Alles aus. Alles neu.
Querspur: Das Zukunftsmagazin des ÖAMTC Ausgabe 02/2012
Querspur: Das Zukunftsmagazin des ÖAMTC
Ausgabe 02/2012
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Land<br />
in Sicht<br />
Schrumpfende Regionen müssen sich <strong>neu</strong> erfinden,<br />
um überleben zu können. Manchmal hilft aber nur mehr<br />
die Abrissbirne. Oft nicht die schlechteste Lösung.<br />
Von Daniela Müller<br />
Wenn in einer Metropole nicht mehr Autos<br />
das Straßenbild bestimmen, sondern Gemüsegärten,<br />
ist einiges im Wandel. Detroit ist so<br />
eine Stadt. Einst Hochburg der Autoindustrie,<br />
ist Detroit nach dem Wegfall t<strong>aus</strong>ender<br />
Arbeits plätze heute aufgeteilt in eine „chocolate<br />
city“, eine Innenstadt mit 90 Prozent vielfach<br />
armer und beschäftigungsloser Afroamerikaner<br />
und in „vanilla suburbs“, einem fetten Speckgürtel,<br />
in dem fast <strong>aus</strong>schließlich wohlhabende<br />
Weiße wohnen. Detroit ist eine Stadt, in der<br />
die Einwohnerzahl von einst zwei Millionen<br />
auf 700.000 geschrumpft ist, in der 4.000 verlassene<br />
Bauten stehen und in die Touristen nur<br />
kommen, um Bauruinen zu fotografieren. Eine<br />
Stadt, die lange Zeit vergessen hat, zu handeln.<br />
Detroit ist das stark ramponierte Gesicht der<br />
postindustriellen Zeit.<br />
Dennoch haben sich Bürger, Organisationen<br />
und die Stadtverwaltung zum Handeln entschlossen.<br />
In den letzten Jahren ist eine „Stadtlandschaft“<br />
entstanden. In brach liegenden<br />
Arealen oder dort, wo Häuser abgerissen wurden,<br />
hat man mit Urban Gardening-Projekten<br />
die Landwirtschaft in den urbanen Raum geholt.<br />
Und weil die Stadt pleite ist, erledigen die<br />
Bürger die Reinigung und Beleuchtung ganzer<br />
Straßen, die Müllabfuhr und die Aufgaben der<br />
Polizei selbst. Diese <strong>neu</strong>e Mischung <strong>aus</strong> Kunst,<br />
Kultur und aktivem Bürgertum scheint auch in<br />
der Bevölkerung gut angekommen zu sein:<br />
Die Abwanderung konnte reduziert werden.<br />
Der Niedergang von Wirtschaftszweigen mit<br />
Fabrikschließungen, der Rückgang bäuerlicher<br />
Strukturen, Zersiedlung, Flucht in die Städte<br />
und der demografische Wandel zwingen weltweit<br />
schrumpfende Regionen zum Umdenken.<br />
Schrumpfungsprozesse<br />
sind globale Phänomene,<br />
die auch Österreich<br />
erfasst haben<br />
In Ostdeutschland will man beispielsweise mit<br />
dem „Stadtumbau Ost“ 1 die Bürger zum Umzug<br />
in Innenstädte bewegen und reißt radikal<br />
leerstehende Wohnbauten ab. In Österreich sei<br />
Rückbau noch kein Thema, sagt Elisabeth Stix<br />
von der Österreichischen Raumordnungskonferenz<br />
(ÖROK) 2 . Doch was nicht ist, kann noch<br />
werden: Massiv von Abwanderung bedroht<br />
sind die Obersteiermark, manche Bezirke im<br />
Burgenland und Kärnten sowie das nördliche<br />
Waldviertel. Laut ÖROK werden in Bezug<br />
auf die Bevölkerung die Stadtregionen weiter<br />
wachsen und entlegene Regio nen das Nachsehen<br />
haben. „Man kann sich globalen Trends,<br />
die für Schrumpfungsprozesse verantwortlich<br />
sind, nicht widersetzen“, meint Stix. Hier gilt<br />
es, Alternativen zu finden und Potenziale zu<br />
heben. „Das geht nur, wenn Verwaltung,<br />
Politik, Bevölkerung und Experten gut zusammenarbeiten.<br />
Lösungen brauchen Zeit und<br />
Ressourcen.“<br />
<strong>Alles</strong> <strong>aus</strong>. <strong>Alles</strong> <strong>neu</strong>.<br />
17