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kärntnerisch - Kärntner Wirtshauskultur

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32 seineRzeit<br />

seineRzeit im WiRtshaus:<br />

Wia´s amol Woa<br />

Die Seniorwirtin vom Kirchenwirt in Finkenstein am<br />

Faaker See erinnert sich an längst vergangene Zeiten.<br />

Gespräch aufgezeichnet von Ludwig Graber<br />

Das Haus „Krameritsch Keusche“ entstand im Jahre 1672 neben der<br />

Pfarrkirche St. Stefan. In der Gaststube ist noch eine mehr als 200<br />

Jahre alte, massive echte <strong>Kärntner</strong> Holzdecke zu finden. Im Gästezimmer<br />

zeugt eine von Gregor Graber (1872–1961) gemalte Decke<br />

mit dem Titel „Vier Jahreszeiten“ von der künstlerischen Ader<br />

der Familie. Das von Johann Graber (1845–1912) bereits betriebene<br />

Kaufhaus, ein richtiger „Kramerladen“, musste im Jahre 1989 leider<br />

den großen Einkaufszentren weichen.<br />

Seit mehr als 6 Generationen bewirtet die Familie Graber diesen<br />

wohl urwüchsigsten <strong>Kärntner</strong> Gasthof und feierte im Jahre 2005<br />

das 333-jährige Bestandsjubiläum. Heute versuchen die Wirtsleute<br />

Gabi und Ludwig Graber mit der ganzen Familie, Tradition und<br />

Althergebrachtes aufrecht zu erhalten und mit Trends und Neuerungen<br />

in harmonischen Einklang zu bringen.<br />

Die „Oma“, Margaretha Graber, ist nun schon seit 57 Jahren in der<br />

Kirchenwirt-Kuch’l tätig. Damals ist die junge Gret’l Messner aus<br />

Griffen als 17jährige „junge Gitsch’n“ nach St. Stefan zur „Krameritsch<br />

Keusche“ gekommen. Wo die Liebe hinfiel. Schnell hatte sie<br />

sich in den Wirt Ludwig Graber verliebt, und es wurde auch bald geheiratet.<br />

Damals war das Leben am Hof sehr schwer, sagt sie: „Mei<br />

St. Stefan am 21. Oktober 1940<br />

Margaretha Graber 1965<br />

Fota hot domols an Fuchs in Boch eine ghenkt, damit ma a Fleisch<br />

zan essn hom. Auswassan homma ihn miassn, damit der nit so bitter<br />

schmeckt. Froh woa ma, dass ma wos zan essn ghopt hom.“<br />

Alte Erinnerungen werden wach und die „Oma“ überschlägt sich<br />

förmlich mit den Erzählungen: „Am Nochmittog homma des Gosthaus<br />

zuagsperrt und san aufs Föld gongan. Mahn, Heign, Tschompe<br />

erntn oda anfoch den Männern hölfn. Gekocht homma jo a jeden<br />

Tog, und des Essn homma aufs Föld getrogn. Leibspeis domols woan<br />

de Tschompnjak mit Nöcklče (Erdäpfelmus mit Eiernockalan),<br />

weil des Essn is long woam geblieben“. Sie erläutert weiter: „Fleisch<br />

hots domols jo fost goa kans geb’n. Woa zu teuer und wenn ans do<br />

woa, hom des imma de Männer kriagt. Mia woan domols noch froh,<br />

dass ma an Monn ghopt hom, wal de hom für uns gsurgt.“<br />

Hygiene-Vorschriften, wie sie heute existieren, kannte man seinerzeit<br />

noch nicht: „Des Brot woa oft schon zwa Wochn olt, stanhoat und vaschimmelt.<br />

De Oltn hom gmant, dass ma den Schimmel lei fest ess’n<br />

solln, wal do kriag ma a gonz schöne Stimm. Den Speck homma anfoch<br />

abbürsten müssn, damit da Schimmel obageht. G’stuabn samma<br />

derwegn oba a nit. Gott sei donk gibt’s des heut nimma.“<br />

Mehr Arbeit, aber weniger Stress gab es damals, erzählt die Gret´l:<br />

„Domols homma echt fül oabeitn miasn. Fünfzehn oder sechzehn<br />

Stund am Tog woa gonz normal und des an siebn Tog in da Woch’n.<br />

Urlaub homma mia kann gebraucht, wal mia homma gern goabeitet.<br />

Oba den Stress den de Jungan Leut heute hom, den homma mia nit<br />

ghopt. Mia woa ma sicha vül zufriedener als de Leut von Heut und<br />

des hot uns a zsomg’schwast. Zomgholt’n homma mia fül mehr als<br />

des heute da Foll is.“<br />

Das Wirtshaus als Freudsche Couch: „Um Mitternocht homma<br />

noch de Leut getröstet wenn’s an Moralischen ghop hom. De san<br />

donn imma zu uns ins Gosthaus blärrn kumman. De Frauen hom<br />

donn am nächsten Tog mit uns gschimpft wal ma de Männer nit<br />

hamgstabt hom. Woa oft schon mühsom. Noch da Oabeit uma fünfe<br />

san imma vüle auf a Bier kumman um sich a pisale Luft zum<br />

moch’n. A Bierle, an Koat’ntippla und a pisale üban Schef schimpfn<br />

– und donn san se ham gongan und daham woa donn von da Oabeit<br />

olles vagessn. Heute nimmt jeda sein Frust von da Oabeit mit Ham<br />

und de Familie leidet oba drunta.“<br />

Vergleicht man damals mit heute, beschreibt die „Oma“ die Veränderungen<br />

folgendermaßen: „ „De meisten homm eh olles und san<br />

so unzufrieden. Jeda konn sich so olles leisten, wo er will und noch<br />

imma is olles zwenig. I bin gonz schen froh, dass i in so ana Zeit<br />

aufg’wochsn bin und nit haite. De Oabeitsmoral ist gonz noch untn<br />

gsunken und wals den Leutn zu guat geht, wüll kana mehr füan ondarn<br />

so richtig etwos tuan. Jeda is nur mehr für sich alan – a jo – sei<br />

Handy hot er jo a noch.“ www.kirchenwirt.in h

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