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man noch sagen, dass sich 500‘000 Franken an<br />
Subventionen zwar gut anhören. Wenn man diese<br />
Zahl aber auf 260 Live-Gigs und über 320 Produktionen<br />
hinunterbricht, ist diese Summe nicht sehr<br />
hoch. Du siehst, auch der fi nanzielle Spielraum von<br />
einem «moods» ist begrenzt.<br />
Wie siehst Du die Schweizer Jazzszene?<br />
Ich fi nde, sie ist lebendig. Die Schweiz hat eine<br />
grosse Tradition. Gerade in der Sp<strong>art</strong>e freie Improvisation<br />
fi ndet man viele treibende und innovative<br />
Bands.<br />
Welche zum Bespiel?<br />
Meine Favoriten – ich kenne die Jungs schon<br />
seit 17 Jahren – sind Koch-Schütz-Studer. Auch international<br />
gesehen ist die Band einmalig. Ich war<br />
mit der Truppe in den USA, Kanada, Osteuropa und<br />
Japan unterwegs. Und überall, wirklich überall gab<br />
es eine kleine, aber verschworene Fangemeinschaft<br />
(lacht). Ein Beispiel: Als ich mit der Band in Warschau<br />
war, kamen nach dem Konzert Besucher an<br />
den CD-Tisch und bemerkten enttäuscht: «Ach, immer<br />
noch nichts Neues. Diese CDs haben wir schon<br />
alle!» Solche Erlebnisse erstaunen mich und genau<br />
solche Reaktionen zeigen mir, dass Schweizer Jazz<br />
auch international mitmischen kann. Auch Leute<br />
wie Nik Bärtsch, Strom, Lucas Niggli, Pierre Favre<br />
oder Irene Schweizer vertreten den Schweizer Jazz<br />
hochkarätig.<br />
Das Boban Markovic Orkestar ist Teil des Auftakts<br />
des Saisonwochenendes vom 15. September.<br />
Ist dies eine Antwort auf den neuen Balkan-<br />
Trend?<br />
Wir machen eine Serie «Balkanekspress» im<br />
«moods». Sie soll die Musik aus dem Balkan einem<br />
breiten Publikum näher bringen. Die Serie wird von<br />
einem Serben und zwei Bosniern mitorganisiert.<br />
Ein gewisser Trend ist sicherlich spürbar. Man muss<br />
jedoch auch sehen, dass viele Personen aus dem<br />
Balkan in der Schweiz leben. Ich fi nde es nur fair,<br />
dass auch das «moods» einen kulturellen Treffpunkt<br />
schafft. So steuert man dem latenten Rassismus<br />
in der Schweiz entgegen. Die Serie ist auch ein<br />
politisches Statement. Und was erwähnt sein sollte<br />
(schmunzelt): Die Balkaner verstehen es, exzellente<br />
P<strong>art</strong>ys zu feiern. Da lässt sich sicherlich auch ein<br />
Schweizer Publikum mitreissen.<br />
Was wünschst Du Dir für die Zukunft des<br />
«moods»?<br />
Einmal wünsche ich mir, dass unser Sponsoringkonzept<br />
gelingt. Ist eine fi nanzielle Abstützung vorhanden,<br />
kann auch die Programmation progressiver<br />
und gewagter daherkommen. Dann hoffe ich, dass<br />
die Leute wieder neugieriger werden und Lust an<br />
Kultur zeigen. Die Medien spielen dort eine wichtige<br />
Rolle. Es wäre schön, wenn Zeitungen wegkommen<br />
von den Stars-&-Sternchen-Agenturmeldungen und<br />
dem nationalen Kunstschaffen wieder vermehrt<br />
Bedeutung zukommen lassen. Rein sozial und wirtschaftlich<br />
gesehen ist ein zufriedener Arbeitnehmer,<br />
der einen tollen und vergnügten Abend gehabt<br />
hat, am nächsten Tag um einiges motivierter (lacht).<br />
Vorausgesetzt es wurde am Vorabend nicht allzu<br />
tief ins Glas geguckt.<br />
16<br />
the clients – live at moods<br />
■ Sicher, Funk ist nicht meine Welt. Und wenn,<br />
dann war vor 15 Jahren, als ich mich in diesem Musikstil<br />
verirrt habe. Die «the clients» jedoch sind<br />
diesbezüglich nicht ganz so verstaubt, wie ich.<br />
Groovig ist diese Musik und ich beginne mit dem<br />
Fuss zu wippen und zu zucken. Vielleicht, geht mir<br />
durch den Kopf, ist dieser Funk so was wie «Hip-<br />
Hop für Älterwerdende…». Die Jungs machen uns<br />
alles vor. Live im moods – ihr erstes Live-Album,<br />
welches sehr authentisch den Beat gefressen hat.<br />
Der Sound ist kräftig und es klingt echt cool. Der<br />
Stimme von David Feusi traue ich nicht allzu sehr<br />
– doch er spielt besser Saxophon.<br />
Unbekannte Bekannte: «the clients» spielten<br />
in diesem Jahr sogar am Blue Balls-Festival 2006.<br />
Dave Feusi (voc & sax), Marco Figini (guitars), Peter<br />
Wagner (rhodes), Jeanpierre Schaller (bass) und<br />
Christian Niederer (drums) sind die Götterboten<br />
des Schweizerfunks. Und dies hoffentlich noch lange<br />
– schliesslich werden unsere jungen Hip-Hopper<br />
auch mal noch alt… (vl)<br />
Matthew Herbert – Scale<br />
■ Die Saison von bee-fl at wird mit Matthew Herbert<br />
und einer siebenköpfi gen Bigband eröffnet.<br />
Das klingt bombastisch – vor allem, weil uns erzählt<br />
wird, wie toll er ist. Also, Album her, reingehört.<br />
Was sich offenb<strong>art</strong>, ist eine sensibler, computeristischer<br />
und intelligenter Elektropop. Fein, zuweilen<br />
gar soulig und mit Groove. Aber von «bombastisch»<br />
kann hier nicht die Rede sein. Im Gegenteil,<br />
bei Herbert hört man auch das Gras wachsen. Die<br />
Aufnahmen haben keinen Druck und fallen in das<br />
Genre «Easy-Listening» – was nicht als Schlecht-<br />
Wertung durchgehen soll. Der Sample-Guru hat<br />
mir zum Beispiel zu sterile Sounds und es knackt<br />
und rauscht zwischendurch. Digital habe ich etwas<br />
Mühe mit ihm und glaube nicht so ganz, was er uns<br />
vorspielt. Er bastelt mir zu viel. Aber, viel wichtiger,<br />
der Sound verspricht, live zum grossen Erfolg und<br />
Spektakel zu werden! Denn wenn diese Kompositionen<br />
auf der Bühne umgesetzt werden, dann könnte<br />
es «Boum» machen… Am 24. September im PROGR.<br />
Und vorher trotzdem unbedingt reinhören… (vl)<br />
Water Lily – 13th Floor<br />
■ Entdeckt habe ich diese Band am Rock oz’<br />
Arènes in Avenches in diesem Jahr. Da der<br />
schreckliche Pete Doherty mit seinen langweiligen<br />
Drogengeschichten am Freitag nicht auftreten<br />
konnte, bekam Water Lily die Hauptbühne!<br />
Sie spielten bereits am Dienstag, sozusagen als<br />
Radiohead-Vorgruppe auf der Nebenbühne – doch<br />
jetzt sind sie meine neuen Schweizer-Stars. Water<br />
Lily überzeugt mit dem zweiten Album durch<br />
einen brillanten, internationalen Sound, den wir<br />
nur ganz selten in unserem Ländle hören. Sie sind<br />
frech, rebellisch und laut, die intelligenten Arrangements<br />
übertreffen und lassen aufhorchen.<br />
Man könnte sie zwischen Britpop, Psychedelic und<br />
Americana einordnen – was alles falsch wäre und<br />
doch irgendwie passen würde. Water Lily ist eine<br />
musikalische Show, wie wir sie von den 70ern her<br />
kennen. Deswegen ist für Abwechslung und Überraschung<br />
gesorgt.<br />
Bereits mit dem ersten Album hatten sie viel<br />
Aufmerksamkeit auf sich gezogen, da Bertrand<br />
Siffert (Young Gods, Noir Désir, etc…) mitgeholfen<br />
hatte. Jetzt hatte Teo Miller (Placebo, Robert<br />
Plant, M<strong>art</strong>ina Topley Bird, etc…) die Finger drin<br />
– was den internationalen Sound erklärt. Das neue<br />
Album ist strukturierter als «Aphasie» (2002),<br />
auch etwas poppiger, und wirkt dadurch frischer.<br />
Water Lily ist eine unscheinbare Band, wie eine<br />
Wasserlilie eben. Ohne grossen Starprunk geben<br />
Lionel Glassier (voc), François Chabbey (guitars),<br />
Vincent Flament (rhodes, wurlizer, acoustic<br />
guitar), Xavier Amor (guitars) Laurent Trachsler<br />
(drums), Samuel Schroeter (bass), Olivier Vuagniaux<br />
(didgeridoo) einer geradezu «unschweizerischen<br />
Grösse» her. Hier, meine Damen und Herren,<br />
sollten wir einen Fanclub gründen und bei den<br />
Konzerten hysterisch Schreien. Das schulden wir<br />
Water Lily. (vl)<br />
Hörproben: www.waterlily.ch<br />
ensuite - kulturmagazin Nr. 45 | september 06