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LITERATUR LIVE LITERATUR<br />
Shortcut:<br />
■ Mit über 3‘000 Besuchern ist das erste Literaturfestival<br />
in Bern über die Bühnen gegangen.<br />
Davon haben allein 4 Veranstaltungsorte 900 BesucherInnen<br />
verzeichnet. Die restlichen Leseorte<br />
konnten immer noch pro Lesung oder Auftritt im<br />
Schnitt fast 60 BesucherInnen verzeichnen. Und<br />
dies an einem Wochenende, wo sich die Festivals<br />
und Feste die Hand gaben. Das sind gewaltige<br />
Zahlen und es scheint, dass Bern durchaus noch<br />
mehr Buchstaben verträgt. Soll jemand noch sagen,<br />
dass die Menschen lesefaul sind...<br />
Auch das Zusammenspiel von Stadt und Agglomeration<br />
(Meikirch, Laupen, Schwarzenburg,<br />
Köniz, Münsingen) ist in der Berner Kulturgeschichte<br />
einzig<strong>art</strong>ig gewesen. Wir hoffen auf eine<br />
Fortsetzung im nächsten Jahr. (vl)<br />
Urs Mannh<strong>art</strong> & Daniel Goetsch<br />
■ Urs Mannh<strong>art</strong> und Daniel Goetsch lesen aus<br />
ihren erst gerade letzten Monat erschienenen<br />
Büchern. Mannh<strong>art</strong>, der in Bern lebende Velokurier,<br />
hat mit dem 2004 erschienenen Erstlingswerk<br />
«Luchs» eine bemerkenswerte Leistung<br />
erbracht. Dem jungen Berner gelang damit auf<br />
Anhieb ein Bestseller, der das Publikum und<br />
die Kritik begeisterte. Nun präsentiert er in der<br />
Dampfzentrale seinen zweiten Roman «Die Anomalie<br />
des geomagnetischen Feldes südöstlich<br />
von Domodossola». Es ist die Geschichte eines<br />
Baslers, der alle zwei Wochen zu seiner geliebten<br />
Luise nach Roma-Tiburtina reist. Eines Tages, als<br />
er sich wieder einmal auf einer seiner Reisen zu<br />
Luise befi ndet, kommt die Geschichte und ebenfalls<br />
die Reise unverhofft zum Stehen. Aufgrund<br />
eines Bahnstreikes in Domodossola sitzt er dort<br />
fest. Nun beginnt das W<strong>art</strong>en, Herumstreunen,<br />
gedankliche Reisen nehmen ihren Lauf, die in<br />
ihrer detaillieren Beschreibung bestechen. Die<br />
zweite Hälfte der in der Dampfzentrale stattfi ndenden<br />
Lesung bestreitet der in Zürich lebende<br />
Daniel Goetsch, der 1999 für «Asp<strong>art</strong>am» mit der<br />
Ehrengabe für Literatur des Kantons Zürich ausgezeichnet<br />
wurde und bereits mehrere Erzählungen<br />
in Anthologien veröffentlichen konnte.<br />
Er liest aus seinem neuen Roman «Ben Kader»,<br />
der den Leser von der Gegenw<strong>art</strong> bis ins Jahre<br />
1957 zurückführt, dem Jahre, in dem der Unabhängigkeitskrieg<br />
in Algerien tobte. Es ist eine<br />
Geschichte der Vergangenheitsbewältigung und<br />
Identitätsfi ndung zugleich, wobei der geschichtliche<br />
Hintergrund eine packende und mitreissende<br />
Basis bildet. (bm)<br />
Montag, 11. September um 20:30 h<br />
www.dampfzentrale.ch, Telefon: 031 311 63 37<br />
4<br />
bern feiert die literatur<br />
Von Belinda Meier<br />
■ Zum ersten Mal wurde dieses Jahr vom 23. bis<br />
26. August das Berner Literaturfest in die Welt gerufen.<br />
Die verschiedenen Lesungen von über vierzig<br />
Autorinnen und Autoren (siehe Kasten) aus Bern,<br />
der Schweiz, Österreich und Deutschland wurden in<br />
der Hauptstadt selbst, dann in Bolligen, Köniz, Laupen,<br />
Meikirch, Münsingen und Schwarzenburg abgehalten.<br />
Am Fest selbst beteiligten sich verschiedenste<br />
Institutionen und Veranstaltungslokalitäten<br />
(siehe Kasten), die unter anderem Räumlichkeiten<br />
zur Verfügung stellten, die neuen Werke der Autoren<br />
zum Verkauf anboten oder gar Gespräche mit<br />
den Autoren organisierten. In Anbetracht der Tatsache,<br />
dass jene Institutionen und Ausgangslokale<br />
bis anhin mehr in Eigenregie oder kleineren Zusammenarbeiten<br />
literarische Anlässe veranstalteten,<br />
erscheint eine der<strong>art</strong> weit gespannte Vernetzung,<br />
wie sie sich nun zur Durchführung dieses Literaturfestes<br />
präsentierte, erstmalig.<br />
Mit dem ersten Berner Literaturfest hat sich die<br />
Schweizer Hauptstadt nun in die Nähe von Literaturfestivals<br />
gewagt, wie wir sie bereits von Basel<br />
(seit 1997), Leukerbad (seit 1996) und Solothurn<br />
(seit 1978) her kennen. Gerade die Literaturtage in<br />
Solothurn können hierbei auf eine besonders lange<br />
Geschichte zurückblicken. In den vergangenen 28<br />
Jahren haben insgesamt 802 Autorinnen und Autoren<br />
ihr Werk präsentiert, darunter Nobelpreisträger<br />
wie beispielsweise Günter Grass, Imre Kertész,<br />
Claude Simon und Wole Soyinka. Während in den<br />
Anfangsjahren nur gerade eine ausländische Autorin<br />
/ ein ausländischer Autor eingeladen wurde, wird<br />
der kulturelle Austausch seit 1992 höher gewertet,<br />
so dass vermehrt auch solche zu Gast geladen werden.<br />
So wird heute nebst dem Literaturschaffen in<br />
der Schweiz der Auseinandersetzung mit jenem im<br />
Ausland einen wichtigen Stellenwert beigemessen.<br />
Die Solothurner Literaturtage sind deshalb zu dem<br />
Ort geworden, wo sich mehrheitlich Schweizer, aber<br />
auch ausländische AutorInnen treffen, um persönliche<br />
und fachliche Gespräche zu führen, an denen<br />
die Beteiligung des Publikums sehr erwünscht ist.<br />
Das Basler Literaturfestival hingegen will nebst der<br />
Präsentation von AutorInnen mitsamt ihren literarischen<br />
Werken noch anderen Themen und Medien<br />
Raum lassen. So werden Gespräche mit Experten<br />
zu Aktualitäten der Politik, Wirtschaft, Kultur oder<br />
Gesellschaft durchgeführt, daneben aber auch<br />
symbiotischen Produktionen aus Literatur und<br />
Musik sowie Hörspielveranstaltungen und Neuem<br />
in Sachen Literatur wie Poetry Slam-Auftritte u. Ä.<br />
Platz gegeben. Das internationale Literaturfestival<br />
in Leukerbad schliesslich lädt bekannte, aber auch<br />
noch kaum entdeckte AutorInnen aus der ganzen<br />
Welt zu Gast. Nebst Lesungen und Gesprächen werden<br />
zudem eine Mitternachtslesung auf dem Gem-<br />
mipass sowie eine literarische Schluchtwanderung<br />
durchgeführt, die bereits als traditionelle Bestandteile<br />
des Festivals betrachtet werden können. Im<br />
Leitungsteam befi ndet sich seit kurzem Hans Ruprecht,<br />
der bereits seit Jahren die Lesereihe «Trafo:<br />
Literatur in Bern» durchführt und nun – zusammen<br />
mit den Kulturhallen Dampfzentrale – auch das<br />
diesjährige Berner Literaturfest veranstaltet hat.<br />
Ziel dieses Festes war es, mit Literatur die Leserinnen<br />
und Leser vor Ort aufzusuchen. Man versuchte<br />
zu zeigen, dass Lesungen in starkem Masse von der<br />
Faszination der Gegenw<strong>art</strong> eines Autors leben, also<br />
von einer Stimme hinter dem Buch.<br />
Berner Literaturfest<br />
Beteiligte Intstitutionen<br />
und Veranstaltungsorte:<br />
Schweizerische Landesbibliothek<br />
www.snl.admin.ch<br />
Universitätsbibliothek<br />
www.stub.unibe.ch<br />
Kornhausbibliothek<br />
www.kornhausbibliotheken.ch<br />
Schlachthaus Theater<br />
www.schlachthaus.ch<br />
ONO<br />
www.onobern.ch<br />
Kulturhallen Dampfzentrale<br />
www.dampfzentrale.ch<br />
Der Raum<br />
www.a39.ch<br />
Café Kairo<br />
www.cafe-kairo.ch<br />
Stadttheater Bern<br />
www.stadttheaterbern.ch<br />
Buchhandlung Thalia<br />
www.thalia.ch<br />
Buchhandlung Stauffacher<br />
www.stauffacher.ch<br />
Buchhandlung Münstergass<br />
www.muenstergass.ch<br />
Buchhandlung Haupt<br />
www.haupt.ch<br />
Buchhandlung LibRomania<br />
www.libromania.ch<br />
Diese Autoren waren eingeladen:<br />
Adolf Muschg, Peter Bichsel, Peter J. Betts, Matthias<br />
Zschokke, Lukas H<strong>art</strong>mann, Ruth Schweikert,<br />
Pascal Mercier, Wilhelm Genazino, Christoph<br />
Geiser, Gert Jonke, Pedro Lenz, Beat Sterchi, Guy<br />
Krneta, Michael Stauffer, Yoko Tawada, Franzobel,<br />
Andreas und Raphael Urweider, Urs Mannh<strong>art</strong>,<br />
Christoph Simon und viele mehr...<br />
ensuite - kulturmagazin Nr. 45 | september 06