSUMS GEHT.<br />
Die <strong>Red</strong> Bull Music<br />
Academy animiert auch<br />
Tokios Bevölkerung<br />
zum Musikmachen: mit<br />
einem 2 ½ Meter hohen<br />
Synthesizer am Gehsteig<br />
mitten im Szeneviertel<br />
Shibuya (links).<br />
Die Passanten drehen<br />
neugierig an den handflächengroßen<br />
Drehknöpfen<br />
und entlocken<br />
dem schwarzen Schrank<br />
spacige Sounds.<br />
In Studio 4 sitzt Tollcrane, ein Teilnehmer<br />
aus Pakistan, und feilt an<br />
einem krachigen Techno-Stück. Für<br />
den schlaksigen Schnurrbartträger ist<br />
die Academy eine aufregende Ansammlung<br />
an ersten Malen: Zum ersten Mal<br />
ist er in einem anderen Land. Vor vier<br />
Tagen war er zum ersten Mal in einem<br />
Nachtclub, wo er sich mit seinem<br />
Helden die Plattenspieler teilte: BBC-<br />
Radio-DJ Benji B. Und am wichtigsten:<br />
Es ist das erste Mal, dass der 28-Jährige<br />
mit Gleichgesinnten Musik machen<br />
kann. „Meine Heimatstadt Karatschi ist<br />
wie Gotham City“, sagt er. „Nur ohne<br />
Batman.“ Schließlich lebt er in einem<br />
Land, wo die Regierung Websites wie<br />
YouTube sperrt. Wo man am Heimweg<br />
von der Arbeit jedes Mal aufpassen<br />
muss, nicht in eine Straßenschlacht zu<br />
geraten. „Sich zwei Wochen nur der<br />
Musik hingeben zu können ist der<br />
größte Luxus, den ich mir vorstellen<br />
kann“, sagt er.<br />
Tollcrane hat in fünf Studionächten<br />
drei Tracks produziert und bei etlichen<br />
anderen mitgeholfen. Er hat für die<br />
österreichische Teilnehmerin Mimu<br />
Merz Gesang aufgenommen und für<br />
King Bruce eine Bassline eingespielt.<br />
„Wenn ich bei einem eigenen Track<br />
nicht weiterkomme, schaue bei den<br />
anderen im Studio vorbei und arbeite<br />
mit, ganz spontan.“<br />
So etwas wie ein vorgegebenes<br />
Pensum an Tracks, das die Teilnehmer<br />
erfüllen müssen, gibt es nicht. Auch<br />
keine Studio-Sperrstunden – was freilich<br />
auf Kosten des Schlafpensums geht.<br />
Vergangene Nacht hat Tollcrane das<br />
Studio um sieben Uhr früh verlassen,<br />
um nach nur vier Stunden Schlaf rechtzeitig<br />
zur Lecture von Techno-Legende<br />
Robert Hood wieder zurück zu sein.<br />
Aber das ist ein Umstand, auf den<br />
Academy-Chef Torsten Schmidt schon<br />
in seiner Begrüßungsrede hingewiesen<br />
hat, erinnert Tollcrane. „Er sagte da:<br />
‚Versucht nicht, die Academy zu verstehen.<br />
Holt das Maximum für euch<br />
heraus. Und schlaft nicht zu viel.<br />
Denn Schlafen ist was für Loser.‘“<br />
www.redbullmusicacademy.com<br />
THE RED BULLETIN 77