Die Kunst des Alterns
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1 Zur historischen Entwicklung<br />
der Arbeitsphysiologie<br />
im deutschsprachigen<br />
Raum<br />
<strong>Die</strong> Arbeitsphysiologie hatte sich aus<br />
ersten Anfängen in den letzten Jahrzehnten<br />
<strong>des</strong> 19. Jahrhunderts entwickelt,<br />
zu einer Zeit, als der Mensch im<br />
wahrsten Sinne <strong>des</strong> Wortes vornehmlich<br />
als „Arbeitskraft“ gefragt war, und<br />
<strong>des</strong>halb grundlegende Untersuchungen<br />
über den Stoffwechsel <strong>des</strong> menschlichen<br />
Organismus im Vordergrund <strong>des</strong> wissenschaftlichen<br />
Interesses standen.<br />
Nicht zuletzt in Anerkennung hervorragender<br />
Forschungsleistungen deutscher<br />
Wissenschaftler kam es 1913 zur<br />
Gründung <strong>des</strong> „Kaiser-Wilhelm-Institutes<br />
für Arbeitsphysiologie“ in Berlin.<br />
Max Rubner, seinem ersten Direktor,<br />
gelang es, das Institut auch über die<br />
Wirren <strong>des</strong> ersten Weltkrieges hinweg<br />
zu erhalten. 1926 wurde (von Edgar<br />
Atzler als seinem Nachfolger) die Übersiedlung<br />
<strong>des</strong> Instituts nach Dortmund<br />
in die Wege geleitet, und 1938 übernahm<br />
(nach dem Tode Atzlers) Gunther<br />
Lehmann die Leitung <strong>des</strong> Instituts, das<br />
nach dem 2. Weltkrieg (in den Jahren<br />
1946-1954) als Max-Planck-Institut wiederaufgebaut<br />
wurde. Nach dem Umzug<br />
<strong>des</strong> Instituts nach Nordrhein-Westfalen<br />
blieb in Berlin – wie Kössler (2001)<br />
in seinen Recherchen feststellte – die<br />
Uhr für die Arbeitsphysiologie fast stehen,<br />
ehe (unter Küchler und Häublein)<br />
mit einem „Institut für Arbeitsphysiologie“<br />
und später dem „Zentralinstitut<br />
für Arbeitsmedizin“ eine erneute<br />
Profilierung der Arbeitsphysiologie in<br />
der ehemaligen DDR einsetzte.<br />
Ähnlich lange zurück wie in Deutschland<br />
reicht auch die Hygiene und Arbeitsphysiologie<br />
in der Schweiz. 1912<br />
hatte man sich bereits mit der Gründung<br />
eines Instituts für „Arbeitsphysik und<br />
Arbeitshygiene“ befasst, und bekanntlich<br />
hatte die Arbeitsphysiologie in der<br />
Schweiz besonders an der ETH Zürich<br />
Wurzeln geschlagen, wo es seit über<br />
100 Jahren eine entsprechende Professur<br />
mit Lehrveranstaltungen gibt. In der<br />
Schweiz sorgte Etienne Grandjean seit<br />
1950, d. h. noch vor der Gründung der<br />
Gesellschaft für Arbeitswissenschaft<br />
(GfA) im Jahre 1953 über 3 Jahrzehnte<br />
hinweg nicht nur innerhalb der GfA,<br />
sondern auch international (von 1961<br />
bis 1970 als Generalsekretär und<br />
Schatzmeister der 1958 in Paris ins Le-<br />
ben gerufenen International Ergonomics<br />
Association, der IEA) für starke<br />
arbeitsphysiologische Impulse der Ergonomie.<br />
In Deutschland erlangte das Max-<br />
Planck-Institut für Arbeitsphysiologie<br />
in Dortmund weltweit Anerkennung als<br />
ein internationales Forschungszentrum<br />
mit Gastwissenschaftlern aus verschiedenen<br />
Ländern. <strong>Die</strong> zu dieser Zeit engen<br />
Beziehungen auf verschiedenen<br />
Gebieten der Arbeitsphysiologie zwischen<br />
Deutschland und anderen europäischen<br />
Ländern, besonders mit<br />
Skandinavien, aber auch enge Verbindungen<br />
zu Japan und den USA sind<br />
durch zahlreiche Veröffentlichungen (z.<br />
B. Hettinger & Rodahl, 1960; Hettinger<br />
et al., 1961) belegt. <strong>Die</strong> weit über die<br />
Grenzen hinaus bekannte Institution<br />
kann auch mit Fug und Recht als Keimzelle<br />
der deutschen Arbeitswissenschaft<br />
bezeichnet werden, haben doch<br />
damals junge Wissenschaftler verschiedenster<br />
beruflich Coleur – von der<br />
Physik über die Psychologie, Soziologie<br />
und Medizin bis hin zu den<br />
Ingenieurwissenschaften – unter Lehmann<br />
und den Abteilungsleitern <strong>des</strong><br />
Instituts „gedient“, und nach ihrer<br />
„Meisterprüfung“ einen Großteil der<br />
Garde der ersten Generation von<br />
Lehrstuhlinhabern der Arbeitswissenschaft<br />
und Arbeitsmedizin gestellt.<br />
Stellvertretend seien hier nur Rohmert<br />
und Schmidtke, Rutenfranz, Jansen und<br />
Hettinger genannt (vgl. Bild 1).<br />
Mit der Gründung eines Instituts für<br />
Arbeitsphysiologie im Jahre 1965 an der<br />
Technischen Hochschule München<br />
wurde der Stellenwert dieser Disziplin<br />
noch einmal besonders herausgehoben,<br />
war doch Müller-Limmroth als einem<br />
Mediziner und Arbeitsphysiologen<br />
dieses Institut in der Fakultät für<br />
Maschinenwesen und Elektrotechnik<br />
anvertraut worden. Ihm oblag dabei, in<br />
Lehre und Forschung die Brücke zwischen<br />
den Humanwissenschaften und<br />
Ingenieurwissenschaften zu schlagen.<br />
<strong>Die</strong> Entwicklung der Arbeitsmedizin als<br />
einer durch das Arbeitssicherheitsgesetz<br />
seit 1973 stark gesetzlich verankerten<br />
Profession mit herausragenden<br />
Persönlichkeiten, wie den Pionieren<br />
Koelsch, Baader oder Valentin und sei-<br />
Bild 1: Einige Universitätsprofessoren der ersten Generation, die ihre Wurzeln im Max-Planck-<br />
Institut für Arbeitsphysiologie in Dortmund hatten<br />
Figure 1: Some renowned University professors of the first generation who had their roots in the<br />
Max-Planck-Institute of Work Physiology in Dortmund<br />
Illustration 1: Certains professeurs d’université parmi ceux issus de la première génération qui avaient<br />
leurs racines à l’Institut Max-Planck de Physiologie du Travail à Dortmund<br />
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