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KULTUR & GESELLSCHAFT<br />

we got sous-soul<br />

Von Till Hillbrecht - Im Gewölbekeller knarrt und knackst Kultur. Und wieder einmal wird eine gute Sache geboren.<br />

■ Schon so manche Tanzschuhe haben die Stufen<br />

hinunter genommen, sie geformt und geschliffen.<br />

Und einige ihrer Träger haben sich dabei am tiefen<br />

Eingangsbogen den Kopf angeschlagen. U1, Sirup<br />

oder das LaWy waren bereits an der Junkerngasse<br />

1 daheim, dort wo die Altstadt ausläuft, die Nydeggbrücke<br />

zum Bär führt und der Stadtbach sich der<br />

Zankapfelrolle leid wird und endgültig unter den<br />

Pfl astersteinen verschwindet. Genau so wie das<br />

Sous-Soul. So nennt sich das aussergewöhnliche<br />

Gastronomiekonzept, welches dem Gewölbekeller<br />

eine neue Seele einhaucht. Und die Sous-Seele ist<br />

eine der guten Sorte. Das Team des Betriebes (Flo<br />

Eichenberger, Gere Stäuble, Fire Widmer und Ferenz)<br />

hat sich für die Realisierung ein Konzept ausgedacht,<br />

welches in seiner Art keinen Vergleich in<br />

der Stadt Bern fi ndet: Drei räumlich und programmatisch<br />

getrennte Standbeine – Restaurant, Bar/<br />

Lounge, Club – , in deren Betrieb Jugendliche ohne<br />

Ausbildung oder mit nur mangelnder sozialer und<br />

wirtschaftlicher Integration eingegliedert werden.<br />

«Kennst Du Jamie Olivers<br />

Sendung mit den Kochlehrlingen?»,<br />

fragt Flo, «so was in der<br />

Art wird`s.»<br />

Durch das Konzept der sozialen Integration<br />

hat das Sous-Soul-Qu<strong>art</strong>ett eine angenehme Win-<br />

Win-Situation geschaffen. Lehrstellen und Attestausbildungen<br />

werden angeboten, Teilnehmer des<br />

Programms sollen für den Arbeitsmarkt fi t gemacht<br />

werden. Der Impuls und die Konzipierung<br />

dazu kam namentlich von der Schüpfener gad-<br />

Stiftung. Die Organisation unterstützt Menschen<br />

30<br />

ohne soziale oder wirtschaftliche Integration und<br />

ist versucht, jenen Stabilität zu bieten, die in einer<br />

«normalen» wirtschaftlichen Unternehmung keine<br />

Chance mehr bekommen würden. «Das Projekt ist<br />

entstanden, als mir die gad-Stiftung ein ähnliches<br />

Vorhaben im Restaurant Punto vorschlug», erklärt<br />

Flo. Zu diesem Zeitpunkt sei aber im Grunde<br />

schon klar gewesen, dass er als ehemaliger LaWy-<br />

Geschäftsführer mit dem zukünftigen Sous-Soul<br />

Team an der Junkerngasse weitermachen wird.<br />

Warum also das Ganze nicht in der Altstadt unter<br />

einem Dach beziehungsweise einer Kellertüre vereinen?<br />

Im Gegenzug bietet die gad-Stiftung Projekten<br />

wie dem Sous-Soul Hilfe; einerseits im Bereich des<br />

sozialen Rahmens mittels Coaching durch gadinterne<br />

Fachkräfte, andererseits erhält das Sous-<br />

Soul Unterstützung in Form fi nanzieller Mittel. Die<br />

Stiftung dient der Unternehmung also in erster<br />

Linie mit einer Geldspritze. Tönt wie ein Mittel zum<br />

Zweck. Das Sous-Soul-Team betont aber seinen<br />

ideologischen Hintergrund: Ohne Herzblut wäre<br />

die Realisierung des Projektes nicht zu Stande<br />

gekommen. Die vier bis sieben betreuten Lehr-/<br />

Arbeitsplätze bedeuten indes immensen Mehraufwand,<br />

welchen das Team als Gegenzug für die gad-<br />

Unterstützung leistet. Fair-Trade sozusagen. Ferenz<br />

sieht darin gleichzeitig eine reizvolle Hürde, die zu<br />

nehmen für alle eine grosse Herausforderung sei,<br />

aber auch neue Perspektiven bedeute.<br />

Ein Novum im Keller, ein Novum in Bern Mit<br />

ihrem ehrgeizigen Konzept betreten die Jungs<br />

vom Sous-Soul Neuland. Trotzdem sind die Ziele<br />

hoch gesteckt, denn der soziale Aspekt soll kein<br />

Handicap sein, sondern im Gegenteil P<strong>art</strong> des aussergewöhnlichen<br />

Lokal-Ambientes. Ferenz spricht<br />

sich für absolute Kompromisslosigkeit bezüglich<br />

Qualität aus. Man wolle keine Mitleidsgäste. Namentlich<br />

Restaurantbesucher sollen zwar mit dem<br />

sozialen Bewusstsein des Betriebs vertraut sein,<br />

es aber während ihrem Besuch nicht explizit spüren.<br />

Die vermeintliche Schwäche soll eine Stärke<br />

werden.<br />

Und es dürfte nicht nur bei dieser einen bleiben:<br />

Die drei Standbeine bieten kulturell schon im ersten<br />

Monat haufenweise Feinschmeckerhäppchen,<br />

musikalisch genauso wie kulinarisch. Mit dem dichten<br />

Netzwerk von Veranstalter Fire (Weltrekords),<br />

Gere (Züri West) Flo (ex LaWy) und Ferenz (Dubquest)<br />

füllt sich ein illustrer Programmkalender,<br />

der mit der Lokaleröffnung (siehe Kasten) am 21.<br />

– 23. September und Auftritten von DJ-Legende<br />

Uwe Walkner oder etwa William White seinen Lauf<br />

nimmt.<br />

Das Sous-Soul baut auf fi xe Konzepte für gesetzte<br />

Wochentage, mit denen sich der Besucher<br />

identifi zieren kann. Vielversprechend klingt deren<br />

Programmation: Dienstags lädt der Keller zur<br />

allwöchentlichen Jazz-Jamsession, Mittwochs<br />

schwingen Kochkünstler (Musiker oder Künstler<br />

wie etwa Daniel Ebnöther und Reverend Beatman)<br />

die Kochlöffel. Einmal im Monat tritt das BFU<br />

– Bundesamt für Unterhaltung – in Erscheinung:<br />

Die drei Rapper Greis, Baze und Etienne geben sich<br />

mit vier Musikern einem ausgewählten Thema hin<br />

und zelebrieren als «Tequila Boys» Bühnenpräsenz.<br />

Eine Lücke will das Sous-Soul primär am annähernd<br />

zum Wochenende gehörenden Donnerstagabend<br />

füllen: DJ Diferenz lädt allwöchentlich<br />

zur P<strong>art</strong>yserie «Family Affair», hinter welcher der<br />

Grundgedanke einer qualitativ hochwertigen Clubnacht<br />

steckt. «Vergleichbare Events im <br />

oder dem haben schon vor Jahren<br />

ensuite - kulturmagazin Nr. 45 | september 06

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