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Armen am Cockpit. Das ist schlimmer noch als das<br />
Smartphone unterm Ohr. Endlich weckt ein Druck auf<br />
den Startknopf in der breiten, gepfeilten Mittelkonsole<br />
den V8-Motor auf. Dumpf brummt er, gehorsam gezügelt,<br />
unterdrückte Gewalt. Ein Mann, ein Motor:<br />
Jede Antriebseinheit bei AMG wird von Anfang bis<br />
Ende von einem Menschen assembliert. In unserem<br />
Fall heißt er Jens Müller, mit Sicherheit ein Genie.<br />
Tatbestand: S-Version. 510 PS statt 462 wie normal.<br />
Sollte etwas schiefgehen, der Kunde würde sich dann<br />
melden, nur so als Info, bevor Sie dann die Carbon-<br />
Abdeckung Ihres Motors signieren, Herr Müller.<br />
E<br />
in Drehschalter neben dem rechten Knie erlaubt<br />
die Wahl vier verschiedener Settings: Komfort,<br />
Normal, Sport oder Sport Plus. David entscheidet<br />
sich angesichts der nassen Bedingungen für<br />
Sport, da sind die Kennlinien von Motor und Getriebe<br />
nicht so aggressiv wie in Sport Plus, das Fahrwerk<br />
nicht ganz so direkt. Der <strong>Red</strong> Bull Ring ist berüchtigt<br />
dafür, sich seine Opfer auch unter den Besten zu<br />
suchen. Und ein nagelneues Auto, das es eigentlich<br />
noch nicht gibt und das einen sechsstelligen Betrag<br />
kosten wird, kommt nicht einmal im Ansatz in Frage:<br />
„Wenn du mit sechzehn Schrott produzierst, heißt es:<br />
Na gut, der kann es halt noch nicht besser. Mit dreiundvierzig<br />
hast du keine Ausreden mehr.“<br />
Als David Coulthard aus der Boxengasse fährt,<br />
steht er gleich einmal ordentlich quer und muss die<br />
1570 Kilo Lebendgewicht mit einem blitzartigen<br />
Lenkradschlag einfangen. „Sag ich ja: verdammt<br />
rutschig.“<br />
M<br />
assiv baut sich die lange Motorhaube vor<br />
dem Cockpit auf, aus Innensicht vielleicht der<br />
größte Unterschied zu einem Porsche 911.<br />
Der AMG GT wirft sich bergauf zur Remus-<br />
Kurve, Ziehen am rechten Schaltpaddel hinter dem<br />
Lenkrad schaufelt Gänge nach: „Nicht so schnell wie<br />
in der Formel 1, aber um Welten besser und schneller<br />
als jedes manuelle Getriebe. Man kann sich voll auf<br />
die Linie konzentrieren.“<br />
Die allerdings ist komisch. David fährt ebendort,<br />
wo man als Laie nicht fahren würde. „Das ist die<br />
Regenlinie. Der Gummiabrieb macht die Ideallinie<br />
unter verschärften Bedingungen nahezu unfahrbar.“<br />
DC illustriert, was er damit meint: Auf der Schönberg-Geraden<br />
setzt er den AMG GT dorthin, wo Wolfgang<br />
Normalpilot auch fahren würde. Ein Blick auf<br />
den Tacho zeigt 240 km/h, es geht bergab auf die<br />
Schlossgold-Kurve zu, da sagt David völlig cool:<br />
„Wenn du hier beim Bremsen den Grip an der Vorderachse<br />
verlierst, findest du ihn erst im Kiesbett wieder.“<br />
Genau das passiert leider jetzt. Weil das aber Absicht<br />
Rennfahrer und wie<br />
sie die Welt sehen:<br />
„Pure Rennwagen zu<br />
bauen ist einfach.<br />
Da geht es einzig um<br />
Performance. Ihnen<br />
allerdings auch noch<br />
Alltagskomfort angedeihen<br />
zu lassen ist<br />
die weitaus schwierigere<br />
Übung.“<br />
60 THE RED BULLETIN