PERSONALIA - KV
PERSONALIA - KV
PERSONALIA - KV
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
<strong>KV</strong>_01_2006 23.02.2006 15:54 Uhr Seite 27<br />
Die Staatsverschuldung<br />
und die<br />
Ältere Generation<br />
Stellungnahme zu einer Äußerung des JU-<br />
Bundesvorsitzenden Philipp Missfelder<br />
Brief: Edgar K. Beitzen (Rhein)<br />
Der JU-Bundesvorsitzende Philipp Missfelder ist<br />
bisher schon aufgefallen durch ungewöhnliche<br />
Äußerungen mit einer abfälligen Denkweise u.a. insbesondere<br />
über die sog. Ältere Generation („Keine<br />
Hüftgelenke mehr für Ältere“, Forderung weiterer<br />
„Nullrunden für Rentner“). Ein Jungpolitiker einer<br />
anderen Partei wurde wegen einer ähnlichen, angeblich<br />
missverständlichen Äußerung („Sollen früher<br />
den Löffel abgeben“) von eigener Seite aus zum<br />
Rücktritt veranlasst.<br />
Folgende Äußerung fand sich vor geraumer Zeit in<br />
der Verbandszeitschrift „Akademische Monatsblätter“<br />
AM unseres Kartellverbandes katholischer<br />
deutscher Studentenvereine <strong>KV</strong> in der Ausgabe<br />
Nr. 3/2005 S.15. Dort heißt es: „Übereinstimmung<br />
zwischen JU und AGV herrschte auch zum Thema<br />
Finanzpolitik. Es sei unverantwortlich, dass die<br />
ältere Generation viel Geld zu Lasten der jüngeren<br />
Generation verprasse, unterstrich Missfelder ...“.<br />
Gemeint ist offensichtlich die Altersklasse der Rentner<br />
und Pensionäre. Anm.: Die AGV ist die Arbeitsgemeinschaft<br />
katholischer Studentenver-bände CV,<br />
<strong>KV</strong> und UV. Insofern ist auch die Aussage einer<br />
„Übereinstimmung“ als ärgerlich zu werten. Die <strong>KV</strong>-<br />
Verbandsführung und die AM-Redaktion haben sich<br />
distanziert.<br />
In einer Stellungnahme v. 7.9.05, die in Kopie vorliegt,<br />
versucht Missfelder die Äußerung abzuschwächen<br />
mit der Formulierung „Meine darin zitierten<br />
Worte sind so nicht gefallen – Ich bin falsch<br />
zitiert worden. Was ich jedoch erwähnt habe, war<br />
die überbordende Belastung der jungen Generation,<br />
insbesondere durch die Staatsverschuldung“. Das<br />
angebliche Falschzitieren wurde seitens des Verfasser<br />
des Berichts, Kb Timo Hirte, bis heute nicht<br />
verifiziert.<br />
Dabei übersieht und übergeht er völlig, daß die<br />
Verantwortung für die seiner Äußerung zugrundeliegende<br />
„Staatsverschuldung“ (i. H. v. derzeit rd.<br />
FORUM<br />
7,1 Bill. € insgesamt, davon rd. 1,456 Bill. € sog.<br />
Explizite (Haushalt-)Schulden und rd. 5,7 Bill. € sog.<br />
Implizite Staatsschulden) nicht bei der „Älteren Generation“<br />
liegt oder überhaupt irgendeiner einzelnen<br />
Bevölkerungsgruppe, sondern über die Jahre hinweg<br />
vielmehr bei den für die Finanzpolitik Verantwortlichen:<br />
Die inzwischen gigantisch hohe Staatsverschuldung<br />
liegt nämlich begründet in der betriebswirtschaftlich<br />
mangelhaften „Buchführung des Kameralistischen<br />
Rechnungswesens“, die traditionsverhaftet<br />
(mit den Art. 110 bis 115 Grundgesetz) beibehalten<br />
wurde und immer noch wird (ohne Buchen von Rückstellungen<br />
und Abschreibungen und ohne Bilden von<br />
aktiven Vermögensposten wie u.a. Pensionsfonds<br />
als Rücklagen). Ferner im System der Haushalt- und<br />
Finanzpolitik, das vornehmlich (nur) auf Liquidität<br />
ausgerichtet ist und (ohne eine betriebswirtschaftlich<br />
notwendige „Bilanzierung nach Handelsrecht“)<br />
betrieben wird (s. auch FAZ v.3.4.03 „Unterschlagene<br />
Rückstellungen“).<br />
Hinzu kommt, dass das durch das Umlageverfahren<br />
kapitalmässig ungedeckte Rentensystem (mit jetzt<br />
zunehmend notwendigen Ergänzungszuweisungen<br />
an die Rentenkassen) und ständig (auch sozial)<br />
masslose und nicht tragbare, unverantwortbare<br />
haushaltpolitische Ausgabeentscheidungen nach<br />
Interessenlagen und Wunschvorstellungen bei Bund,<br />
Ländern und Gemeinden das gigantische Anwachsen<br />
zusätzlich verstärkt haben.<br />
Völlig offen ist die konkrete Frage, wie die Staatsverschuldung<br />
in den Griff zu bekommen sein könnte.<br />
Solange keine „Bilanzpolitik“ betrieben und kein<br />
Amt eines „Bundesbilanzministers“ eingerichtet<br />
wird, ist kein neuer Denkansatz zu erkennen. Mit der<br />
traditionellen „Finanzpolitik“ nur als „Haushaltpolitik“<br />
(nur mit „Kassendefiziten“ und deren Ausgleichen<br />
durch „Neuverschuldungen“ und Aufstocken<br />
bei den „Haushaltschulden“) allein ist das Problem<br />
jedenfalls nicht zu schaffen. Die Frau Bundeskanzlerin<br />
und die neue Bundesregierung müssen sich des<br />
Themas annehmen. Auch die traditionelle Finanzwissen-schaft<br />
muß sich nolens volens anschicken,<br />
ans Umdenken heranzugehen, und sich mit Buchführung<br />
und Bilanzierung befassen.<br />
AM 27