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The Red Bulletin Februar 2015 - DE

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MICHAEL DUPOUY<br />

„… etwas, das Spuren<br />

hinterlässt“<br />

Der Pariser Kreative ist der Mann hinter „All Gone“, dem Standardwerk<br />

für globale Street Culture.<br />

Text: Pierre-Henri Camy, Bild: Dimitri Coste<br />

Michael Dupouy verdient sein Geld als<br />

Chef von La MJC, einer auf urbane Kultur<br />

und Modetrends spezialisierten Kommunikationsagentur,<br />

und mit dem Textil label<br />

Club 75, das er gemeinsam mit dem Künstler<br />

So Me und mit Pedro Winter gründete,<br />

dem obersten Botschafter elektronischer<br />

Musik fabriqué en France. Dupouy zählt<br />

zu den weltweit bestvernetzten Leuten im<br />

Bereich Street Culture. Sein seit Anfang<br />

2007 erscheinendes „All Gone“ ist eine<br />

Art Jahrbuch der globalen Street Culture,<br />

die 2014er-Ausgabe erscheint im Januar.<br />

(Und ist erfahrungsgemäß nur unwesentlich<br />

später ausverkauft.)<br />

the red bulletin: Was ist Ihr Anspruch<br />

an „All Gone“?<br />

michael dupouy: Wir verstehen es ein<br />

wenig als Enzyklopädie der Sammlerstücke.<br />

Als eine Coffeetable-Galerie der<br />

Highlights der globalen Street Culture im<br />

abgelaufenen Jahr.<br />

… mit Sneakers im Zentrum, naturgemäß.<br />

Aber auch Skateboards sind<br />

dabei, T-Shirts, Skulpturen, verschiedenste<br />

Stücke. Nach welchen Kriterien<br />

wählen Sie aus?<br />

Etwas, das auf Dauer Spuren hinterlässt,<br />

hinterlässt sie auch schon kurzfristig.<br />

Stärkstes Indiz dafür, dass ein Produkt<br />

wert ist, aufgenommen zu werden, ist<br />

also seine spontane Auswirkung auf den<br />

Markt, in dem es erscheint. Wenn es<br />

einen Nerv trifft, wenn die Leute sofort<br />

verrückt danach werden. Und natürlich<br />

ist entscheidend, wie die bedeutenden<br />

Künstler, die Meinungsbildner darauf<br />

reagieren.<br />

Und die finale Auswahl …?<br />

Wir arbeiten da auch ziemlich journalis-<br />

tisch. Für die Ausgabe 2014 haben wir<br />

mit James Jebbia gesprochen (Gründer<br />

der Streetwear-Marke Supreme; Anm.),<br />

mit KAWS (ursprünglich in der Graffiti-<br />

Szene beheimatet, gehört er heute zu den<br />

angesehensten zeitgenössischen Künstlern;<br />

Anm.), mit Nike, adidas und den anderen<br />

Big Players. Wir bemühen uns, echte journalistische<br />

Arbeit zu leisten, um zu jedem<br />

Stück auch das entsprechende Hintergrundwissen<br />

zu liefern.<br />

„All Gone. <strong>The</strong> Finest of the Street<br />

Culture“ erschien erstmals über das<br />

Jahr 2006. Was sind die Klassiker, die<br />

seine Geschichte geprägt haben?<br />

„Digital hat<br />

seine Grenzen,<br />

sie heißen<br />

Eigentum und<br />

Gedächtnis.“<br />

Die meisten der Figuren von KAWS (wie<br />

die auf dem Bild rechts mit Dupouy gezeigten;<br />

Anm.), Skateboards der US-Marke<br />

Supreme, Produkte der japanischen<br />

Marke Bape und die Nike-Sneakers des<br />

japanischen Streetwear-Pioniers Hiroshi<br />

Fujiwara. Die fallen mir spontan ein.<br />

Weil Sie die Zusammenarbeit von Fujiwara<br />

mit Nike angesprochen haben:<br />

Warum üben gerade Produkte, die in<br />

Partnerschaften entstehen, einen so<br />

besonderen Reiz aus ?<br />

Weil es Synergien sind, Einheit A und Einheit<br />

B, und beide brauchen einander.<br />

Denken Sie nur an die große Frage zum<br />

Jahresende: Wie wird die Zusammenarbeit<br />

zwischen Kanye West und adidas<br />

aussehen? Natürlich, Kanye braucht niemanden,<br />

er ist der Beeinflusser Nummer<br />

eins, aber doch braucht er adidas, weil<br />

er möchte, dass seine Produkte auf der<br />

ganzen Welt getragen werden – von Südafrika<br />

über Frankreich und die USA bis<br />

nach Japan. Es wird eine gute Zusammenarbeit<br />

sein, und das gemeinsame Produkt<br />

wird einen unfassbaren Hype auslösen –<br />

egal was die Leute darüber sagen. Vor<br />

allem innerhalb der jüngeren Generation,<br />

die sich nur über das Internet informiert,<br />

die niemals in ihrem Leben ein Magazin<br />

gekauft hat. Das ist keine Street-Culture-<br />

Generation mehr, sondern eine Screen-<br />

Culture-Generation. Je häufiger sie das<br />

Teil auf Instagram sehen, desto cooler<br />

finden sie es.<br />

In elf Jahren wird, wenn alles nach<br />

Plan läuft, die 20. Ausgabe von „All<br />

Gone“ erscheinen. Wird es dann immer<br />

noch ein Buch sein?<br />

Ich hoffe doch. Das war eine der ganz<br />

großen Herausforderungen dieses Projekts.<br />

Als ich das Buch zum ersten Mal<br />

herausgebracht habe, sagten alle, dass<br />

das Papier dem Internet zum Opfer fallen<br />

würde. Aber digital hat seine Grenzen,<br />

sie heißen Eigentum und Gedächtnis. Das<br />

Angebot ist seit der ersten Ausgabe derart<br />

rasant gewachsen, dass es viel schwieriger<br />

ist, sich zu erinnern, als zu konsumieren.<br />

Zu wissen, was 2006 cool war, was man<br />

2007 gemacht hat und was 2010 toll war,<br />

ist mittlerweile schwieriger, als den abgefahrensten<br />

Sneaker von März <strong>2015</strong> zu<br />

kennen. „All Gone“ ist da, um mit den<br />

Jahren an Bedeutung zu gewinnen.<br />

allgonebook.com<br />

52 THE RED BULLETIN

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