LINDE TECHNOLOGY #1.11 // LNG-TERMINAL28Titelthema: Mit Erdgas in die ZukunftVoller Energie: In Gasspeichertanks – gebautvon der <strong>Linde</strong>-Tochter AGA – wartet das verflüssigteErdgas in Nynäshamn auf seinen Weitertransportzu den Verbrauchern.Reiseziel erreicht:In küstennahen LNG-Terminals wieim schwedischen Nynäshamn kommtdas Flüssigerdgas an. Sowohl Kugelalsauch moderne Membrantankersind mit doppelten Hüllen ausgestattet,die eine sichere Transportspeicherunggewährleisten.MembrantanksKugeltanksDetails im Blick: Ingenieure der schwedischen<strong>Linde</strong>-Tochter AGA Gas AB auf der Baustelle desersten LNG-Terminals der Ostsee.von 2013 an bis zu 15.000 Kubikmeter Flüssigerdgas nach Schweden.Beim Umschlagen wird Sicherheit großgeschrieben, denn gasförmigesMethan, das beim Verdampfen von LNG entsteht, und Luftkönnten ein explosionsfähiges Gemisch bilden. Die <strong>Linde</strong>-Ingenieurebunkern das Flüssigerdgas deshalb in Speichern und Tanks, die gleichaus zwei massiven Wänden bestehen: eine innere aus Stahl und eineäußere aus Beton. „Sollte eine der Wände ein Leck bekommen, hältjeweils die andere dicht“, erklärt Jerve. Umgefüllt wird das Gas überein tiefgekühltes System aus Pumpen, Schläuchen und Rohren. Wasverdampft, wird mit Rückverflüssigungsanlagen wieder eingefangen.Gedämmter Schiffsbauch: Edelstahl undIsolierschichten machen die LNG-Speicher vonMembrantankern sicher und effizient.Treibstoff für umweltfreundliche MobilitätMit Erdgas lässt sich nicht nur der Ausstoß von Kohlendioxid um etwa30 Prozent senken. Auch Schadstoffemissionen fallen im Vergleich zufossilen Brennstoffen wie Benzin oder Öl deutlich geringer aus. Beider Verbrennung entstehen rund 90 Prozent weniger Schwefelundetwa 80 Prozent weniger Stickoxide. Schwermetalle oder Rußpartikelwerden überhaupt nicht freigesetzt. Jerve sieht deshalb aucheine wachsende Bedeutung des neuen LNG-Terminals für die Mobilitätin Schweden, denn: „Schon heute gelten hier hohe Umweltauflagen.“So müssen Taxis, die am Arlanda-Flughafen auf Fahrgästewarten, mit Gas, Hybrid- oder Elektromotoren laufen. Der schwedischeLKW-Hersteller Volvo Trucks betreibt seit Kurzem in einem
Titelthema: mit Erdgas in die ZukunftLng-terminal // LINDE TECHNOLOGY #1.1129Fördern, Verflüssigen und transportierenErdgas-Retter auf hoher SeeVon Katar aus machen sich die größtenFlüssigerdgas-Tanker der Welt auf ihren Wegin die USA, nach Großbritannien und Asien.Die modernen Membrantanker der SerieQ-Max von Samsung Heavy Industries undDaewoo Shipbuilding and Marine Engineeringsind länger als drei Fußballfelder undso hoch wie ein Mehrfamilienhaus mit zwölfStockwerken. Und sie haben eine ganzbesondere Technik an Bord: die RückverflüssigungsanlagenEcoRel, die vom französischen<strong>Linde</strong>-Tochterunternehmen Cryostarentwickelt wurden. „Damit können wir alles,was an Flüssigerdgas während der Fahrt alsso genanntes Boil-Off-Gas oder kurz ,BOG‘verdampft, wieder verflüssigen“, sagt derCryostar-Ingenieur David de Nardis. Weil dasFlüssigerdgas nur knapp unter seiner Siedetemperaturbei minus 16 Grad Celsius gelagertwird, können schon winzige Wärmebrückenin den Tanks, Druckschwankungenoder eine raue See die unerwünschte Verdampfungverursachen.Die Mengen, die so auf der Strecke bleiben,sind gewaltig: Bei einer Transportzeit vonzwanzig Tagen verdampfen in den Tanksetwa drei Prozent des LNG. Auf Schiffen inder Q-Max-Größenordnung kommen soschnell Verluste zusammen, die rund einerMillion Liter Erdgas entsprechen. „Je größerder Tanker, desto wirtschaftlicher ist unserVerfahren“, berichtet Nardis. In Tankern ohneRückverflüssigungsanlage wird die verdampfteFlüssigkeit aus dem Tank entfernt,damit kein Überdruck entsteht, und anschließendim Schiffsmotor an Bord verbrannt.Die Technik, die das wertvolle Flüssigerdgasrettet, beruht auf dem so genannten Brayton-Kühlprozess.Er gehört zum Standard inder Welt der tiefen Temperaturen und arbeitetmit Stickstoffgas als Kühlmittel. Der Stickstoffwird über mehrere Kühlstufen und mithilfevon zwei gastypischen Effekten starkabgekühlt: Gase werden deutlich kälter, wennsie arbeiten müssen, weil man sie eine Turbineantreiben lässt. Und sie kühlen sich ab,wenn sie sich durch ein Ventil in ein großesVolumen ausbreiten können – wie Luft,die man aus einem Luftballon lässt. Die sogewonnene Stickstoffkälte wird über einenWärmetauscher auf das verdampfte Erdgasübertragen, das sich dann wieder verflüssigt.„Der Kühlprozess kann jederzeit schnellgestartet werden, zum Beispiel nach demBeladen, wenn besonders viel BOG entsteht“,sagt de Nardis. Vor zehn Jahren haben dieCryostar-Ingenieure mit dem Bau der erstenEcoRel-Anlagen begonnen. Heute sind bereits14 Tanker mit der LNG-rettenden Technik unterwegs– „Tendenz steigend“, so de Nardis.Pilotprojekt Laster mit einer Mischung aus 25 Prozent Diesel und75 Prozent LNG und will eine kleine LKW-Flotte nächstes Jahr auf denMarkt bringen.„Der wohl wichtigste Zukunftsmarkt ist aber die marine Nutzung“,so der Erdgas-Experte. So müssen beispielsweise Autofähren in Norwegenmit Erdgas betrieben werden. Bis 2013 werden Jerve zufolgemehr als 40 Schiffe mit Flüssigerdgas fahren, die meisten davon mitKältetechnik der <strong>Linde</strong>tochter Cryo AB. Und auch international giltErdgas unter Branchenexperten als der Schiffstreibstoff der Zukunft,denn die Umweltauflagen für die Schifffahrt durch die InternationaleSeeschifffahrtsorganisation IMO werden immer strenger. Vor allem dieGrenzwerte für Schwefel im Treibstoff sinken. Für die Schifffahrt inNord- und Ostsee gelten heute 1,5 Prozent als zulässiger Höchstwert,2015 darf der Schwefelgehalt nur noch 0,1 Prozent betragen. BeimAufenthalt in europäischen Häfen muss schon heute ein Grenzwertvon 0,1 Prozent eingehalten werden. „Erdgas bietet eine attraktiveAlternative, um dieses Ziel zu erreichen“, ist Jerve überzeugt.Von einem Wechsel zum umweltfreundlicheren Schiffstreibstoffkönnten die Ostsee und ihre Anrainer besonders profitieren. Dennheute gilt mit rund 40.000 Quadratkilometern fast ein Drittel der Ostseeals tot, so verschmutzt ist das Binnenmeer. Gleichzeitig wohnendort viele Menschen auf engem Raum. Die Stiftung Det Norske Veritas(DNV) mit Stammsitz in Oslo hat herausgefunden: Rechnet man dasVerhältnis von Anwohnern und Wasservolumen im Ostseeraum aufdas Mittelmeer hoch, müssten dort 17 Milliarden Menschen leben.Das neue LNG-Terminal wird aber künftig nicht nur die unmittelbareUmgebung entlasten und die Ostseeregion mit Erdgas versorgen.Die Anlage soll auch den Weg in die Ära der erneuerbaren Energieträgerebnen, so dass langfristig verflüssigtes Biogas als Ausgangsstoffgenutzt werden könnte. Das Gas, das aus Pflanzen, Gülle, Abwasseroder Mülldeponien gewonnen wird, ist seinem fossilen Verwandtenchemisch sehr ähnlich. Es besteht wie dieser zu über 90 Prozent ausMethan und lässt sich ebenso leicht verflüssigen. Und ganz gleich inwelchem Aggregatzustand: Bio- und Erdgas sind problemlos mischbar.„Für die Übergangszeit können wir das flüssige Erdgas sozusagenals Backup-Lösung einsetzen und immer dann zumischen, wenn Engpässebeim Biogas auftreten“, erklärt Jerve. Auf diese Weise ist Versorgungssicherheitauch in der Zukunft garantiert, rund um die Uhrund so umwelt- und klimafreundlich wie möglich.LINKs:www.aga.comwww.cryostar.comwww.energy.ca.gov/lng/faq.html