3 | 2008 - Schiffahrt und Technik
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war keiner dem<br />
K<strong>und</strong>en gegenüber<br />
für die Einhaltung der<br />
Qualität verantwortlich.<br />
Da sich der Gesamtpreis<br />
aus zwei Teilpreisen addierte,<br />
war er auch immer höher als<br />
der Preis, den ein alleiniger Transporteur<br />
für einen durchgehenden Langstreckentransport<br />
anbieten kann. Die Folge war, dass der Bahntransport<br />
zwischen Frankreich <strong>und</strong> Deutschland nur halb so wettbewerbsfähig<br />
sein konnte wie die Transporte im Inland.“<br />
Dass Fret SNCF jetzt so stark auf den internationalen Verkehr setzt,<br />
hänge mit der Öffnung des Marktes für die private Konkurrenz zusammen,<br />
erinnerte Emmerich. „Es liegt in unserem Interesse, uns<br />
international zu entwickeln <strong>und</strong> neue Märkte im Ausland zu fi nden,<br />
denn das ist aussichtsreicher, als uns im Inland mit den neuen Anbietern<br />
zu balgen, denen gegenüber wir kaum überzeugende Vorzüge<br />
haben.“ Der größte Trumpf sei die Flotte von r<strong>und</strong> 150 modernen<br />
interoperablen Loks, die in den letzten Jahren im Rahmen<br />
des Véron-Plans von den 1,5 Mrd. Euro angeschafft wurden, die die<br />
SNCF mit Billigung der Brüsseler Kommission ihrem Frachtbereich<br />
zur Modernisierung bereitgestellt hatte. Hinzu komme, dass Fret<br />
SNCF – wie alle traditionellen Bahnunternehmen – im eigenen Land<br />
als ehemaliger Monopolist angesehen wird <strong>und</strong> sich Vorbehalten<br />
ausgesetzt sieht. „Sobald wir über die Grenze kommen, ändert sich<br />
das schlagartig. Da sind wir einer der neuen Anbieter, der mithilft,<br />
den Markt aufzumischen, <strong>und</strong> das macht uns interessant bei den<br />
K<strong>und</strong>en, die sich von uns alternative Angebote versprechen.“<br />
Entsprechende Erfahrungen hat Fret SNCF bereits in Belgien gemacht,<br />
wo man durchgehende Züge von Antwerpen – dem sprichwörtlich<br />
immer noch „wichtigsten Hafen Frankreichs“ – bis in die<br />
Pariser Region, nach Lyon oder an die spanische Grenze betreibt.<br />
„Ende 2006 waren es erst sechs Züge wöchentlich, Ende 2007 schon<br />
50, im laufenden Jahr wollen wir diese Zahl verdoppeln <strong>und</strong> bis<br />
2012 dann auf wöchentlich 200 Züge kommen“, erklärt Emmerich.<br />
Gegenwärtig kann Fret SNCF hier 54 interoperable Loks einsetzen<br />
<strong>und</strong> mehr als 100 Eisenbahner, die Niederländisch beherrschen.<br />
In Richtung Italien tritt Fret SNCF mit 30 interoperablen Loks <strong>und</strong><br />
40 zweisprachigen Eisenbahnern an. Ende 2007 hat die eigene<br />
Italien-Filiale schon 70 Züge pro Woche betrieben, während es Ende<br />
2006 erst 40 waren. Der Verkehr zwischen beiden Ländern erfolgt<br />
Emmerich zufolge bereits zu 75 % nach dem Open-Access-Prinzip.<br />
Den großen Durchbruch erwartet er, wenn 2009 die Ausbauarbeiten<br />
am Fréjus-Bahntunnel abgeschlossen sein werden. Die Konzen-<br />
SNCF-Präsident Guillaume Pepy <strong>und</strong> SNCF-Vize-Generaldirektor Mathias Emmerich<br />
tration auf diese drei Länder habe bei Fret SNCF Tradition. Von den<br />
38,4 % des Umsatzes, den Fret SNCF bisher schon im internationalen<br />
Verkehr erwirtschaftet hat, entfallen 24 % auf Belgien, 22 % auf<br />
Deutschland <strong>und</strong> 20 % auf Italien. Es folgt die Iberische Halbinsel<br />
mit 19 %, während Großbritannien mit 4 %, die Schweiz mit 3 %<br />
sowie die Niederlande <strong>und</strong> Luxemburg mit je 2 % weit dahinter rangieren.<br />
Die Entwicklung des Verkehrs mit Spanien <strong>und</strong> hier vor allem<br />
mit dem Hafen Barcelona hänge stark von den Entscheidungen über<br />
die Gestaltung des Tunnels Perpignan-Figueras ab. „Zu den größten<br />
Anomalien bei uns gehört, dass wir mit Großbritannien, wo wir<br />
über ein Sicherheitszertifi kat verfügen, nur so wenig Transporte abwickeln“,<br />
bedauert Emmerich, der den Gr<strong>und</strong> in den überzogenen<br />
Gebühren für den Kanaltunnel sieht. Hier sei man aber im Gespräch<br />
<strong>und</strong> voller Hoffnung. Nicht hinnehmbar sei auch das niedrige Niveau<br />
mit der Schweiz, die doch ein wichtiges Transitland für Transporte<br />
in Richtung Osteuropa sein könnte. In dieser Richtung müsse weiter<br />
gearbeitet werden, zumal sich Prognosen zufolge der Bahntransport<br />
zwischen West- <strong>und</strong> Osteuropa in den nächsten Jahren um<br />
mindestens 50 % erhöhen wird. Eine der Schlussfolgerungen war<br />
bereits Anfang April der Kauf der Dresdener Bahngesellschaft Import<br />
Transport Logistik (ITL), die 160 Mitarbeiter zählt, über 35 Loks<br />
<strong>und</strong> 845 Waggons verfügt, Filialen in Polen <strong>und</strong> der Tschechischen<br />
Republik hat <strong>und</strong> für die SNCF das Geschäft in Richtung Mittel- <strong>und</strong><br />
Osteuropa ausbauen soll. ■ Ralf Klingsieck<br />
Neue Impulse für den<br />
europäischen Bahnmarkt<br />
Hartmut Mehdorn muss sich warm anziehen. Mit Fret SNCF bekommt<br />
er erstmals einen Wettbewerber im deutschen <strong>und</strong> europäischen<br />
Schienengüterverkehrsmarkt, den er erst nehmen muss.<br />
Hat die schweizerische SBB die DB eher gezwickt, da sie nur einen<br />
für die DB weniger bedeutenden Teilmarkt im Nord-Süd-Verkehr<br />
für sich gewinnen konnte, so dürfte das Marktpotential der SNCF<br />
in angestammten DB-Verkehren deutlich größer sein.<br />
Anders als Mehdorns Bahnbeamten, die auf K<strong>und</strong>enanfragen<br />
nach wie vor erst nach Tagen <strong>und</strong> Wochen reagieren, geht der<br />
französische Wettbewerber von vorne herein seine neuen Aktivitäten<br />
von der richtigen Seite an: Der Zufriedenheit der K<strong>und</strong>en!<br />
Sicher werden auch die Franzosen einige Zeit brauchen, bis sie die<br />
neue Strategie im Hause umgesetzt haben. Aber die Anfang April<br />
angekündigte Übernahme des europaweit tätigen Logistikers<br />
GEODIS <strong>und</strong> der Dresdner Privatgüterbahn ITL zeigt deutlich, dass<br />
man nicht lange fackelt, um den Wettbewerbsvorsprung der DB<br />
rasch einzuholen. ■ Hans-Wilhelm Dünner<br />
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