PERSONALIA - KV
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<strong>KV</strong>_01_2006 23.02.2006 15:54 Uhr Seite 21<br />
Der „Bologna-Prozess“ bedeute eine komplette Hochschulstrukturreform,<br />
erläuterte Braun. Die Kernpunkte der Bologna-Erklärung<br />
von 1999 seien die Einführung eines Systems vergleichbarer Abschlüsse<br />
und eines Leistungspunktesystems in allen 45 Mitgliedsstaaten<br />
bis 2010. Dadurch soll die Mobilität von Studierenden und<br />
Lehrern ebenso gefördert werden, wie die Qualitätssicherung und<br />
die Zusammenarbeit der europäischen Hochschulen. Darüber<br />
hinaus ist eine weltweite Steigerung der Attraktivität der europäischen<br />
Hochschulen für Studierende Ziel des „Bologna-Prozesses“.<br />
In Deutschland haben die 16 zuständigen Minister auf dieses<br />
Programm alle deutschen Reformwünsche, zum Beispiel eine stärkere<br />
Berufsbezogenheit des Studiums und eine Verkürzung der Studienzeiten,<br />
aufgesattelt.<br />
Für Braun lassen der „Bologna-Prozess“ und seine Umsetzung viele<br />
Fragen offen. So verschleierten die „Bologna-Euphorie“ und die Betriebsamkeit<br />
in Deutschland die tatsächliche Komplexität der Probleme<br />
im Hochschulwesen. Jedoch sei das angestrebte Ziel, die<br />
Europäisierung der Hochschulausbildung, die damit verbundene<br />
Mobilität der Studierenden und die Vertiefung der sprachlichen und<br />
kulturellen Zusammengehörigkeit zu begrüßen. Dennoch sieht<br />
Braun in Deutschland ernst zu nehmende Widerstände gegen die<br />
radikale Beseitigung des Diploms oder auch die angestrebte „Berufsfertigkeit“<br />
durch den Bachelor, die eines offenen Diskurses bedürften.<br />
Für die Studierenden eröffnete Matthias Belafi seine Stellungnahme<br />
mit der Feststellung, dass die Universitäten im Rahmen des<br />
„Bologna-Prozesses“ Wunder vollbringen müssten, und dass dieses<br />
Wunder der Student sei, der all die Anforderungen erfülle und die<br />
Veränderungen durch „Bologna“ mitmache. Die größten Risiken<br />
des Prozesses sah Belafi in der Zweistufigkeit der Abschlüsse. Er<br />
kritisierte, dass ohne Not bewährte Abschlüsse wie der Diplomingenieur<br />
abgeschafft würden. Eine tiefere und breitere Diskussion<br />
hätte hier zu mehr Akzeptanz geführt. Auch eine Verkürzung der<br />
Studienzeit sehe er nicht. Belafi warnte weiter vor einer Gefahr der<br />
Verwässerung der Hochschularten durch die einheitlichen Bachelorund<br />
Masterabschlüsse. „Die jeweils eigenen Profile von FH und Uni<br />
müssen erhalten bleiben!“, forderte der stellvertretende AGV-Vorsitzende.<br />
Er kritisierte, dass die Studierenden mit dem Bachelor zu<br />
einem Abschluss verpflichtet würden, für den es keinen Arbeitsmarkt<br />
gebe.<br />
Klaus Oidtmann (CV) vom sächsischen Wissenschaftsministerium<br />
forderte, den Bologna-Prozess in seinem europäischen Kontext zu<br />
betrachten. Dort biete „Bologna“ erhebliche Chancen. Diese sieht<br />
Oidtmann auch in der „Bologna-bedingten“ Neustrukturierung der<br />
Hochschulen. Allerdings warnte auch er davor, sich ganz vom bewährten<br />
Diplom zu verabschieden.<br />
„Was ich bisher höre, führt zu weniger Flexibilität, weil international<br />
und innerdeutsch die Bachelor-Abschlüsse nicht anerkannt werden“,<br />
stellte auch Prof. DDr. Sternberg die Frage nach dem Arbeitsmarkt<br />
für Bachelor-Abschlüsse. Für Sternberg liegt das Hauptproblem<br />
des deutschen Hochschulwesens in der Finanzausgestaltung<br />
der Universitäten und den gravierenden Mängeln in der Lehre. Aufgrund<br />
der dramatischen Unterfinanzierung befürwortete Prof. DDr.<br />
Sternberg die Einführung von nachgelagerten Studiengebühren.<br />
Andrea Frank von der Hochschulrektorenkonferenz bedauerte die<br />
Verkürzung der Debatte auf die Zweistufigkeit der Abschlüsse und<br />
stellte die Chancen mit Blick auf die nationale Diskussion in den<br />
Vordergrund ihrer Stellungnahme. Sie sieht in erster Linie die Chance<br />
einer starken Aufwertung und Auseinandersetzung mit der Lehre.<br />
Die geplante Ergebnisorientierung werde zu einer stärkeren<br />
Auseinandersetzung mit der Qualifizierung führen, die ein Studiengang<br />
bietet, äußerte Frau Frank sich hoffnungsvoll. Einen weiteren<br />
großen Vorteil sah Frau Frank in der Durchlässigkeit sowohl zwischen<br />
den Hochschultypen und Bildungsbereichen als auch zwischen<br />
dem Arbeitsmarkt und der Hochschule. Kritik übte Frau Frank<br />
an der Art und Weise, wie der Bologna-Prozess in Deutschland diskutiert<br />
und umgesetzt wird. So seien nicht alle Beteiligten von Anfang<br />
an mitgenommen worden. Insbesondere die Studierenden seien<br />
viel zu spät in die Diskussion einbezogen worden.<br />
Der vollständige Text des AGV-Positionspapiers ist zu finden<br />
im Internet unter www.agvnet.de oder kann bei der AGV-Geschäftsstelle<br />
(Luisenstr. 36, 53129 Bonn) angefordert werden.<br />
AGV<br />
AM 21