Die Kunst des Alterns
Die Kunst des Alterns
Die Kunst des Alterns
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Bild 29: Vorgehensweise angewandter arbeitswissenschaftlicher Feldforschung<br />
Figure 29: Procedure of applied work-science field research<br />
Illustration 29: Procédure de travail pour la recherche scientifique appliquée concernant le travail et<br />
pratiquée sur le terrain<br />
türlich nicht alles mit Geräten messbar<br />
ist, was sich aber durchaus im subjektiven<br />
Erlebensbereich niederschlagen<br />
kann, sind auch – wie das in Bild 28 in<br />
der unteren Achse dargestellt ist –<br />
sozialwissenschaftlich orientierte Erhebungen<br />
zur subjektiven Bewertung der<br />
Arbeitsbedingungen unerlässlich.<br />
<strong>Die</strong> Ergonomie hat hier im Spannungsfeld<br />
zwischen dem wissenschaftlichen<br />
Anspruch der einzusetzenden Methoden<br />
einerseits, und pragmatischen,<br />
möglichst einfachen Vorgehensweisen<br />
andererseits zu „bestehen“, so dass das<br />
betriebliche Arbeitsfeld nicht als wissenschaftliche<br />
„Spielwiese“ bzw.<br />
Experimentierfeld missbraucht wird. Sie<br />
darf aber auch als angewandte Wissenschaft<br />
nicht zur Pseudo-Wissenschaft<br />
entarten. Bei diesem „Spagat“ darf vor<br />
allem die bilaterale Zielstellung in der<br />
Arbeitsgestaltung, nämlich das „Bewahren“<br />
von Humanaspekten bei Sicherstellung<br />
der Wirtschaftlichkeit<br />
nicht aus den Augen verloren gehen.<br />
Aus der Gesamtheit der wie vorher angesprochenen<br />
Untersuchungsbefunde<br />
sind dann meist Verbesserungsvorschläge<br />
für die Arbeitsbedingungen<br />
abzuleiten, zumal arbeitswissenschaftliche<br />
Felduntersuchungen sich nicht<br />
allein auf Analysen <strong>des</strong> Istzustan<strong>des</strong><br />
beschränken dürfen. Vielmehr ist – wie<br />
in Bild 29 dargestellt – stets auch der<br />
Sollzustand der Arbeitsbedingungen<br />
anzugeben, und darauf hinzuwirken,<br />
dass Abweichungen von diesem Soll-<br />
zustand behoben werden. So gilt es<br />
also, Empfehlungen für Verbesserungsmaßnahmen<br />
zu erarbeiten, aufgrund der<br />
skizzierten arbeitsphysiologischen und<br />
ergonomischen Analysen unter Berücksichtigung<br />
von Gesetzen, Normen,<br />
Regeln und arbeitswissenschaftlichem<br />
Grundlagenwissen. Ferner gilt es aber<br />
auch, über sozialwissenschaftliche Befragungen<br />
(d. h. z. B. über Interview-<br />
Methoden) die individuellen Bedürfnisse<br />
der Arbeitnehmer zu eruieren, und<br />
schließlich müssen im Rahmen der allgemeinen<br />
Betriebsplanung auch die<br />
wirtschaftlichen Ziele der Firmen unter<br />
den betriebsspezifischen Gegebenheiten,<br />
d. h. unter den technisch-organisatorischen<br />
Randbedingungen Berücksichtigung<br />
finden. So müssen – zweckmäßigerweise<br />
in Zusammenarbeit mit<br />
dem Betrieb – Änderungsvorschläge<br />
oder Alternativen für Arbeitsplätze mit<br />
Arbeitsmitteln, den Arbeitsablauf mit<br />
Arbeitsinhalten und die Arbeitsumgebung<br />
entwickelt werden. Bei neuen Arbeitsplätzen<br />
sollte aber auch durch eine<br />
Evaluierung überprüft werden, inwieweit<br />
die getroffenen Maßnahmen tatsächlich<br />
in Richtung menschengerechter<br />
Arbeitsgestaltung verlaufen sind.<br />
<strong>Die</strong> Rückkopplungsschleife im Prozess<br />
der Anpassung aller technisch und organisatorisch<br />
beeinflussbaren Faktoren<br />
an den Menschen soll also andeuten,<br />
dass ein so definierter Sollzustand<br />
der Arbeitsbedingungen in der Regel<br />
einer nochmaligen Überprüfung bedarf,<br />
um sicherzustellen, dass wirklich eine<br />
Anpassung der Arbeit an den Men-<br />
schen erfolgte. Damit sollte Praxisnähe<br />
erreicht werden, sollte sichergestellt<br />
werden, dass neue Arbeitsstrukturen<br />
auch von den betroffenen Mitarbeitern<br />
akzeptiert werden. Auf diese Art und<br />
Weise der Analyse, Planung, Umgestaltung<br />
oder Neukonstruktion und<br />
Rückversicherung der Meinung der<br />
von den Maßnahmen Betroffenen, sollte<br />
nicht zuletzt auch eine direkte Mitarbeit<br />
der Arbeitnehmer bei der Gestaltung<br />
ihrer eigenen Arbeitsbedingungen<br />
erreicht werden, wie das seit langem<br />
schon nach §§ 90 und 91 <strong>des</strong> Betriebsverfassungsgesetzes<br />
den Betrieben<br />
nahegelegt wird.<br />
5 Ausblick und Schlussbemerkungen<br />
<strong>Die</strong> Arbeitswissenschaft hatte sich in<br />
den letzten Jahren – neben den oben<br />
beschriebenen, geradezu klassischen<br />
Aufgaben – vermehrt auch um eine<br />
Fülle neuartiger Fragestellungen zu<br />
kümmern. Das kommt u. a. auch in den<br />
Kongressthemen der Gesellschaft für<br />
Arbeitswissenschaft (GfA) zum Ausdruck<br />
(vgl. Bild 30). Da war schon vor<br />
Jahren „Kommunikation und Kooperation“<br />
Leitthema einer Frühjahrstagung<br />
(vgl. N.N. 1998). Nach einem noch einmal<br />
eher griffigen Thema der „Mensch-Maschine-Schnittstellen“<br />
(vgl. Landau<br />
1998), ging es in einer Herbsttagung um<br />
die komplexe, weniger leicht fassbare<br />
„Gestaltung betrieblicher Veränderungsprozesse“<br />
(vgl. N.N. 1999). Der darauf<br />
folgende Frühjahrskongress (vgl. N.N.<br />
2000) stand ganz im Zeichen komplexer<br />
Arbeitssysteme, die bereits bei der Analyse<br />
und nicht erst bei der menschengerechten<br />
Gestaltung eine ungewöhnliche<br />
Herausforderung darstellen. Nach<br />
einer wieder mehr technikbezogenen<br />
Herbstkonferenz mit dem Thema „Ergonomie<br />
und Verkehrssicherheit“ (vgl.<br />
Bubb 2000) wurde versucht, „Arbeitsgestaltung,<br />
Flexibilisierung, und Kompetenzentwicklung“<br />
als Forderungen<br />
der Zeit zu thematisieren (vgl. N.N.<br />
2001b), wie auch im darauf folgenden<br />
Jahr dem raschen Wandel der Gesellschaft<br />
und der Globalisierung mit dem<br />
Thema „Arbeitswissenschaft im Zeichen<br />
gesellschaftlicher Vielfalt“ (vgl.<br />
N.N. 2002a) Rechnung zu tragen versucht<br />
wurde. Der Bogen weitete sich<br />
in den letzten Jahren erneut von „Ergo-<br />
154 H. Strasser<br />
(61) 2007/3 Z. ARB. WISS.<br />
Strasser.pmd 154<br />
31.08.2007, 13:19