kein Büro habe. Ich muss mir das mit meinemGeschäftsführungskollegen teilen.“ Und dieseChance genutzt zu haben, auch vor Ort, warnötig. Ferdi Hollmann beispielsweise ist massivbeschimpft worden, weil er genau an der Stellein seinem Bereich zugelassen hat, dass da ebendiese Büros hinkamen und nicht die freie Naturzu sehen war.Erdmann Linde: Nun zu den Vorgängen im Jahr1998. Was geht da in einem vor?Frank-Josef Drabig: Nun, das war eine schwierigeSituation. Man glaubt, die Welt bricht übereinem zusammen. Aber ich habe auch einigegute Erfahrungen und Schlüsse aus dieserKrise gezogen. Zunächst einmal fand ich es beeindruckend,dass die Menschen in meinemdamaligen Wahlkreis mich mit dem drittbestenErgebnis in <strong>Dortmund</strong> wiedergewählt haben.Dabei muss man wissen, dass Grevel eherschwarz gewesen war und Alt-Scharnhorst aucheher bürgerlich geprägt ist. Heute ist mir meineFamilie wichtiger als alles andere. Auch das lerntman aus solchen Erfahrungen, Frau und Kindsind der eigentliche Spaß im Leben.Darüber hinaus will ich sagen, dass die <strong>SPD</strong>-Fraktion auch durch solche Vorgänge am Endeals Siegerin rausgekommen ist. Wir haben 1999weniger verloren als im restlichen Land. DieArbeit der Fraktion läuft gut. Die Menschen in<strong>Dortmund</strong> spüren, dass die <strong>SPD</strong> ihre Interessenwahrnimmt. Die CDU und FDP hocken in derEcke und mäkeln rum, ohne etwas für dieBürgerinnen und Bürger zu tun.Und zuletzt war das für mich persönlich eineriesen Umstellung. Keine vollen Terminkalender,Fraktionschef in <strong>Dortmund</strong> ist ja fast ein Fulltimejob.Aber, alles in allem waren die 15 Jahreim Rat sehr interessant. Wir haben viel für<strong>Dortmund</strong> bewegt, und ich glaube auch, dassdie Fraktion, also Ernst und die Kolleginnen undKollegen, dass der Gerd Langemeyer, die Sacheso gut machen, dass die anderen eben immerrechts unten bleiben und wir links oben.Erdmann Linde: Danke schön, das war dieDraufsicht des Parteivorsitzenden auf dieFraktion. Jetzt hören wir, wie das die Fraktionsieht, Ernst Prüsse. Ernst du bist damals, sollman sagen, eingesprungen, aufgesprungen, wiehast du das erlebt, als du Fraktionsvorsitzenderwurdest.Ernst Prüsse: Ich bin da nicht eingesprungenoder aufgesprungen. Ich wollte das werden. Ichhatte das vorher mit Franz-Josef so verabredet,er würde Oberbürgermeister und ich würde82Ernst Prüsse (l.) und Günter Samtlebe.
Fraktions-Chef. Ich bin es geworden, er leidernicht.Erdmann Linde: Welches war deine Hauptaufgabe,als du dann in Absprache mit Franz-Josef Fraktionsversitzender wurdest?Ernst Prüsse: Die Hauptaufgabe war, nachdemwir 1999 die Wahl verloren hatten und mit34 Genossinnen und Genossen eine Fraktiongebildet haben, dass man da auch Wundenlecken musste am Anfang. Es war Neuland füruns, von der absoluten Mehrheit in ein Tal derTränen zu fallen. Ich habe dann aber sofortgesagt, Genossinnen und Genossen, das bringtuns nicht nach vorne. Wir müssen gucken, dasswir das akzeptieren, was der Bürger uns dajetzt angedient hat, und lasst uns das Bestedaraus machen. Ich glaube, dass dieser Anfangschwierig war, aber mit der Zeit haben wir daszumindest akzeptiert und heute können wirsicherlich aufrechten Ganges und Körperstaturdurch die Stadt <strong>Dortmund</strong> gehen, weil wirwieder stärkste Fraktion in <strong>Dortmund</strong> gewordensind.Erdmann Linde: Du hast als einziger von denFraktionsvorsitzenden bisher das Erlebnis, dassdu einen Koalitionspartner brauchst oder dassdu Mehrheiten organisieren musst. Wie machtman das?Ernst Prüsse: Da muss man 1999 anfangen. Dawar es so, dass die Grünen damals sicherlichauch zu uns gekommen waren. Bernhard Rapkaywar damals Unterbezirksvorsitzender und manwollte mit uns eine Zusammenarbeit beginnen.Ich konnte mir das überhaupt nicht vorstellen.Erdmann Linde: Warum konntest du dir dasnicht vorstellen?Ernst Prüsse: Weil das noch damit zusammenhing,dass wir absolute Mehrheiten gewohnt warenund dann auf einmal brauchten wir einen Partner.Ich konnte mir das nicht vorstellen und habedas auch abgelehnt. In der Partei ist das dannallerdings so akzeptiert worden. Dann haben dieGrünen und die CDU ein Zehn-Punkte-Programmerstellt. Dies haben sie abgearbeitet. Danachhabe ich dann mit Hans-Georg Hovermannein Gespräch gehabt und dann haben wiruns ins Vernehmen gesetzt, dass wir es jetztmal versuchen sollten. Das haben wir dannauch gemacht und es hat drei Jahre gedauert.Ohne Unterschrift haben wir dann drei Jahrezusammengearbeitet, sicherlich mit Höhen undTiefen. Insbesondere zum Schluss war es ein Tief,deswegen ist das dann auseinander gegangen.Dann haben wir ein Jahr noch mit Bündnis 90/Die GRÜNEN zusammengearbeitet. Es war mehroder weniger in dieser Zeit eine Zusammenarbeitauch mit wechselnden Mehrheiten und die warnicht berauschend für eine Fraktion und nichtfür eine Partei.Erdmann Linde: Aus dem Gefühl herausaber, ohne uns kann keiner was in <strong>Dortmund</strong>machen.Ernst Prüsse: Das würde ich auch so sagen. Wiesage ich immer, meine Frau regt sich darüberimmer auf: Da wo ich bin, ist vorne und wenn ichmich umdrehe, ist hinten vorne. Aber im Grundestimmt das. Die <strong>SPD</strong> ist vorne in <strong>Dortmund</strong>, wirsind die stärkste Fraktion und ohne uns kann hierin diesem Rathaus keiner was entscheiden.Erdmann Linde: Gibt es das noch oder gilt dasnoch was, montagmorgens neun Uhr?Ernst Prüsse: Nein, vor zehn Uhr gibt es bei mirüberhaupt nichts.Erdmann Linde: Montagmorgens zehn Uhr?Ernst Prüsse: Ja, zehn Uhr ist gut. Wir machenheute keine GV-Sitzungen mehr. Das hat sichdurch diese neue Situation, dass auch derOberbürgermeister eine größere, stärkereStellung hat, eigentlich ausgelebt. Wir machensicherlich Gespräche gemeinsam, derOberbürgermeister, die Fraktionsspitze undauch der Unterbezirksvorsitzende. Die sind abermehr lose, als dass sie generell immer montagsum zehn Uhr stattfinden.Erdmann Linde: Werden im geschäftsführendenVorstand Beschlüsse gefasst?Ernst Prüsse: Es werden im geschäftsführendenVorstand keine Beschlüsse gefasst. DieBeschlüsse, die wir fassen, fassen wir imFraktionsvorstand. Damals, als wir 1999, ichkomme da jetzt noch mal drauf, die Wahlverloren haben, habe ich gesagt, ich bin hier83