19.11.2012 Aufrufe

art - Ensuite

art - Ensuite

art - Ensuite

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

GASTROTIPP<br />

nach grossmutters <strong>art</strong><br />

Von Nadia Meier Bild: zVg.<br />

■ Es wäre doch schade, hier Zeilen zu verbraten<br />

für ein Restaurant, das ich nicht mal meinem Hund<br />

empfehlen würde. Gestern Abend habe ich das<br />

Abendessen in einem Lokal zu mir genommen, das<br />

mir schien wie eine Woche Pauschalurlaub in der<br />

Türkei inklusive Carfahrt zu irgendeiner Sehenswürdigkeit:<br />

Es war billig und nicht schlecht. Aber<br />

eben auch nicht wirklich gut.<br />

Eigentlich wollten wir ins Mahamaya, wo ich mir<br />

ab und zu ein Mittagsmenu hole, das mir den Büroalltag<br />

verschärft. Dummerweise hatten wir keinen<br />

Tisch reserviert. Der Hunger trieb uns dann leider<br />

in die nächstbeste Beiz. Dort sprühte ein automatischer<br />

Luftverschönerer alle zwanzig Minuten<br />

einen Nebel in den Raum, der mich an Putzmittel<br />

erinnerte und an meine Grossmutter Pepi, die<br />

beste Reinemacherin der Welt.<br />

Als Hygienefanatikerin und Frau eines faulen<br />

Kochs hatte sie gegenüber Restaurants im Allgemeinen<br />

so ihre Bedenken. «Koukla mu», sagte<br />

sie oft zu mir, wenn ich hungrig war und in der<br />

Stadt irgendeine Gyrosbude entdeckt hatte, «mein<br />

Püppchen: wir essen, wo es am besten schmeckt.»<br />

Auf dem Nachhauseweg erzählte sie mir dann von<br />

dicken Köchen mit schwarzen Fingernägeln, die<br />

unters Schweinekotelett spuckten und kleine Mädchen<br />

vergifteten.<br />

Zuhause setzte sie mich in die Kurve der Eckbank<br />

und drückte rechts und links grosse Kissen<br />

neben mich, sodass ich nicht fl iehen konnte. Meine<br />

Aufgabe war es, Zahnstocher in kalte Fleischbällchen<br />

zu stecken, die es später zum Aperitif geben<br />

32<br />

würde, und dabei jedes vierte oder fünfte gleich<br />

selber aufzuessen. Pepi holte unterdessen haufenweise<br />

Lammfl eisch aus dem Kühlschrank: ein Festessen<br />

für die Erwachsenen.<br />

Ich war nicht dazu zu bringen, davon zu essen.<br />

Schliesslich hatte ich meine Grossmutter am frühen<br />

Morgen auf den Markt begleitet, wo ganze<br />

Lämmchen an Haken hingen, daneben Köpfe von<br />

Kaninchen und Schweinefüsse. Ich stolperte mit<br />

halb zugekniffenen Augen hinterher und glaubte<br />

meiner Grossmutter kein Wort, wenn sie mir sagte,<br />

die Lämmchen seinen gar nicht tot, sie hätten sich<br />

bloss ausgezogen, um ein Bad zu nehmen.<br />

Für mich versteckte meine Grossmutter das<br />

Lammfl eisch, indem sie es in zwei kleine Finken<br />

füllte: Papoutsakias. Sie nahm eine Aubergine und<br />

setzte sie in einer Pfanne in einen See von Olivenöl,<br />

der bei jeder Ernährungsberaterin einen Ohnmachtsanfall<br />

provozieren würde. Als die Aubergine<br />

rundherum schön angebraten war, nahm Pepi sie<br />

aus der Pfanne, halbierte sie und löste das Fruchtfl<br />

eisch heraus: Fertig waren die Pantoffeln. Gefüllt<br />

wurde das Ganze mit Zwiebeln, Knoblauch, Tomaten,<br />

Petersilie und natürlich gehacktem Lammfl<br />

eisch.<br />

Vielleicht ist das der Ursprung meines<br />

Schuhticks. Wer jedenfalls einmal gelernt hat, diese<br />

kleinen Finken zu kochen, ist nie wieder darauf<br />

angewiesen, in einem schlechten Restaurant zu<br />

essen. Und wenn es beim ersten Mal nicht klappen<br />

sollte mit dem Rezept, so ist vielleicht im Mahamaya<br />

noch ein Tisch frei.<br />

PAPOUTSAKIAS<br />

4 Auberginen waschen, Stiel abschneiden, in Olivenöl<br />

anbraten, auskühlen, halbieren. Fruchtfl eisch<br />

mit Löffel herauslösen, 1 cm Rand lassen. 300g<br />

Lammhackfl eisch, drei gehackte Zwiebeln und 1<br />

gehackte Knoblauchzehe anbraten. 1 Esslöffel Tomatenmark<br />

dazu. 1 Dose geschälte Tomaten (ohne<br />

Saft) dazu. Auberginenfl eisch dazu. Ca. 10 Minuten<br />

köcheln, bis Flüssigkeit weg. Vom Herd nehmen. 1<br />

Bund gehackte Petersilie, 60g Parmesan und 2 Esslöffel<br />

Paniermehl dazu. Würzen: Salz, Pfeffer, Zimt,<br />

Zucker. Finken auf eingefettetes Backblech setzen<br />

und füllen. Béchamelsauce (siehe Tiptopf) darüber.<br />

1/2 Stunde backen bei 200 Grad. Kali Orexi!<br />

Liebe Wirtinnen und Wirte<br />

Immer auf der Suche nach empfehlenswerten<br />

Restaurants, kommt ensuite - kulturmagazin gerne<br />

auch zu Ihnen. Und das geht so: Sie senden<br />

uns einen Gutschein für ein Nachtessen inkl. allem<br />

für 2 Personen. Ob wir kommen, wann... das<br />

ist uns überlassen.<br />

Senden Sie den Gutschein an:<br />

ensuite - kulturmagazin<br />

Gastrokritik<br />

Sandrainstrasse 3<br />

3007 Bern<br />

ensuite - kulturmagazin Nr. 45 | september 06

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!