“Willkommen Zuhause, kleine Emily” “Willkommen ... - vita sana GmbH
“Willkommen Zuhause, kleine Emily” “Willkommen ... - vita sana GmbH
“Willkommen Zuhause, kleine Emily” “Willkommen ... - vita sana GmbH
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
10 <strong>vita</strong> <strong>sana</strong> sonnseitig leben 10/2004<br />
10 <strong>vita</strong> <strong>sana</strong> sonnseitig leben 10/2004<br />
stisch. Neulich hat mir ein Therapeut, auch er ein alter,<br />
weiser Mann, gesagt, dass er sich wundere, wie viele alte<br />
Menschen ichbezogen werden und nicht spüren, wann<br />
sie sich zurückziehen sollten.<br />
Ist es in der heutigen Zeit, in der man umtost wird von<br />
Anti-Aging-Programmen, nicht besonders schwer, seine<br />
eigene und richtige Linie zu finden?<br />
Die Frage des Alters ist immer relativ. Die heute<br />
70Jährigen sind meist noch fit und können viel unternehmen.<br />
Bei den Programmen, die ihnen angeboten werden,<br />
habe ich den Eindruck, es müsse vor allem viel los<br />
sein. Älterwerden ist jedoch ein Wachstumsprozess, der<br />
auch mit Stillerwerden und Behutsamkeit zu tun hat. Aktivität<br />
hat ihre guten Seiten, aber ich finde es nicht so gut,<br />
wenn Anti-Aging betrieben wird, weil das Älterwerden<br />
verdrängt werden soll.<br />
Meine Mutter ist mit 91 gestorben. In ihrer Pfarrei wurde<br />
jeden Montag zu einem Altennachmittag eingeladen.<br />
Meine Mutter hat mir berichtet, dass an diesen Nachmittagen<br />
kein Programm angeboten wurde, sondern dass<br />
sich die Frauen ihre Lebensgeschichten erzählten. In aller<br />
Offenheit, sie mussten nichts mehr verbergen, und das<br />
hat ihnen gut getan. Im Alter von 60 Jahren wäre dies<br />
wohl noch nicht möglich gewesen. Da hätten sie noch<br />
Rücksichten nehmen, vielleicht eine Fassade wahren<br />
müssen. Ehrlich zu sein, auch vor sich selbst nichts mehr<br />
verstecken müssen, nicht mehr gezwungen sein, etwas<br />
darzustellen – auch dies ist eine Fähigkeit des Alters.<br />
Ist Versöhnung mit anderen Menschen, mit dem bereits<br />
gelebten Leben, mit verpassten Gelegenheiten<br />
und eigenen Fehlleistungen auch ein wichtiges Altersthema?<br />
Aussöhnung, die es erlaubt, mit einem milden Blick auf<br />
das Leben zurück zu schauen, ist sicher die wichtigste<br />
Aufgabe. Aussöhnung bedeutet auch den Abschied von<br />
Illusionen, die ich mir gemacht habe und von Selbstüberschätzungen.<br />
Und dann steht die Grundfrage vor uns:<br />
Worauf kommt es eigentlich an und was ist der Sinn des<br />
Lebens? Muss ich immer etwas leisten und vorweisen?<br />
Oder liegt der Lebenssinn darin, dass ich durchlässig bin<br />
für den Gedanken, dass jeder in dieser Welt das einmalige<br />
Bild darstellt, dass Gott sich von ihm gemacht hat? Oft<br />
kommt dieses Bild im Alter deutlicher hervor als in der<br />
leistungsorientierten Lebensphase. Im Alter hat man die<br />
Chance, sich vom Sein her zu definieren: Ich bin einmalig,<br />
das Leben hat sich eingegraben in meine Seele, es hat<br />
mich aber auch weiser und erfahrener gemacht. Leider<br />
begegnet man in Altenheimen auch verbitterten alten<br />
Menschen, die ständig anderen Vorwürfe machen, die immer<br />
auf der Klagebank sitzen und jammern: «Mir geht’s<br />
schlecht, weil du mich zu wenig besuchst» usw. Das Al-